Altes Haus und neue Heizung
Wärmepumpen zur Gebäudeheizung sind schon einige Zeit auf dem Markt. Dass sie uns jetzt empfohlen oder sogar vorgeschrieben werden, sollte niemanden überraschen. Wer wollte, konnte schon vor Jahrzehnten erkennen, dass fossile Brennstoffe ersetzt werden müssen – und konnte danach handeln.
Die sogenannten Ölkrisen in den Jahren 1973 und 1979 lösten zunächst einen Preisschock aus. Die Förderländer drehten den Ölhahn zu, die Preise schossen in die Höhe. Die Bundesregierung versuchte im Herbst 1973, den Ölverbrauch durch Sonntagsfahrverbote und ein generelles Tempolimit auf 100 km/h zu senken. Der ADAC bekämpfte diese Maßnahmen mit seiner Kampagne „Freie Fahrt für freie Bürger“. Heute ist sie dem Verein offensichtlich so peinlich, dass er sie in der offiziellen Vereinschronik nicht mehr erwähnt und lieber von „scharfer Kritik“ spricht.
Damit war schon in den 1970er Jahren zu erkennen, dass fossile Brennstoffe keine Zukunft haben. Im Vordergrund standen zunächst die Abhängigkeit von den Förderländern, die kontinuierlich steigenden Preise und auch die Diskussion um die Endlichkeit der Reserven. Später kam die Erkenntnis hinzu, dass der CO2-Ausstoß wesentlich zur Klimakrise beiträgt.
Am Beispiel eines konkreten Altbaus in Hiltrup schildert das folgende „Tagebuch“ die Möglichkeiten, vorhandene Bausubstanz zukunftsfähig zu machen. Der Einbau einer Wärmepumpe im Jahr 2023 ist der vorläufige Schlusspunkt. Er ist Teil einer fortlaufenden Bauwerksunterhaltung und baut auf den früheren Instandhaltungsinvestitionen auf. Diese Zeitreihe beginnt zwangsläufig mit dem Neubau des Hauses. Das Tagebuch startet deshalb mit dem Bau des Hauses im Jahr 1931.
Diese schrittweise Modernisierung eines Altbaus steht beispielhaft auch für die Möglichkeiten des Staates, durch staatliche Förderprogramme private Mittel für dringend erforderliche teure Investitionen zu aktivieren: Der Einbau einer Mauerwerksdämmung, energiesparender Fenster, einer thermischen Solaranlage (für Fotovoltaik ist kein Platz mehr auf dem Dach) und ganz aktuell einer Wärmepumpe in diesem Haus waren und sind durch staatliche Zuschüsse initiiert worden. Die Zuschüsse haben über den Einzelfall hinaus die Verbreitung von Technologien gefördert, die mit steigenden Stückzahlen billiger und selbstverständlich geworden sind. In der Langfrist-Betrachtung haben Sie für die Eigentümer und Mieter zu einer Senkung der Betriebskosten geführt.
Diese Erfahrungen mit der Einführung neuer Technologien durch staatliche Förderprogramme sollten präsent sein, wenn aktuell über „Heizungsgesetz“ oder „Heizungs-Hammer“ polemisiert wird.
Nun zum konkreten Haus:
Gebaut wurde das Haus im Jahr 1931 von einem Werkmeister des Hiltruper Röhrenwerks: Ein für die Zeit typisches Kaffeemühlenhaus, zwei Vollgeschosse und Mansarde, zweischalige Klinkerfassaden, Einfach-Verglasung. Die Koks-Zentralheizung wurde 1970 auf Öl umgestellt, der alte Koks-Heizkessel wurde weiterverwendet.
1978 gingen im ersten Winter der neuen Besitzer 10000 Liter Öl durch den Schornstein.
1978 wurden Dachschrägen und Drempel mit Mineralwollfilz und einem Formaldehydharz-Schaum gedämmt.
1979 wurde die Luftschicht des zweischaligen Außenmauerwerks mit einer Schüttung von Isoliermaterial (Hyperlite) verfüllt, ebenso die oberste Geschossdecke.
Um 1980 warben die Stadtwerke mit Zuschüssen für die Umstellung auf Gas, ein mäßig effizienter Niedertemperatur-Gaskessel ersetzte den alten Koks-Öl-Kessel.
1980 wurden die alten Holzfenster mit Einfachverglasung durch Kunststofffenster mit Dreifachverglasung und Kunststoffrollladen ersetzt.
Das Außenmauerwerk wurde mit wildem Wein und Efeu begrünt als natürlicher Klimaanlage.
1996 Einbau einer thermischen Solaranlage zur Brauchwasser-Erwärmung mit ca. 6m² Kollektorfläche. Die Solaranlage reicht im Hochsommer aus, den Warmwasserbedarf von 4 Hausbewohnern zu decken (der Hersteller – die Wettringer Firma Solar Diamant – wurde später von Buderus übernommen).
1998 wurde der Niedertemperatur-Gaskessel durch einen Viessmann-Gas-Brennwertkessel Eurola (14 – 24 kW) ersetzt.
2010 wurde das Dach komplett erneuert: Neue Dachpfannen und neue Dachisolierung (Dachdämmung insgesamt U = min. 0,20).
