Soll der Verkehrsraum der Marktallee umgestaltet werden?

Hiltrup, Marktallee 36: Im Jahr 2023 immer noch eine Trümmerwüste (Foto: 15.11.2022, Henning Klare)
Hiltrup, Marktallee 36: Im Jahr 2023 immer noch eine Trümmerwüste (Foto: 15.11.2022, Henning Klare)

Neue Umfrage zur Marktallee

Ach, die Marktallee. Nichts geht von selbst bei dieser Straße, immer hat es Impulse von draußen gebraucht, damit etwas voran ging.

Der Seufzer liegt nahe, wenn man nur etwas zurückschaut. Ein unbefestigter Sandweg war das vor 150 Jahren, was mal Stiege, Bahnhofstraße, Adolf-Hitler-Straße, dann wieder Bahnhofstraße und endlich Marktallee hieß. Ein hergelaufener Investor musste kommen, August Bernhard Schencking, dem Dorf Hiltrup Druck machen und das Straßengrundstück schenken. Aber die Dörfler blieben um ihre alte Kirche versammelt, auch als sich die Industrie rund um den Bahnhof ansiedelte. Noch nach dem II. Weltkrieg waren am Bahnhof auch die Kaufleute versammelt, bis es ihnen nicht mehr fein genug war.

In den 1960er Jahren kam Bewegung in die Ortsentwicklung. Der Gemeinderat forcierte die Entwicklung der damaligen Bahnhofstraße, verbreiterte die Straße und schuf Baurecht für dichtere und höhere Bebauung. Es war das, was die Bauern rund um Alt St. Clemens vorausgesehen hatten, als über den Standort von Neu St. Clemens gestritten wurde: Wenn die neue Kirche an die Ecke Bahnhofstraße / Breiter Weg wandert, wandern auf Sicht auch die Grundstückspreise dorthin.

Die Gemeinderäte der 1960er sahen auch die Probleme kommen, mit denen die Marktallee heute chronisch kämpft. Eine weiträumige großzügige Verkehrsplanung sollte die Autos von der Hammer (Westfalen-) Straße und der Bahnhofstraße fernhalten – und dann verließ sie der Mut. Bis auf Glasurit- / Hansestraße wurde nichts realisiert.

Dafür kamen die Autos und die Probleme.

Wieder brauchte es einen Anstoß von draußen. Münster diskutierte im Jahr 1996, in Berg Fidel ein riesiges Einkaufszentrum zu realisieren, den Preußen-Park. Es war klar, dass dies Projekt zu Lasten der Hiltruper Kaufleute gehen würde. Auf Antrag der Hiltruper Bezirksvertretung gab es ein Trost-Pflaster: Der Rat beauftragte die Verwaltung, ihre Überlegungen mit dem Ziel fortzuführen, die Marktallee in Hiltrup insgesamt attraktiver zu gestalten.

Es wurden lebhafte Überlegungen und Jahre. Ein Abschnitt der Marktallee wurde versuchsweise zur Einbahnstraße, die Proteste blieben nicht aus. Ein Architekturbüro stellte 1998 erste Pläne vor, Bürgerumfragen wurden veranstaltet, brandneue Shared Space-Ideen vorgestellt und verworfen. In den Jahren 2000 und 2001 wurde die Marktallee schließlich zaghaft umgebaut.

Und wieder gab es Anstöße – oder sind es jetzt ernsthafte Erschütterungen? – von draußen. Die Investoren Aldi und Stroetmann rollten nacheinander das verkommene Bahnhofsumfeld auf, 2017 verließ der große Lebensmitteleinzelhandel endgültig die mittlere Marktallee, nur die Kleinen blieben. Ein ortsansässiger Makler hatte vor ruinösem Wettbewerb und Leerständen an der Marktallee gewarnt, das vom Investor beauftragte Einzelhandelsgutachten hatte es weniger dramatisch gesehen.

Corona war der andere Schlag. Die Kontaktbeschränkungen trafen nicht nur das kulturelle Angebot in Hiltrup, sondern auch die Einzelhändler. Wer nicht in den Laden durfte oder sich nicht hinein traute, kaufte online. Auch nach Corona. Der maue Besuch des Moonlight Shopping im Herbst 2023 lag nicht nur am Wetter.

So blieben trübe Einsichten von Krankenstation und Haarsalon oder vom armen Drittel der Marktallee. Noch nicht einmal die Geranien wollten gedeihen. Es ist eine schleichende Erosion. Bauprojekte kommen nicht voran: Marktallee 36 ist seit eineinhalb Jahren eine Trümmerwüste. Klostermanns Haus, in dem früher ein Schuhmacher arbeitete, rottet seit eineinhalb Jahren vor sich hin, das Café hat einen nicht zu übersehenden Abstieg hinter sich. In den alten kleinen Ladenlokalen wechseln die Mieter, hochkarätiger Einzelhandel lässt sich hier kaum blicken.

Und jetzt mal wieder der Verkehr. Der ist jedenfalls reichlich vorhanden, in den Spitzenzeiten staut es sich unübersehbar. Eine Bürgerumfrage im Oktober 1988 fragte schon nach Vorschlägen, jetzt eine neue Umfrage, neue Ideen? Doch wieder Shared Space? Kreisverkehr Hülsebrockstraße? Oder mal alle Parkplätze beseitigen und schaun, ob dann wirklich der Himmel auf die Erde fällt?

Ein Student der FH Münster untersucht im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit die Verkehrssituation auf der Marktallee und deren Relevanz für den Handel. Er will daraus Empfehlungen für eine mögliche Umgestaltung ableiten. Unterstützt wird das Projekt von der nts Ingenieurgesellschaft an der Hansestraße sowie von der IHK, vom Handelsverband und vom Wirtschaftsverbund Hiltrup.

Ein Baustein des Projektes ist eine Umfrage zum Mobilitätsverhalten auf der Marktallee. Dazu gehören persönliche Interviews und eine Online-Umfrage. Sie dauert nur 3 Minuten und ist die Mühe wert: Die Marktallee ist ganz wichtig für unser Lebensgefühl in Hiltrup, jede Idee ist willkommen und wichtig! Ab 25.10.2023 kann man zwei Wochen lang an der Online-Umfrage teilnehmen. Am 25.10.2023 wird auch eine Verkehrszählung auf der Marktallee durchgeführt.

Ergänzung: An der Online-Umfrage zum Mobilitätsverhalten auf der Marktallee haben sich nur 40 Menschen beteiligt. Den Hiltrupern scheint ihre Marktallee recht gleichgültig zu sein. Hauptsache, Amazon liefert?

(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 4.7.2024.)