Der Traum von der Wärmepumpe

| 1 Kommentare

Viessmann kann immer noch nicht liefern

„Das Unternehmen steht daher für die Bewältigung des Lieferengpasses und des Preisanstiegs im engen Verbund mit seinen Lieferanten und versucht die Negativ-Effekte so gut wie möglich abzufedern.“ Das war im Dezember 2021: Die Firma Viessmann als Hersteller von u.a. Gasheizungen und Wärmepumpen äußerte sich höchst allgemein zu ihrer Lieferfähigkeit. Dann kam im Februar 2022 der Krieg in der Ukraine und das große Aufwachen. Gas sparen war plötzlich angesagt. Einem Land nach dem anderen wurde von Russland der Gashahn zugedreht, und die warme Wohnung im Winter 2022/2023 schien nicht mehr sicher, zumindest aber nicht mehr so billig wie bisher.

Waren zuerst nur Beschwichtigungen zu hören – die Wohnungsheizung sei auf jeden Fall gesichert -, wurden nach und nach auch die Zwischentöne hörbar. Unverzichtbare Industrien wiesen auf ihren Gasbedarf hin, und eine gerechte Verteilung der Lasten auf alle Schultern wurde angemahnt. Alle werden zahlen müssen, und alle müssen ihren Gasverbrauch einschränken. Allein bei der Wohnungsheizung müssen 20% Gas eingespart werden, wenn wir alle heil über den Winter kommen wollen. Ob das wohl klappt? Mit der Solidarität ist es manchmal nicht weit her. Nun liegt der Winter 2022/2023 hinter uns. Der Winter war mild, 19°C im Wohnzimmer ist noch erträglich, und Gas gibt es genug – nur die alten Gaspreise sind Vergangenheit. Darüber kann auch die Gaspreisbremse nicht hinwegtäuschen. Der nächste Winter kommt bestimmt, und auch der Klimawandel zwingt zu weiteren Einschränkungen des Gasverbrauchs.

Vor diesem Hintergrund relativieren sich die hohen Kosten einer Wärmepumpen-Heizung. Für die Modernisierung der vorhandenen Gebäude wurden Hybridsysteme entwickelt. Nur an den wenigen ganz kalten Tagen läuft die Gastherme, sonst übernimmt die Wärmepumpe. Das Zusammenspiel läuft automatisch. Aus öffentlichen Mitteln gibt es Zuschüsse.

Wer sich in dieser Situation für die Nachrüstung einer Wärmepumpe entschieden hat, erlebt seit Frühjahr 2022 ein andauerndes Industrie-Chaos. Viessmann hatte 2021 schon Lieferschwierigkeiten, im ersten Halbjahr 2022 hat Putins Dreh am Gashahn für viele neue Aufträge gesorgt, und Viessmann: Kann nicht liefern. „Informationen zur aktuellen Liefersituation“ verspricht Viessmann auf seiner Internetseite, aber seit dem Eingeständnis von Lieferproblemen im Dezember 2021 und einem Neujahrsgruß gab es dort bis zum November 2022 keine Einträge mehr, nur das Eingeständnis, dass „ teilweise auch von uns bereits bestätigte Aufträge von Lieferverzögerungen betroffen sind“ (25.11.2022). In der Viessmann-Community fragt zum Beispiel Christian, der Anfang März 2022 bestellt hat, im Mai 2022: „Hat jetzt noch jemand die Vitocal 250-A in Betrieb genommen?“ Erst im November 2022 gesteht Viessmann seine Lieferprobleme vollständig ein: „Das bedeutet unter Umständen, dass abgesprochene ebenso wie angezeigte Liefertermine bei neuen Bestellungen möglicherweise nochmals angepasst werden müssen. …. Wir als Hersteller von Heizungssystemen spüren die Verunsicherung unserer Partner und Kunden täglich. Bei jedem Bauvorhaben, das ins Stocken gerät. Bei jeder Bestellung, die sich wieder und wieder nach hinten verschiebt.“

Die verärgerten Posts von Kunden sprechen eine sehr eindeutige Sprache. Da hat zum Beispiel der Kunde mit dem Chat-Namen „Angeliter“ im März 2022 eine Wärmepumpe bestellt. Belastbare Liefertermine gibt Viessmann an die Handwerksfirmen nicht mehr heraus, deshalb fragt Angeliter den Hersteller direkt über die Internet-Plattform Viessmann community. Hier ist ein armer Mensch namens Flo nur damit beschäftigt, wütenden Kunden reinen Wein einzuschenken. So antwortet Flo auf die Anfrage von Angeliter: „Die Inneneinheit soll im November diesen Jahres und die Außeneinheit im September nächsten Jahres geliefert werden. Diese Angaben sind selbstverständlich ohne Gewähr.“ Mehr als eineinhalb Jahre Lieferzeit, und das ohne Gewähr.