2020 war der Gas-Brennwertkessel aus dem Jahr 1998 am Ende seiner Lebensdauer. Viessmann stellte die Ersatzteilversorgung nicht mehr sicher (Elektronik-Platinen der Steuerung waren nicht mehr lieferbar). Der Energieberater riet vom Einsatz einer Wärmepumpe ab. Der Gas-Brennwertkessel wurde durch einen neuen Gas-Brennwertkessel ersetzt (Viessmann Vitodens 300-W B3HG-19 1,9-19 kW), der deutlich weniger Strom verbraucht. Die Vorlauftemperatur beträgt selten mehr als 50°C. Die Investitionskosten für eine Wärmepumpe bezifferte der Heizungsbauer Büring in Hiltrup auf ungefähr 25000 Euro.
Im Februar 2022 wurde ein Förderantrag für eine Wärmepumpe beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle gestellt.
Im April 2022 erklärten die Stadtwerke auf Anfrage: „Für Wärmepumpen bieten wir derzeit keine gesonderten Tarife an. Eine Änderung Ihres Vertrags ist nicht erforderlich.“
Ende April 2022 wurde bei der Firma Büring eine Wärmepumpe bestellt als Teil eines Hybrid-Systems: Spitzenbedarf soll der Viessmann-Gas-Brennwertkessel abdecken, im Übrigen soll eine Wärmepumpe von Viessmann (Vitocal 250-AH HAWC-AC 252.A13) in Zusammenarbeit mit der vorhandenen Brauchwasser-Solaranlage für Raumwärme und Warmwasser sorgen. Die Kosten voraussichtlich: ca. 32.000 Euro.
Im Juni 2022 wurden die für die Wärmepumpe erforderlichen Elektroanschlüsse im Haus (mit gesondertem Zwischenzähler) erstellt. Kosten: 1600 Euro.
Nach Kriegsbeginn in der Ukraine und Putins Gas-Lieferstopp einigten sich die Hausbewohner auf eine Senkung der Wohnraum-Temperatur: Statt 21°C nur noch 19°C. Für ein halbes Jahr wurde ein Flüchtling aus der Ukraine aufgenommen, der Jahres-Gasverbrauch sank 2022 auf 1900 m³ (18000kWh) – ein Fünftel des Energieverbrauchs von 1978.
Zwischen Bestellung und Lieferung der Wärmepumpe vergehen ganze 14 Monate. Der Traum von der Wärmepumpe wird zum Alptraum. Viessmann kann nicht liefern, kommuniziert miserabel und wird schließlich an einen amerikanischen Hersteller verkauft.
13.6.2023: Telefonische Nachfrage beim Heizungsbauer Büring: Alle Teile der Wärmepumpe seien jetzt da!
14.6.2023: Für den 19.6.2023 wird ein Ortstermin vereinbart: Wo genau sollen die Leitungen verlaufen, welche Keller müssen ausgeräumt werden?
19.6.2023: Ortsbesichtigung mit dem Heizungsbauer. Im Heizungskeller muss ein Heizwasser-Pufferspeicher mit 400 Liter Inhalt aufgestellt werden – das ist kein Problem, er kommt an die Stelle eines alten vorhandenen Speichers, der ohnehin „fällig“ ist.
Wo soll die Außeneinheit der Wärmepumpe aufgestellt werden? Ein „Schrank“, 1,20m breit, mit Fundament ca. 1,6m hoch, 0,5m tief, rundum mehrere Meter Platz, damit der Ventilator frei vom Haus weg pusten kann; und ein Mindestabstand von 1m muss zu den Kellerfenstern eingehalten werden, weil das – weniger umweltschädliche – Kältemittel Propan brennbar und damit auch explosionsgefährlich ist. Optisch eine Katastrophe am angedachten Standort neben der Haustür. Aber hier sind die Häuser der Nachbarn mehr als 10m entfernt; die Dinger machen doch Krach, und man will keinen Ärger mit den Nachbarn. Ein kurzer Gang auf die andere Seite des Hauses. Hier müssten ein paar Büsche gerodet werden, das wäre zu verkraften. Der Heizungsbauer ist Optimist, er meint, der Abstand zum Nachbarhaus reicht. Wenn die Außeneinheit so und so aufgestellt wird, dann sind das so und so viele Meter Abstand – der Heizungsbauer nimmt die genaue Beurteilung als Hausaufgabe mit ins Büro. Abstände, Lärmpegel der Außeneinheit und zulässige Grenzwerte wird er berechnen und dann einen Vorschlag machen. Angedachter Baubeginn: 7.8.2023, eine Woche Bauzeit.
6.7.2023: Der Heizungsbauer hat gerechnet. An beiden möglichen Aufstellorten reicht der Abstand zu den Nachbarhäusern aus, um die Nachbarn nicht unzumutbar zu belästigen. Also kommt die Außeneinheit an die Seite des Hauses, die weniger im Blick ist und keine lärmsensiblen Fenster hat. Dieser Standort hat auch den Vorteil, dass zwischen Außen- und Inneneinheit der Wärmepumpe nur kurze Rohrleitungen nötig sind. Auf einer Strecke von 4 bis 5 Metern muss der Gärtner hier zwei Büsche roden, damit der Ventilator der Außeneinheit frei blasen kann. Der Heizungsbauer bestätigt den Termin des Baubeginns: 7.8.2023.
7.7.2023: Der Gärtner hat Terminprobleme, Betriebsferien stehen bevor. Er lässt sich ein Foto schicken, um den Aufwand der Arbeiten zu beurteilen – und meldet sich nicht mehr.
