Hiltruper Brücke und Gasthaus
Die erste Prinz-Brücke wurde 1898 mit dem Bau des Dortmund-Ems-Kanals (1892 – 1899) gebaut. Sie ist die Ost-West-Verbindung zwischen der Hiltruper Bahnhofstraße (heute: Marktallee) und der Wolbecker Straße (heute: Osttor). Das Grundstück gehörte ursprünglich Konsul Schencking. Die Brücke erhielt ihren Namen nach der Familie Prinz.
Der Gastwirt und Bäcker Bernhard Prinz (1909-1912 Mitglied des Verwaltungsrats der Spar- und Darlehenskasse Hiltrup) eröffnete mit seiner Familie an der Ostseite der Brücke eine Kaffeewirtschaft, ein angesehenes Gasthaus.
Der 1899 eröffnete Dortmund-Ems-Kanal musste schon nach wenigen Jahren Stück für Stück erweitert werden. Das Frachtaufkommen (insbesondere Eisenerz und Kohle zum bzw. vom Ruhrgebiet) entwickelte sich höher als erwartet, damit wurden auch die Schiffe immer größer. 1927 wurde eine Regelschiffsgröße von 1.500 t Tragfähigkeit festgelegt in Anlehnung an die auf dem Rhein übliche Größe. In Hiltrup wurde deshalb 1934/1936 mit dem Bau der II. Fahrt begonnen. Auch im Bereich der Prinzbrücke wurde der Kanal verbreitert. Die erste Brücke von 1898 wurde deshalb 1935 durch einen Neubau ersetzt, der vor Ort zusammengenietet wurde. Bei Beginn des II. Weltkriegs wurden die Arbeiten zur Verbreiterung des Kanals eingestellt, fertiggestellt wurde die II. Fahrt erst nach dem II. Weltkrieg im Jahr 1952.
1940 nennt das Adressbuch unter der Adresse der Gastwirtschaft an der Prinz-Brücke „Bernhard Schuhmacher gen. Prinz“, daneben „Hugo Lippmann, Bäckerei und Kaffeewirtschaft“.
Das „Café und Garten-Restaurant, Inh. H. Lippmann“ wurde im II. Weltkrieg durch Bomben beschädigt. Ein Holzlager und eine Siedlung von Finnenhäusern (Holzhäusern) dahinter wurden zerstört.
Die zweite Prinz-Brücke wurde in den letzten Kriegstagen von deutschen Truppen gesprengt; Hiltruper Bürger hatten vergeblich versucht, das zu verhindern.
Danach hielt zunächst eine Personenfähre den Verkehr notdürftig aufrecht, das Fähr-Häuschen ist auf dem Foto neben der zerstörten Brücke zu sehen. Als Ersatz wurde 1946 ein Brücken-Überbau von der Ruhr nach Hiltrup umgesetzt, der 1907 in Duisburg als „Karl-Lehr-Brücke“ errichtet und im Jahre 1932 verstärkt worden war. Der Überbau wurde umgebaut, die Gehwege wurden nach innen gelegt. Dadurch reduzierte sich die Fahrbahnbreite von 8,50 m auf 6,00 m.
Die Tochter der Familie Prinz verkaufte das Gasthaus neben der Brücke nach dem Krieg an Frau Lippmann, die die Gastwirtschaft unter ihrem Namen weiterführte. Nach Frau Lippmann übernahm später Aenne Sternberg die Gastwirtschaft, danach (oder davor?) H.D. Wienker.
Die Postkarte „Zur Prinzbrücke“ zeigt die frühere Gaststätte Prinz (Zur Prinzbrücke) in der Zeit um 1957, Betreiber waren zu dieser Zeit Aenne Sternberg bzw. H.D. Wienker. 2023 führt das Haus nach Umbauten und Betreiberwechseln den Namen „Zur Prinzenbrücke / Hotel am Kanal“ (https://hotel-zur-prinzenbruecke.de/).
Der motorisierte Verkehr zwischen Hiltrup-Mitte und Hiltrup-Ost läuft seit 1980 über die parallel verlaufende Hochbrücke. Die alte (dritte) Prinz-Brücke erschließt nur noch das Industriegebiet Nobelstraße, im übrigen ist sie Fußgängern und Radfahrern vorbehalten.
