Der Zeitzeuge K. (Jahrgang 1907) berichtet:

„Mit 14 Jahren begann ich in Mettingen meine Schneiderlehre, die ich als Siebzehnjähriger beendete. Wie es damals üblich war, zog man danach als Wandergeselle durch Deutschland. Meine Stationen waren Brake in Oldenburg, Bremen, Essen, zuletzt Everswinkel. Häufig wohnte ich in Kolpinghäusern. Nach der Meisterprüfung 1932 übernahm ich in Hiltrup eine kleine Schneiderwerkstatt.

Ein trauriges Erlebnis hatte ich Heiligabend 1932. Ich ging in die Schusterwerkstatt von Seppel B. und fragte ihn so beiläufig, ob er schon für seine sieben Kinder die Geschenke habe. Entrüstet und traurig erhielt ich die Antwort, ….

Bischof von Galen fährt in Hiltrup ein (13.7.1938; Foto: Hiltruper Museum)
Bischof von Galen fährt in Hiltrup ein (13.7.1938; Foto: Hiltruper Museum)

Eine Demonstration

Das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und NS-Staat hatte sich 1938 zugespitzt. Der Hiltruper Gemeinderat hatte 1933 sofort einen Kandidaten der NSDAP zum Bürgermeister gewählt. Die Hiltruper Missionsschwestern waren 1935 in ein Strafverfahren verwickelt, die Vertreibung der Hiltruper Patres aus ihrem Kloster im Jahr 1941 stand bevor, kirchliche Fahnen durften nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgezogen werden. In dieser Atmosphäre kam Bischof von Galen am 13.7.1938 zur Firmung nach Hiltrup. ….

Lageplan des Lagers "Waldfrieden" in Hiltrup am Kanal / Osttor (26.8.1941, mit Baracken, noch ohne Bunker)
Lageplan des Lagers "Waldfrieden" in Hiltrup am Kanal / Osttor (26.8.1941, mit Baracken, noch ohne Bunker)

In Erinnerung an das Ostarbeiterlager “Waldfrieden”

Die Führer des Nationalsozialismus speisten ihre Ideologie der Unmenschlichkeit aus dem Antisemitismus mit seinen Vorbildern seit dem Mittelalter, dem Rassismus, der in der Zeit der weißen Kolonialarroganz aufblühte, und dem Sozialdarwinismus, der die Auslese nach dem Prinzip des Stärkeren vollzog. Die Nazi-Rassenlehre erklärte alle Blonden ….

SPD-Politiker werden 1933 gezwungen, unter Aufsicht der SA Wandparolen zu entfernen (© Archiv der sozialen Demokratie)
SPD-Politiker werden 1933 gezwungen, unter Aufsicht der SA Wandparolen zu entfernen (© Archiv der sozialen Demokratie)

Mit dem Hereinbrechen der Weltwirtschaftskrise ab 1930 erstarkten die extremen Kräfte in der deutschen Politik. Die Arbeitslosigkeit nahm ein nie gekanntes Ausmaß an. Begünstigt durch konservative und reaktionäre politische Kreise, die bis weit in das bürgerliche Parteienspektrum hinein reichten, gewann die extreme Rechte in der Hitler-Bewegung ungemein an Einfluss. Die anhaltende Spaltung der deutschen politischen Arbeiterbewegung, die sich alltäglich in scharfen Auseinandersetzungen dokumentierte, begünstigte diesen Aufstieg, verursachte ihn aber nicht. Ende Januar 1933 wurde Hitler Reichskanzler.

1932 durfte Hitler in der Halle Münsterland sprechen, und bei den Kommunalwahlen am 12.3.1933 folgte Münster dem Reichstrend: ….

1944 wurde die „Alte Stiege“ zerstört

Am 30. September 1944 fand einer der zwölf großen Bombenangriffe auf Hiltrup statt. Betroffen war damals vor allem die „Alte Stiege“, heute „An der alten Kirche“. Mehrere Höfe standen in Flammen. Else Kreft geb. Langenkamp erinnert sich genau daran, wie sie damals, am Tag vor dem Erntedankfest, als siebenjähriges Mädchen die Zerstörung ihres Elternhauses und der anderen Gebäude erlebte: ….

Zwei Häftlinge der Organisation Todt in Hiltrup 1944/1945

Jakob Giesbert Treur aus Rotterdam (Foto um 1950; Hiltruper Museum, Bearbeitung: Henning Klare)

Jakob Giesbert Treur aus Rotterdam (Foto um 1950; Hiltruper Museum, Bearbeitung: Henning Klare)

Jakob Giesbert (genannt Geis) Treur (*1926) und Jan Borsten (*1922) wurden am 10. November 1944 bei einer Razzia in der Stadt Rotterdam durch die SS von der Straße weg abgeführt. Sie trugen nichts bei sich außer einem Ausweis in der Hosentasche.

Gemeinsam mit 30.000 weiteren Männern im Alter von 17-40 Jahren mussten sie in ein Camp marschieren, bewacht von bewaffneten SS-Leuten, die rücksichtslos schossen, wenn jemand es wagte zu fliehen. Die Eltern erhielten keine Nachricht, wo die jungen Zwangsinternierten waren. Erst im Dezember durften sie mit der Bitte um Kleidung Nachricht nach zu Hause geben.

Geis und Jan mit ihren Kameraden, ….

"Auf Befehl der Deutschen Wehrmacht müssen sich alle Männer im Alter zwischen 17 und 40 Jahren für den Arbeitseinsatz anmelden." (Aushang in Rotterdam am 9./10.11.1944)
"Auf Befehl der Deutschen Wehrmacht müssen sich alle Männer im Alter zwischen 17 und 40 Jahren für den Arbeitseinsatz anmelden." (Aushang in Rotterdam am 9./10.11.1944)

1945: Niederländische Zwangsarbeiter in Hiltrup

Im II. Weltkrieg waren viele deutsche Männer als Soldaten eingezogen und fehlten zu Hause als Arbeitskräfte. Diese Lücken waren durch Werbeaktionen und Zwangsverpflichtungen in den Nachbarländern nicht auszugleichen. ….

Die Prinzbrücke in Hiltrup Mai 1945 (links neben der Brücke der Unterstand des Fährmanns für die provisorische Fähre über den Kanal; Foto: Hiltruper Museum)
Die Prinzbrücke in Hiltrup Mai 1945 (links neben der Brücke der Unterstand des Fährmanns für die provisorische Fähre über den Kanal; Foto: Hiltruper Museum)

In der Schlußphase des Zweiten Weltkrieges waren unaufhörlich Bomber und Jäger an Hiltrups Himmel dahingezogen. An einem Sonntag im Mai fielen verschiedene Sprengbomben. Einige Häuser erlitten Totalschaden. Bei einem Volltreffer auf das Buermannsche Haus, ….