10.7.2023: Anruf beim Gärtner: Nächste Woche bekommt er die Rodungsarbeiten für die Außeneinheit der Wärmepumpe vielleicht noch dazwischen.
17.7.2023: Der Gärtner hält Wort. Die Büsche, die der Außeneinheit im Wege standen, sind gerodet.
7.8.2023: Es geht los.
Der Heizungskeller ist leer geräumt, Heizungsbauer Büring aus Hiltrup rückt mit vier Mitarbeitern an, der Montageleiter kommt noch dazu. Orientierung vor Ort, Besprechung der Details: Der Gas-Brennwertkessel bleibt, im Hybrid-Betrieb soll er in Zukunft nur noch die ganz kalten Tage abdecken.
Auch die Brauchwasser-Solaranlage bleibt. In der Vergangenheit hat sie den roten Solar-Speicher erwärmt, der dem – vom Brennwertkessel beheizten – blauen Warmwasser-Speicher vorgeschaltet war. Der Solar-Speicher ist abgängig und wird demontiert, an seine Stelle soll der Puffer-Speicher der Wärmepumpe kommen; die Solaranlage erwärmt in Zukunft direkt den blauen Brauchwasser-Speicher.
Draußen besichtigen die Handwerker die gerodete Fläche am Haus. Hier müssen sie ein Fundament für die schwere Außeneinheit der Wärmepumpe legen; der genaue Ort wird so festgelegt, dass die Anschlussleitungen möglichst unkompliziert durch das alte Kellerfenster direkt in den Heizungskeller geführt werden können. Für den freien Zugang ist ein Zaunelement schon vorübergehend abgebaut.
Es ist eine mühselige Arbeit: Für das Fundament wird ein tiefes Loch gegraben, mit Schotter gefüllt, verdichtet, darauf werden Betonsteine im Mörtelbett angeordnet. Zwei Heizungsmonteure sind einen Tag lang mit dieser Arbeit beschäftigt (ob es wohl billiger gewesen wäre, diese Arbeit durch eine Tiefbaufirma mit einem kleinen Bagger erledigen zu lassen?).
Im Heizungskeller steht am Abend der neue Pufferspeicher, noch ohne Anschlüsse. Der Brauchwasser-Speicher ist vom Gas-Brennwertkessel getrennt; warmes Wasser gibt es erst am nächsten Tag wieder, falls die Sonne scheint: Die Verbindung zur Solaranlage muss noch hergestellt werden.
8.8.2023: 2. Tag mit Hindernissen
Am 2. Tag schrauben zwei Mann das Metall-Untergestell der Außeneinheit auf das am Vortag gebaute Fundament. Dann kommt Bürings Montageleiter und mit ihm die Ernüchterung: Das Fundament steht falsch, es ist um 90° verdreht. Er muss sichtlich kämpfen, um die Fassung zu bewahren: Neben dem Fundament steht schon die zentnerschwere Außeneinheit der Wärmepumpe, sie sollte heute auf das Fundament kommen.
Aber es hilft nichts, für zwei Heizungsmonteure besteht dieser Tag aus Schaufeln: Das Fundament ab- und richtig wieder aufbauen. Neben ihnen wartet die Außeneinheit, sie kann heute nicht mehr auf dem frischen Fundament montiert werden.
Also wandert die Außeneinheit auf dem Hubwagen zurück in die Warteposition – 2 Manntage Verspätung und Verlust für den Handwerker.
Im Keller geht es mit zwei Monteuren besser voran:
Die Inneneinheit der Wärmepumpe hängt schon mal an der Wand. Die Solaranlage läuft seit dem Spätnachmittag wieder, vielleicht reicht es am nächsten Tag zum Duschen? Aber die alte Konfiguration der Solaranlage mit zwei hintereinander angeordneten Brauchwasserspeichern hat den Monteuren Rätsel aufgegeben, die sie nicht wirklich gelöst haben. Da sitzt noch eine Pumpe, die jetzt funktionslos ist, und eine überflüssig gewordene Temperatur-Differenz-Steuerung. Das wird am nächsten Tag aufzuarbeiten sein.
Was an diesem Tag noch zu lösen ist: Die Solaranlage kocht. Die Kollektoren oben auf dem Dach liefern mehr Wärme, als ihnen abgenommen wird. Die Fachkräfte vor Ort sind ratlos, der Montageleiter muss kommen. Zu wenig Druck auf der Anlage? 27 Jahre ist sie mit einem Druck zwischen 1,0 und 1,3 bar gut gelaufen, noch in der Vorwoche hat sie für warmes Wasser gesorgt. Der Bauherr weist auf diese Vorgeschichte hin; er verweist auf die technischen Unterlagen des Herstellers Solar-Diamant, danach sollen es 1,7 bar sein; Firma Büring spült die Anlage, füllt Solarflüssigkeit auf und bringt den Druck auf 2 bar. Jetzt scheint die Anlage zu laufen.
Dann muss auch damit begonnen werden, nach der Aufstellung der Außeneinheit die verschiedenen Bestandteile der Anlage miteinander zu verbinden – da wartet noch viel Arbeit.