Die Prinz-Brücke näherte sich nach und nach dem Ende ihrer Tragfähigkeit. Rost schwächte die Eisenkonstruktion. Da die Brücke die einzige Zufahrt zum Industriegebiet Nobelstraße ist, kann sie nicht gesperrt werden. Provisorische Verstärkungen wurden angebracht.
Das Foto von August 2014 (Blick nach Osten) zeigt im Hintergrund rechts die Gaststätte Prinz-Brücke. Die Brücke ist durch Korrosion schwer geschädigt. Das Tragwerk ist durch zusätzliche Bleche verstärkt (links im Bild). Die Fahrbahn ist eingeengt, um Begegnungsverkehr von schweren LKW zu verhindern.
Die Brücke steht nur noch auf Abruf. Die Durchfahrtshöhe für die Kanalschiffe unter der Brücke ist zu gering. An der Unterkante der Brücke warnen rotweiße Schilder die Schiffsführer: Hier müssen die Steuerhäuser abgesenkt werden. Auch wegen der Korrosionsschäden ist die Brücke am Ende ihrer Lebensdauer.
Vier Jahre später hat sich an dem kritischen Zustand der Brücke nichts verändert. Das marode Stahltragwerk ist mit massiven Stahlplatten verstärkt, …
…, Begegnungsverkehr ist nicht mehr möglich, das Gewicht ist auf 30 Tonnen beschränkt.
Nach wie vor ist die altersschwache Brücke die einzige Zufahrt zum Industrie- / Gewerbegebiet Nobelstraße. Spätestens Ende 2024 droht aus Sicherheitsgründen die Sperrung für den Verkehr.
Fünf Jahre später steht die alte Brücke immer noch. Mit wechselnden Koalitionen im Rat der Stadt Münster wechselten die Ansichten, welche Planungsvariante zum Ersatz der maroden Brücke verwirklicht werden soll. Auf Betreiben der Grünen im Stadtrat wird nun nicht die Lösung gebaut, die ursprünglich von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung favorisiert worden war. Sie hätte den motorisierten (Schwerlast-)Verkehr und den Fußgänger- und Radverkehr konsequent getrennt und keine finanzielle Beteiligung der Stadt Münster erfordert. Stattdessen muss die Stadt Münster nun einen Millionenbetrag als Kostenbeteiligung dafür zahlen, dass (Schwerlast-)Verkehr und Fußgänger- und Radverkehr sich weiterhin die Brücke teilen, lediglich ein breiterer Radweg wird realisiert.
Der Ersatz der Brücke durch einen Neubau (die vierte Prinz-Brücke) ist für die Jahre 2023/2024 geplant.
Das kleine Wäldchen auf der Westseite der alten Brücke ist Anfang 2023 gerodet. Lautstark hatten die Grünen vor Jahren dagegen protestiert, für die von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung favorisierte Planvariante 5 Bäume nördlich der Landesstraße zu fällen. Gegen die Baumfällungen westlich der Brücke im Jahr 2023 regte sich kein Protest. Wer erinnert sich nicht an die theatralischen Protestaktionen der Grünen gegen die Fällung von drei Bäumen, als der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet wurde? Im Jahr 2023 im Zusammenhang mit dem Neubau der Prinz-Brücke hätten die Grünen erklären müssen, dass sie selbst diese Baumfällungen beschlossen haben – kein Gewinn für das grüne Image.
Im Bereich dieser Rodung wird 2023/2024 die neue (vierte) Prinz-Brücke gebaut, sie entsteht zwischen Hochbrücke und alter Prinz-Brücke. Die Steigung des Rad- und Gehwegs (links im Foto) von der Unterführung bis auf die neue Brücke wird länger ausfallen als bisher: Die Unterkante der neuen Brücke wird höher liegen als bei der alten, um Platz zu schaffen für größere und damit auch höhere Kanalschiffe. Da die neue Brücke den motorisierten Verkehr aufnehmen soll, muss der Brücken-Überbau darüber hinaus stärker, das heißt höher werden als bei der reinen Fußgänger- und Radfahrer-Brücke, die die Verwaltung ursprünglich geplant hatte.
(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 4.5.2023.)