Grüne Ernüchterung

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Inventur bei den Grünen – und bei den Wählern

Die Partei Die Linke war berühmt für ihre hemmungslose Streitsucht. Man war gegen alles und alle. Das war 2024 auch den Linken selbst zu viel, ihre Haupt-Agitatoren machten einen eigenen Verein auf. Mit den nebulösen linken Idealen hatte das nichts zu tun, die eine kleine Minderheit von Wählern ihnen unterstellte. Was blieb, ist verantwortungsloser BSW-Populismus. Es kommt eben nicht immer Gutes dabei heraus, wenn man dem Volk aufs Maul schaut.

Nun steht bei den Grünen die Inventur an, das große Aufräumen. Die Kundschaft bleibt weg, die Teilhabe an der Macht ist akut gefährdet. Was konnte man den Wählern gut verkaufen, was konnte man ihnen vormachen, und was liegt unverkäuflich als Ramschware im Lager? In solchen Situationen muss erst einmal der Vorstand gehen. Der Parteivorstand geht, und in der Jugendorganisation wird munter ausgetreten.

Sanierung nennt man diesen Prozess, Personalabbau, Sortimentsbereinigung. Und natürlich muss ein neuer Medienauftritt her, ein Relaunch. Einiges hat sich abgenutzt; die Außenministerin wurde zu Anfang als Star gehandelt, selbst die Schwindelei mit ihrem Lebenslauf wurde verziehen. Jetzt haben sich die kessen Sprüche abgenutzt. Auch in der Außenpolitik sind die Mühen der Ebene zu bewältigen, und auf die ständige Wiederholung von Friedensappellen hört im nahen Osten niemand.

Kann man die Außenpolitik noch als zierendes Beiwerk für eine grüne Partei einstufen, sieht das bei der Klimapolitik schon anders aus. Heizen und Autofahren muss umweltverträglich werden – das wurde ganz schnell überschattet von der Energiekrise. Zum Missfallen der europäischen Partner hatte sich die deutsche Energiewirtschaft ausgeliefert an Putins Russland. Den Ausfall dieses Lieferanten hatte niemand eingeplant. Dass diese Krise sozialverträglich gemanagt wurde, ist Verdienst dieser Ampel-Regierung. Aber die Klimakrise bleibt, und die Umstellung von Häusern und Autos auf umweltverträgliche Energie ist bislang misslungen. Wärmepumpen wurden schlecht verkauft, sowohl vom grünen Minister als auch von Industrie und Medien. Alle zusammen haben es versemmelt. Beim Elektroauto dasselbe Fiasko. Auch hier trifft den grünen Minister der Vorwurf, den die Industrie verdient hat. Mit dem Selbstverständnis, keiner könne es besser, hat die Autoindustrie den Markt der bezahlbaren Autos für jedermann / jedefrau den Chinesen überlassen.

In der Familienpolitik ein ähnliches Desaster. Die Bekämpfung von Kinderarmut war ein Wahlkampfknüller, das Thema hatte die SPD den Grünen überlassen; wahrscheinlich der Preis für den Eintritt in die Koalition. Dann kam lange nichts, und danach ein einziges Ärgernis. Unmäßige Geldforderungen erhob die grüne Ministerin, sachliche Verbesserungen waren Mangelware. Stattdessen sollte ein neuer Bürokratiegigant geschaffen werden, tausende neue Stellen sollten eine zusätzliche Verwaltung befeuern. Ein Projekt, fast so desaströs wie die Autobahnmaut der CSU.

Realpolitik machten andere. Die Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit – über Jahrzehnte vernachlässigt – packten Kanzler und Verteidigungsminister von der SPD an. Spät, aber angesichts der Bedrohung aus Russland hoffentlich nicht zu spät.

Überflüssiger Lärm im Politikbetrieb ging dafür reichlich auf Konto der Grünen. Wenn die FDP darin auch nicht zu übertreffen ist, so verstanden es auch die Grünen, durch öffentlich ausgetragenen Streit das Ansehen der Ampel-Koalition zu ramponieren.

Was sich da auf Bundesebene und bei Landtagswahlen zuspitzt, ist auch in Münsters Kommunalpolitik zu beobachten. „Ein Krakeeler spricht über Demut“ überschreiben die Westfälischen Nachrichten (7.8.2024) einen Artikel über den früheren Chef der münsterschen Grünen. Wie er in der Rückschau über eigenes Krakeelen sinniert, steht auch für die Bürger vor der nächsten Kommunalwahl eine Inventur an. Was haben sie zu wählen geglaubt, und was haben sie bekommen?