9.8.2023: 3. Tag
Der Tag hat mit kaltem Wasser angefangen: Die Solaranlage hat am Vortag nicht mehr genug Wärme gebracht, und der Gas-Brennwertkessel ist noch nicht wieder in die Brauchwasser-Erwärmung eingebunden. Teile fehlen auf der Baustelle und werden telefonisch angefordert; der Schaltplan der Solaranlage von 1996 (zum Glück vom Bauherrn verwahrt) wartet auf den Fachmonteur. Fünf Monteure beginnen mit der Arbeit.
Bei näherer Kontrolle wird festgestellt, dass die Solaranlage die Wärme nicht wirklich vom Dach in den Keller schafft. Ursachenforschung ist angesagt: Vielleicht eine Luftblase am höchsten Punkt des Leitungssystem? Das System muss noch einmal gespült werden.
Draußen ist das am Vortag hergestellte Fundament jetzt belastbar, ein Untergestell wird darauf montiert. Vier Mann heben die Außeneinheit der Wärmepumpe von der Palette, tragen sie ein Stück über eine Kante und setzen sie auf das Untergestell. 250 Kilogramm, jeder packt an einer Ecke an, „das muss ich nicht jeden Tag haben“.
Im häuslichen Regal steht noch die „Kleine ergonomische Datensammlung“ von 1976, unter „Körperkräfte“ findet sich auch ein Kapitel „Grenzlastbereiche zumutbarer Hebe- und Tragekräfte“: 40 bis 50 Kilogramm „gelegentliches Heben und Tragen unter günstigen Bedingungen“. Eine sehr grobe Angabe, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hält heute sehr viel differenzierteres Info-Material zu diesem Thema bereit. Für 2024 ist der große Wärmepumpen-Boom zu erwarten; vorher sollten alle Beteiligten darüber nachdenken, wie die Gesundheit der Monteure geschützt werden kann. Viessmann bringt Trageschlaufen an den Ecken der Geräte an, aber die ändern nichts am Gewicht und an den ungünstigen Körperhaltungen – warum gibt es keinen Kran-Haken am Gehäuse und einen Ladekran auf dem LKW? Oder kann man sich was abschauen bei den Leuten, die Klaviere und Möbel mit Tragegurten heben?
Der Anblick der Außeneinheit auf dem Grundstück ist jedenfalls akzeptabel. Sobald der Zaun wieder geschlossen ist, wird das doch recht massige Gerät den Gesamteindruck nicht dominieren. Vorher steht aber noch viel Arbeit an: Zwei Monteure beginnen, Rohrleitungen an der Außeneinheit zu befestigen und zur Verbindung mit der Technik im Heizungskeller vorzubereiten.
Im Heizungskeller wird der Pufferspeicher endgültig platziert, mit dem dicken Isoliermantel nimmt er viel Platz ein. Im ganzen Haus gibt es kein Warmwasser.
Für den Hybridbetrieb, d.h. den Verbund von Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe, werden Verbindungseinheiten installiert, vorhandene Geräte umgesetzt, eine Vielzahl von Rohrleitungen muss verändert bzw. neu hergestellt werden. Das wird noch dauern!
10.8.2023: 4. Tag
Auch dieser Tag beginnt mit kaltem Wasser. Die Solaranlage hat nicht wieder funktioniert. Fünf Monteure sind an der Arbeit: Zwei an der Außeneinheit, zwei im Heizungskeller.
Der fünfte beginnt, vier ca. 40 Jahre alte Thermostatventile an den Heizkörpern auszutauschen. Der Zuschuss aus Steuermitteln hängt davon ab, dass ein hydraulischer Abgleich gemacht wird: Die Durchflussmenge muss an jedem Heizkörper einzeln eingestellt werden. Die alten Thermostatventile waren vor 40 Jahren modern, aber sie lassen sich nicht einstellen und müssen ausgewechselt werden. Der Austausch wird ein zeitraubender Kraftakt, einige alte Verschraubungen lassen sich nur mit mehreren Leuten gemeinsam lösen. Großhändler Mosecker würzt die Arbeit, indem er Teile mit Linksgewinde liefert – sie wollen einfach nicht in das Rechtsgewinde des Heizkörpers passen. Im Hintergrund ärgert sich der Bauherr: Was durch den hydraulischen Abgleich optimiert werden soll, wird längst durch Smart-Home-Fühler und -Regler optimal organisiert. Aber wenn der staatliche Zuschuss daran hängt, muss man eben in den sauren Apfel beißen.
Am Ende des 4. Arbeitstages ist für den Laien noch nicht zu erkennen, wie das Ganze mal funktionieren soll.
Draußen steht die Außeneinheit immer noch solo vor sich hin; Rohrleitungen ins Haus hinein sind vorbereitet und noch nicht verbunden. Die dicke Isolierung riecht nach Mäusefutter, d.h. sie wird noch vor den scharfen Zähnen der vielen vierbeinigen Gartenbewohner zu schützen sein.
Innen ist ein Dickicht von Rohrleitungen erkennbar, die die verschiedenen Komponenten der Anlage verbinden sollen: Gas-Brennwertkessel, Solaranlage, alter Brauchwasser-Speicher, neuer Pufferspeicher, Inneneinheit und Außeneinheit der Wärmepumpe … Nicht alles ist wirklich fest miteinander verbunden; viele Einzelteile sind auf Maß vorbereitet und erst einmal lose ineinander gesteckt, da steckt noch Arbeit drin. Und die Solaranlage schnurrt fleißig vor sich. Kommt denn auch warmes Wasser im Badezimmer an? Auf Anhieb nicht, kalt kommt es zunächst aus dem Hahn. Wer nicht sofort aufgibt, hat ein Aha-Erlebnis; die (Lau)Wärme kommt erst, nachdem geschätzt ein Putzeimer voll Wasser gelaufen ist. Die Zirkulation funktioniert nicht.