Am schlimmsten sind die Viessmann-Kunden dran, deren Handwerker sich auf die Lieferung von Teilmengen eingelassen haben. Diese Kunden bekommen dann schon einmal ein paar Kartons mit irgendwelchen Teilen geliefert, die sie sich bis zum St. Nimmerleinstag in den Keller stellen können. Die Kartons stehen dann da, und der Kunde ist mehr oder weniger gebunden – Umsteigen auf einen anderen Hersteller ist kaum noch möglich. Den schlimmsten Fall beschreibt einer der Unglücklichen in der Viessmann community: Neubau mit Viessmann-Wärmepumpe. Wärmepumpe kommt nicht, dafür kommt der Winter und gehen die Mieter.

Der Hiltruper Installateur nennt für eine Ende April 2022 bestellte Wärmepumpe Vitocal 250-AH erst einen Liefertermin von Viessmann im Juli 2022, aber bei näherem Hinsehen löst sich dieser Termin in Luft auf. Viessmann kann weder liefern noch einen Liefertermin nennen. Der Installateur kann nichts dafür. Er kann bei den monatlichen Anrufen des Kunden nur in den Computer schauen und den nächsten unverbindlichen Liefertermin nennen: Im September kündigt Viessmann die Lieferung der Wärmepumpe an den Installateur für den 30. September an, gut fünf Monate nach der Bestellung. Am 30. September schaut der Installateur im IT-System von Viessmann nach, jetzt ist der 20. Oktober als Liefertermin eingetragen. Weder der Installateur noch der Kunde glauben Viessmann noch irgendetwas. Wird die Wärmepumpe noch vor Weihnachten kommen? Oder erst zum nächsten Sommer? Übernächstes Jahr? Wer weiß?

Am 20. Oktober 2022 schaut der Installateur wieder ins IT-System von Viessmann. Eigentlich sollte heute die vor einem halben Jahr bestellte Wärmepumpe kommen: Heute nennt Viessmann den 20. November 2022 als unverbindlichen Liefertermin. Weder der Installateur noch der Kunde hatten anderes erwartet. Zumindest der Kunde hatte auch nicht erwartet, jetzt einen verbindlichen Termin für die Lieferung genannt zu bekommen. Im Gegenteil, mit den immer neuen, immer verschobenen, immer unglaubwürdigen Terminnachrichten hat Viessmann nur seinen Ruf bestätigt. Die Ankündigung, am 20. November 2022 liefern zu wollen, ist nur noch das Sahnehäubchen: Der 20. November ist ein Sonntag.

Was macht ein Kunde, der sich mit einer so unzuverlässigen, unglaubwürdigen Firma eingelassen hat? Er glaubt nichts mehr, was von Viessmann kommt. Sonntag, den 20. November wartet er nicht ab; allein weil das Spiel so schön ist, ruft er schon am 18. November den Installateur an. Selbstverständlich wird Viessmann weder am Sonntag noch in den nächsten Wochen liefern. Selbstverständlich gibt es einen neuen unglaubwürdigen Liefertermin, den 16. Januar 2023. Wer das bloß glauben soll… Weder der Kunde noch der Installateur nehmen diese Fake-Termine ernst, so sind sie beide nicht überrascht, als zwar der 16. Januar kommt, aber keine Wärmepumpe. Viessmanns IT-System zeigt jetzt den 8. Februar 2023, Kunde und Installateur lachen nur noch. Der Installateur hat sich um genauere Informationen von Viessmann bemüht und „Frühjahr“ als möglichen Lieferzeitraum zu hören bekommen, der Kunde stehe auf Platz 3 der Warteliste. Das Frühjahr endet am 20. Juni.

Viessmann-Kunden sind lernfähig, so ruft der Hiltruper Kunde am 8. Februar 2023 erst gar nicht an. Am 6. März 2023 nervt er dann doch den Installateur, und der: Weiß wieder nichts. Der Liefertermin für die Außeneinheit der Wärmepumpe steht nach wie vor in den Sternen. Für den Kunden ist das keine Überraschung, und für den Installateur ist das doppelt ärgerlich. Der hat von Viessmann nämlich alle erforderlichen Teile bis auf die Außeneinheit geliefert bekommen, und die Rechnung dazu. So vergrätzt Viessmann alle: Für die Endkunden ist Viessmann „verbrannt“ – nie wieder! -, und die Fachbetriebe müssen die Zwischenfinanzierung übernehmen.

Das große Ziel, die Erderwärmung zu bremsen und Deutschland von (Putins) Gas unabhängig zu machen, ist so nicht zu erreichen. Wenn dann seitens Viessmann noch zur Begründung von Verzögerungen auf die angeblich fehlenden Installateure verwiesen wird (2022 im Interview mit der Süddeutschen Zeitung), fühlt man sich doch etwas auf den Arm genommen. Der Installateur ist willig, nur Viessmann kann nicht liefern. Ein Armutszeugnis.