Unvergessen ist der Veggie-Day. Per Ratsbeschluss sollte ein fleischloser Tag die Nutzer der Kantinen in Münster erziehen. Als eine Art Slapstick ist die Aktion in die münstersche Kommunalgeschichte eingegangen, aber sie steht für ein Grundproblem grüner Politik. Jedem ist es unbenommen, bei vielen Themen Besserwisser zu sein. Aber grüne Besserwisserei „von oben“ durchzusetzen, das ist grundsätzlich nicht erlaubt.

Statt Fleisch Cannabis: 2017 eine weitere „Glanzleistung“, die Grünen wollten kostenlos Cannabis an münstersche Bürger verteilen. Cannabis-Promotion, getarnt als wissenschaftliche Studie. Dafür gab es keine Genehmigung.

2023 kam auf Initiative der Grünen mal wieder eine Verbotsvorschrift mit Aufblähung der Bürokratie. Der münstersche Rat erließ die Baumschutzsatzung. Kontrollen, Bescheide, Einzug von Strafen kosten Personalaufwand, 190.000 Euro Personalkosten jährlich. Münster hat so viele Schulden, da kommt’s nicht mehr drauf an? Formal ist so eine Satzung in Ordnung. Aber mit dem Verbot, bestimmte Bäume zu fällen, bekommt man keine neuen Bäume gepflanzt, ganz im Gegenteil – das grüne Verbot ist teuer und schadet der Natur.

Über das Recht, anderen Vorschriften zu machen, war auch später noch zu streiten. Wieder ging es darum, ob wir Fleisch essen: Ein Bauer will am Stadtrand einen Schweinestall bauen, die Grünen wollen es ihm verbieten. Diese Aktion endete mit einem diskreten Rückzieher der Grünen, die von ihnen aufgeheizte Bürgerinitiative ließen sie in ihrem Zorn zurück. Ein populistisches Muster ist hier zu erkennen: Der Bürgerinitiative gegen den Schweinestall ging es vorrangig um den Wert ihrer Häuser. Die Grünen benutzten diesen Impuls wider besseres Wissen für ein politisches Spektakel; setzten sich an die Spitze der Bewegung und zogen sich zurück, nachdem sie genug PR-Punkte gesammelt hatten.

Dasselbe Muster liegt der langjährigen Diskussion um den Neubau der Prinzbrücke zugrunde. Einige Anlieger fürchteten um den Wert ihrer Häuser, ihre Bürgerinitiative wollte angeblich den Wald schützen. Der grüne Markenkern war berührt, die Grünen übernahmen die Protestaktion. Das Ergebnis ist aktuell zu besichtigen, die alten Sicherheitsprobleme für Fußgänger und Radfahrer verschärfen sich, mehr als eine Million Euro Kostenanteil der Stadt ist verschwendet (Im Einzelnen hier nachzulesen).

Das Muster, bürgerschaftliche Initiativen zu kapern und für eigene politische Ziele der Grünen zu missbrauchen, zeigte sich Anfang 2024 auch bei den Protesten gegen AfD-Auftritte in Münster. Gewerkschaften, Parteien, Ratsfraktionen, Vereine und Kirchen hatten zur Teilnahme aufgerufen. Unter der griffigen Formel „Keinen Meter den Nazis“ versammelten sich zehntausende Bürger in Münster. Das von den Grünen dominierte Organisationsbündnis verweigerte dem Oberbürgermeister, der CDU und der FDP einen Auftritt (WN 16.2.2024), reden durften Grüne, SPD und Linke. Die bürgerschaftliche Aktion gegen Rechtsextremismus wurde als grünes Partei-Spektakel missbraucht.

Was die Inventur zeigt:

Bei den Grünen bekommt man nicht das, was man zu wählen glaubt. Vordergründiger Aktionismus und Populismus bringen weder Umweltschutz noch Demokratie voran. Sie sind eher schädlich, indem sie Frust und Staatsverdrossenheit hinterlassen.

Und zweitens: Wer etwas bewegen und eine handlungsfähige Regierung will, muss eine der alten ehemals großen Parteien wählen. Es sind zwar große, schwerfällige Apparate, aber sie haben den Sachverstand, den komplizierte Sachverhalte erfordern.

Zuletzt: Krakeelen darf niemand durchgehen lassen. Krakeelen ist nicht lustig. Egal ob grün, blau oder braun.

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