Am anderen Ende des Heizungskellers machen sich die Computer-Platinen breit, ein Kabel-Gestrüpp entwickelt sich – hat man einen Computer gekauft, der nebenher auch noch heizt?
Die Heizungsbauer sind mit Optimismus nach Hause gegangen. Am Freitag soll der Gas-Brennwertkessel wieder laufen, es soll wieder warmes Wasser geben! Aber fertig wird die Anlage erst in der nächsten Woche.
11.8.2023: 5. Tag
Kurz nach 7 Uhr sind wieder vier Handwerker da, das riecht nach einem langen Arbeitstag und Schlussspurt. Was machen die eigentlich den lieben langen Tag lang?
Die vorbereiteten Einzelteile der vielen Rohrleitungen werden dicht verbunden. An den Anschlüssen der Außeneinheit wird schon dicke Isolierung angebracht, noch fehlt der Schutz gegen die UV-Strahlung des Sonnenlichts – und gegen die spitzen Schnäbel der Vögel und gegen die Zähne der Mäuse; wer Mülltüten aufpickt, vergreift sich auch an Isolierschaum! Aber die Lücke im Zaun ist schon mal provisorisch zugestellt, ein Ende der Arbeiten ist absehbar.
Im Heizungskeller hocken drei Leute im konzentrierten Arbeiten eng zusammen. Nein, hier werden keine Rohre mehr verbunden, das ist schon erledigt. Die Wärmepumpe wird mit Wasser aufgefüllt, aber mit welch edlem Saft! Wo früher einfach der Wasserhahn aufgedreht wurde, um Wasser aus der Wasserleitung in den Heizungskreislauf zu füllen, brummt jetzt eine Spezialmaschine vor sich hin. Münsters gutes Trinkwasser ist nicht gut genug für dies Sensibelchen von Heizung; es muss erst sorgfältig gereinigt werden, damit sich im System nicht feine Kristalle ablagern und die komplizierte Technik verstopfen. Alles dicht? Eine erste Überprüfung lässt keine Leckstellen erkennen.
Danach wird die Elektronik in Betrieb genommen. Der ultimative spannende Augenblick: Funktioniert das jetzt auch? Die Bewohner des Hauses warten dringlich darauf, dass es wieder warmes Wasser gibt, und die Rettung naht tatsächlich. Jetzt heizt die Wärmepumpe den Pufferspeicher auf, durch den die Warmwasserleitung geht.
Wie laut ist das jetzt eigentlich draußen? Ein kurzer Gang ums Haus: Die Außeneinheit saust (oder brummt sie?) draußen vor sich hin. Doch, das ist – mit den Ohren als Messgerät – nicht laut, das ist auch für Nachbarn zumutbar.
Die Internetverbindung zwischen Wärmepumpe und Nutzer-Handy ist schnell hergestellt, die ersten Meldungen zur Effizienz der Anlage sind nicht schlecht: Aus 1 Kilowattstunde Strom macht diese Technik 4 Kilowattstunden Wärme, das kann sich sehen lassen. Nach kurzer Zeit hat der Pufferspeicher 50°C, es funktioniert!
Fertig ist die Anlage damit noch nicht. Ein Stück weiter hängen die Platinen noch offen an der Wand und blinken vor sich hin, die Rohrleitungen müssen alle noch isoliert werden, der hydraulische Abgleich der Heizkörper steht noch aus. Am Montag sieht man sich wieder!
Es ist Freitagnachmittag um 17h. Allen Beteiligten ist die Erleichterung anzumerken, dass die Wärmepumpe vorläufig fertig geworden ist und Warmwasser liefert – wenn auch die Einbindung des Gas-Brennwertkessels aussteht. Sie sind Akteure und Zeugen eines gewaltigen technologischen Wandels: Nach wie vor fordert der Beruf der Heizungsbauer harte körperliche Arbeit, dazu immer differenzierteres technisches Knowhow und Verständnis für IT-Lösungen.
14.8.2023: 6. Tag
Montag ist der Tag der Rohrisolierungen.
Es sieht so aus, als ob die Baustelle langsam zum Ende kommt. Ein Tag noch, dann soll alles fertig sein.
15.8.2023: 7. Tag
Drei Fachkräfte sind einen halben Tag lang im Einsatz. Die Rohrisolierungen müssen fertiggestellt werden.
Langsam sieht es nicht mehr nach Baustelle aus. Aber fertig sind die Isolierungen immer noch nicht:
Außen fehlt noch Isolierung, auch der mechanische Schutz der Isolierung gegen Mäuse und Vögel fehlt. An der Außeneinheit der Wärmepumpe sind die empfindlichen Lamellen des Wärmetauschers ungeschützt, hier fehlt ein Gitter davor.
Die Zirkulation in der Brauchwasser-Leitung funktioniert immer noch nicht. Die Zirkulationspumpe schnurrt leise vor sich hin, vor zwei Wochen hat sie noch brav ihren Dienst getan. Aber das Wasser fließt nicht mehr – sollte sie kaputt sein oder etwa eine Absperrung geschlossen oder eine Schwerkraftbremse falsch herum montiert sein?