Der Kunde bleibt irritiert zurück, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Es ist auch die Hoffnung, mit der Bestellung der Wärmepumpe überhaupt die richtige Entscheidung getroffen zu haben: Die Strompreise sind im Herbst 2022 gerade durch die Decke gegangen, billig erzeugter Strom aus regenerativen Quellen wird zu Apothekenpreisen verkauft, und der Gaspreis geht 2023 wieder herunter. Reicht die Effizienz der Wärmepumpe, um wirtschaftlich und ökologisch einen Vorteil gegenüber der Gasheizung zu bieten? Oder wird die Wärmepumpe eine recht teure Investitionsruine im eigenen Haus, 35.000 Euro für nichts? Auch in diesem Punkt wird 2023 ein spannendes Jahr.

PS: Viessmann nervt nicht nur bei Lieferterminen. Viessmann kämpft mit IT-Problemen und belästigt dadurch seine Kunden: Die von Viessmann entwickelte App, mit der man ja so super komfortabel Heizung und Smarthome steuern soll, meldet sich gern mit einer irreführenden Fehlermeldung ab. Das Handy zeigt die Viessmann-Meldung „Anlage hat keine Internetverbindung“? Man darf das auf keinen Fall ernst nehmen, besorgt zum Heizkessel laufen und mit dem Kommunikationsmodul des Heizkessels kämpfen oder – kostenträchtig – einen Repeater im Heizraum installieren. Der Router zeigt nämlich eine konstante Internetverbindung des Heizkessels an. Der Fehler liegt in der App. Sie loggt den Benutzer ungefragt aus (ohne das anzuzeigen), auch wenn er angeklickt hat, dass er eingeloggt bleiben will. Also einfach Benutzerkonto in der App neu anmelden, und schon hat die Anlage eine Internetverbindung.

Dann arbeitet Viessmann an der App, und es wird – wie zu erwarten – nicht besser. Beim Aufruf der App erscheint auf dem Handy die beruhigende Meldung „Deiner Anlage geht es gut“. Abgesehen davon, dass der Kunde nicht geduzt werden will: Die App hat keinerlei Verbindung zur Heizungsanlage, sie weiß gar nicht, ob es der Anlage gut geht. Da die App wieder nicht reagiert, meldet der Nutzer sich ab, meldet sich wieder an und erhält die nächste irritierende Meldung „Dein Smartphone hat keine Verbindung zum Server“. Die App verweist zur Checkliste, dort wartet die nächste irritierende Meldung „Prüfe, ob der Server gerade in Wartung ist. Checke dazu deine Emails“. Natürlich gibt es keine Email von Viessmann mit der Ankündigung einer Server-Wartung. All diese Spielchen haben denselben Wahrheitsgehalt wie die Ankündigung von Lieferterminen: Alles gelogen. Nichts dahinter, nur Chaos.

Ungefragt schickt die App auch wertlose Ratschläge. In der App ist die Funktion „Update / Neuigkeiten schicken“ nicht aktiviert, trotzdem erscheint auf dem Handy der „Energiespar-Tipp von Viessmann“, dass man Gas spart, wenn man weniger heizt. Für wie blöd hält Viessmann seine Kunden? Welch Anmaßung, ungefragt solchen Müll zu verschicken!

Aus dem Nichts schickt Viessmann eine Email „Ihr Viessmann System wurde erfolgreich mit der ViCare-App verbunden“, exakt zwei Jahre nach Inbetriebnahme von Kessel und App. Beigefügt ist ein „Anlagenzertifikat“, das der Kunde vor zwei Jahren schon einmal bekommen hat. Ob es jetzt nach jedem Absturz der App ein neues Zertifikat gibt?

Nicht nur bei den Lieferterminen kriegt Viessmann es nicht hin.

Oder doch noch? Anfang Mai 2023, also länger als ein Jahr nach Bestellung, macht sich der Kunde den Spaß und ruft mal wieder den Installateur an. Sieh an, der kann berichten, dass er gerade schon eine Viessmann-Wärmepumpe eingebaut hat. Die nächste stehe bevor, ja und dann – im Juni 2023 könne es endlich etwas werden.

Ob das stimmt? Der Kunde glaubt gar nichts mehr, was von Viessmann kommt. Er fragt nach, ob überhaupt noch etwas kommt, nachdem Familie Viessmann aufgegeben und das Geschäft in die USA verkauft hat. Der Installateur ist guter Hoffnung: Die Außeneinheit, die Viessmann selbst nicht liefern kann, werde ohnehin zugekauft (von welchem chinesischen Schrott-Hersteller eigentlich?), und Carrier in den USA habe die dafür benötigten Fertigungsstraßen.

Na dann. Ende Juni gibt es sicher den nächsten Termin, vielleicht Frühjahr 2024? Aber am 13.6.2023 kommt die erlösende Nachricht vom Heizungsbauer: Viessmann hat nach fast 14 Monaten endlich die fehlenden Teile geliefert, es kann losgehen. Wie es weitergeht, schildert das Tagebuch einer Wärmepumpe; wie viel Energie die Hybridanlage nach dem Einbau der Wärmepumpe verbraucht, steht im Verbrauchs-Tagebuch.

(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 27.8.2024.)

Kommentare

  1. Wir haben die gleiche Erfahrung gemacht. Anzahlung ist erfolgt. Geliefert wird nicht.

Die Frist für Kommentare zu diesem Artikel ist abgelaufen.