Im Elektronik-Bus zwischen Wärmepumpe und Gaskessel wird ein Fehler beseitigt. Die Viessmann-App auf dem Handy meldet, dass der Fehler behoben ist.
Wasser wird auf die Heizkörper gefüllt, in der Druckprüfung fällt die Anlage durch: An einem Heizkörper ist die neue Verschraubung undicht. Die Dichtung ist gerissen und sitzt nicht richtig, es tropft. Das muss am nächsten Tag demontiert und neu montiert werden.
Die Steuerung des Gaskessels zeigt per Viessmann-App eine falsche Temperatur für den Speicher an: 22°C hat das Brauchwasser angeblich, die Wärmepumpe meldet stattdessen richtig 50°C. Gibt das ein Problem, wenn der Gaskessel in Betrieb geht und hier aufzuheizen versucht? Ratlose Gesichter, das wird man noch prüfen müssen. Die Steuerung des Gaskessels zeigt per Viessmann-App für die vergangenen Tage Gasverbrauch zur Warmwasserbereitung an, obwohl der Kessel außer Betrieb war – auch dies Rätsel bleibt aufzuklären. So werden also die Arbeiten noch in einen 8. Tag gehen müssen.
16.8.2023: 8. Tag
Am Vormittag Anruf von Firma Büring: Heute kommt kein Handwerker. Die abschließenden Arbeiten sind für Donnerstag, den 17.8.2023 geplant. Der Kunde bittet ausdrücklich darum, dann auch wirklich fertig zu werden, auch die Brauchwasser-Zirkulation müsse dann funktionieren.
Am Nachmittag ein Kontrollgang in den Heizungskeller: Die Solaranlage hat in diesem Sommer problemlos viel Wärme geliefert, jetzt kommt die Sonne heraus, und die Solaranlage spinnt. Die Temperatur in den Kollektoren auf dem Dach steigt bis auf 120°C, in der Kompletteinheit im Keller kommen nur gut 40°C an, der solar beheizte Brauchwasser-Speicher hat auch nur 42°C. Was ist da los? Bekommt es der Anlage, wenn sie kocht und der Druck weiter steigt?
Anruf beim Montageleiter der Firma Büring. Das sei eine alte Anlage, und die Firma Büring habe sie nicht gemacht, bekommt der Bauherr zu hören. Auf dem Nivea will er nicht verhandeln, er will eine Lösung, will wissen, wann sich jemand das Problem anschaut: Am nächsten Tag, heißt es, man könne ja mal den Strom ab- und wieder anschalten.
Der Bauherr folgt dem Rat. Als er eineinhalb Stunden später nachschaut, ist der Himmel bewölkt und die Kollektor-Temperatur auf 101°C gefallen – im Keller kommen nur 50°C an. Schon zum zweiten Mal in diesen Baustellen-Tagen ist das so. Wo zum Teufel steckt das Problem? Ist es die Pumpe? Die schnurrt leise vor sich hin. Oder sind Vor- und Rücklauf zum Speicher vertauscht, und die Schwerkraftbremse blockiert den Kreislauf?
Rätsel über Rätsel.
Weitere Rätsel kommen im Laufe des Abends hinzu. Mit der ViCare-App hat der Bauherr direkten Zugriff auf den Technik-Park in seinem Heizungskeller. Wahlweise kann er sich die Daten der Wärmepumpe oder des Gas-Brennwertkessels anzeigen lassen. Schaltet er hin und her, kommt er aus dem Staunen nicht heraus.
Die Außentemperatur zeigt die App mitten in der Nacht für den Brennwertkessel mit 18,7°C an, für die Wärmepumpe zur selben Zeit mit 24,5°C. Nun befinden sich Gerät bzw. Messfühler an verschiedenen Seiten desselben Hauses, aber 5,5°C Differenz? Das ist schlicht unglaubwürdig.
Unstimmig auch die Angaben zur Temperatur des warmen Wassers im Speicher. Der Gas-Brennwertkessel meldet angebliche 21,7°C, die Wärmepumpe 45,3°C. Auch hier passt die Erklärung des Montageleiters zur Solaranlage („alte Anlage, wir waren es nicht“) überhaupt nicht: Selber Hersteller, selber Handwerker, Wärmepumpe nagelneu, Gaskessel gerade 2,5 Jahre alt.
Gleich unglaubwürdig sind die Angaben zum Energieverbrauch. Laut ViCare-App hat der Gas-Brennwertkessel zum Beispiel am 13.8. angeblich 0,8m³ Gas verbraucht für die Warmwasser-Bereitung. Gleichzeitig hat angeblich die Wärmepumpe gut 1 Kilowattstunde Strom verbraucht für die Warmwasser-Bereitung, und – noch skurriler – angeblich hat die Wärmepumpe seit Anfang August täglich ca. 0,2 Kilowattstunden Strom verbraucht und ca. 0,6 Kilowattstunden thermische Leistung geliefert – da steckte sie noch im Karton und wartete auf den Einbau.
17.8.2023: 9. Tag
Bewegung kommt in die Baustelle. Firma Büring meldet sich telefonisch, zwei Fachkräfte und der Montageleiter sind vor Ort. Der Montageleiter packt im Keller mit an, schraubt an der Elektronik.
Warmwasser wird abgestellt, das Wasser aus den Heizkörpern gelassen, die undichte Heizkörper-Verschraubung neu montiert. Wasser wird wieder aufgefüllt. Jetzt ist die zweite der vorige Woche erneuerten Heizkörper-Verschraubungen undicht, es zischt und tropft. Wasseralarm, Wasserstop, Wasser wieder abgelassen, Verschraubung demontiert und neu montiert. Ein Glück, dass sie wenigstens über das Wochenende dicht hielt!
Aber es dauert nicht lange – die Anlage ist noch nicht wieder ganz aufgefüllt – , da ist die dritte der vor Tagen erneuerten Heizkörper-Verschraubungen undicht. Noch einmal dieselbe Prozedur: Wasser wieder ablassen, demontieren, neu montieren, und vorsichtshalber noch einmal die vierte Verschraubung kontrollieren: Auch sie ist nicht dicht. Da hatte die Fachkraft den Bogen doch nicht richtig heraus: Nach Demontage der alten Verschraubungen und vor Montage der neuen Verschraubungen sind die Dichtflächen nicht ausreichend gereinigt worden…
Im Heizungskeller wird fleißig gearbeitet. Es gibt Erfolgsmeldungen: Die Warmwasser-Zirkulation, die so hartnäckig gestreikt hatte, läuft endlich. Nicht die Pumpe war schuld, auch keine Fehler im Rohrsystem. Man musste nur die Luft aus der Pumpe lassen; wenn sie das nicht allein schafft, öffnet man einfach die Verschraubung und lässt die Luft heraus (so steht es auch im Info-Material des Pumpenherstellers). Warum diese Standard-Prozedur nicht schon in der vorigen Woche gelaufen ist… aber mit Verschraubungen gab es ja noch mehr Schwierigkeiten.
Im Keller wird aufgeräumt. Auf alle verfügbaren Kellerräume hatten sich Material, Verpackungen und Werkzeug ausgebreitet, die Bewohner des Hauses atmen auf. Schön ordentlich sieht es im Heizungskeller aus, abgeschlossen (und abgenommen) ist die Baustelle aber nicht. Material fehlt, der Schutz für die isolierten Rohre im Freien ist noch nicht angekommen.
Die Technik im Heizungskeller sei funktionsfähig, heißt es, aber offensichtlich stehen noch Restarbeiten aus. Nach neun Arbeitstagen Baustelle muss Büring erst einmal pausieren, später soll es weitergehen. Der hydraulische Abgleich steht aus, ist aber weit vor Beginn der Heizperiode nicht eilig. Die Nutzer der Technik müssen auch noch ihren Führerschein machen für die Bedienung, Feineinstellungen der Technik müssen noch erfolgen.
Unstimmigkeiten in der Technik bleiben.
Beide Geräte, Wärmepumpe und Gas-Brennwertkessel, haben Energieverbrauch dokumentiert für Zeiten, in denen sie außer Betrieb waren.
Beide Geräte verfügen über Meßfühler zur Ermittlung der Außentemperatur, sie sind unerlässlich für den witterungsgeführten Betrieb. Die gesamte Technik kommt von der Firma Viessmann, aber die Messwerte der beiden Geräte differieren. Um 22.15h misst der Gas-Brennwertkessel 17,6°C Außentemperatur, die Wärmepumpe 19,6°C, also 2°C Differenz: Wie soll die digitale Steuerung einen naht- und bruchlosen Übergang zwischen den beiden Energiequellen hinbekommen, wenn sie von verschiedenen Außentemperaturen ausgehen?
Dasselbe Problem bei der Ermittlung der Warmwasser-Temperatur: Der Gas-Brennwertkessel misst 46,4°C, die Wärmepumpe 50,7°C.
Mess-Probleme scheinen auch die – bis zum Umbau problemlose – Solaranlage zu plagen. Die Handwerker verabschieden sich mit der Erklärung, sie funktioniere jetzt. Nachprüfen lässt sich das nicht wirklich, der Himmel ist bewölkt.
An der Vorrichtung zur Anzeige des Volumenstroms in der Solaranlage demonstrieren sie, dass die Solarflüssigkeit im Fluss ist. Einen Fehler habe man behoben. Im Zuge des Umbaus sei ein Temperaturfühler der Solaranlage am Brauchwasser-Speicher falsch angebracht worden und habe deshalb zu niedrige Werte geliefert; deshalb sei die Anlage auch gelaufen, wenn von den Kollektoren keine Wärme zu holen war, und habe stattdessen die Wärme aus dem Speicher nach draußen befördert.
Aber war das Problem der Anlage nicht genau das Gegenteil? Die Kollektoren kochten, und die Wärme wurde nicht abtransportiert?
Zu denken gibt jedenfalls, dass die Solaranlage mit einer Temperaturdifferenz von 7°C läuft. Das Display der Solaranlage zeigt bei bewölktem Himmel am Nachmittag eine Temperatur von 37°C im Kollektor an, im Brauchwasser-Speicher der Solaranlage oben und unten 30/31°C, und im Automatikbetrieb läuft die Pumpe im Kreislauf zwischen Kollektor und Speicher. Werksseitig war die Anlage so eingestellt, dass die Pumpe erst ab einer Differenz von 10°C läuft; das macht Sinn, denn nur wenn genug Wärme vom Dach zu ernten ist, lohnt der Betrieb der Pumpe.
Ein letzter Kontrollgang am späten Abend. Alles gut, alles in Ordnung? Komisch, in einer Ecke des Heizungskellers surrt etwas deutlich vernehmbar vor sich hin. Zwei Thermometer, darunter ein Regelknopf, und im Inneren surrt es, als ob dort eine Pumpe läuft. Aber warum? Es ist nach 22h, die ganze Maschinerie müsste doch eigentlich still stehen: Kein Heizbetrieb, kein Warmwasser-Betrieb, auch die Solaranlage steht. Wofür wird da elektrische Energie in Geräusch umgewandelt?
All diese Fragen bleiben zunächst offen und müssen später geklärt werden.
21.8.2023:
Tage ohne Handwerker und ohne Antworten auf offene Fragen. Die Wärmepumpe ist heute gelaufen, hat angeblich 7 Kilowattstunden Wärme in den Speicher geschaufelt – aber warum? Hat die Solaranlage gestern nichts geliefert? Mal sehen, was in den nächsten sonnigen Tagen passiert.
23.8.2023:
Kontrollgang in den Heizungskeller am Mittwochabend: Die Solarkollektoren haben keine Sonne mehr und nur noch 28°C, die Pumpe in der Anlage läuft nicht.
Der von der Solaranlage erhitzte Speicher hat oben 68°C, d.h. die Solaranlage ist am Tage gelaufen und hat Wärme „geerntet“.
Aber was ist das? Der Solarspeicher hat unten mit 77°C eine um 9°C höhere Temperatur als oben – das ist nicht plausibel; normalerweise schichtet sich das wärmere Wasser im Speicher nach oben!
24.8.2023: 10. Tag
Am nächsten Vormittag wieder ein Kontrollgang zur Solaranlage: Draußen scheint die Sonne, die Solaranlage läuft, die Kollektoren auf dem Dach haben eine Temperatur von 75°C, im Keller kommen im Vorlauf noch knapp 70°C an, das ist o.K.
Oben hat der Solarspeicher 59°C, auch das ist im Vergleich zum Vortag plausibel: Am Morgen ist Warmwasser verbraucht worden, kaltes Wasser ist nachgeströmt, die Speichertemperatur ist um 9°C gesunken.
Auch die Temperatur im unteren Bereich des Solarspeichers ist gesunken, sogar um 15°C auf 62°C – aber wie am Vortag ist die Anzeige nicht plausibel: Warum ist der Speicher im unteren Bereich wärmer als im oberen? Sind die Temperaturfühler vertauscht, oder stimmt im Rohrsystem etwas nicht?
Drei Monteure der Firma Büring sind an diesem Tag draußen damit beschäftigt, die fehlende Isolierung der Rohre zwischen Außeneinheit der Wärmepumpe und Inneneinheit anzubringen und mit dünnen Aluminiumblechen gegen Sonnenlicht und Tiere zu schützen. Das Schutzgitter auf der Saugseite der Außeneinheit fehlt noch.
Der Montageleiter der Firma Büring ist vor Ort und wird angesprochen auf die unplausiblen Temperatur-Messwerte der Solaranlage, auf die unplausiblen Temperatur-Messwerte von Wärmepumpe und Gas-Brennwertkessel und auf das schon vor Tagen beobachtete sirrende Geräusch im Heizungskeller.
Das Geräusch lässt sich schnell erklären, es ist eine zusätzliche Pumpe. Sie lässt das Wasser im Heizungskreislauf zirkulieren und läuft bei bestem Sommerwetter fleißig vor sich hin – nur warum? Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe sind beide ausgeschaltet, die Warmwasser-Erwärmung hat heute allein die Solaranlage übernommen. Diese Pumpe im Heizungskreislauf darf bei diesem Betriebszustand der Anlage gar nicht laufen (und Strom verbrauchen)! Welch Rätsel – Bürings Montageleiter verweist auf den Kollegen, der das alles in der übernächsten Woche klären und regeln soll.
Der Kollege soll auch die Probleme der kuriosen Temperatur-Messwerte für Warmwasser und Außentemperatur lösen.
Hhmm, da ist ja ein Rohr im Kaltwasser-Zulauf ganz heiß? Wie das? Oh, besteht da irgendwie eine unerwünschte Schwerkraft-Zirkulation an der falschen Stelle? An dieser Stelle verzweigt sich der Kaltwasser-Zulauf: Ein Ast der Leitung speist den Speicher mit frischem kaltem Wasser, wenn Warmwasser gezapft wird; der zweite Ast mischt dem entnommenen Warmwasser über einen Thermostaten kaltes Wasser zu, um die Temperatur des gezapften Warmwassers auf jeden Fall auf maximal 60°C zu begrenzen. Beide Äste des Kaltwasser-Zulaufs sind heiß, da wird jedenfalls Wärme aus dem Speicher nach draußen – wohin nur? – transportiert. Vielleicht noch eine Schwerkraft-Bremse einbauen? Auch das soll der Kollege sich doch mal ansehen, genauso wie die widersprüchlichen Temperatur-Messwerte für Warmwasser und Außentemperatur.
Vielleicht sollte man den Außentemperatur-Fühler der Wärmepumpe direkt neben den entsprechenden Fühler des Gas-Brennwertkessels montieren, meint Bürings Montageleiter. Das wäre doch keine schlechte Idee, damit beide Fühler dieselbe Temperatur messen. Wo sitzt denn der Außentemperaturfühler der Wärmepumpe überhaupt?
Gut versteckt haben Bürings Monteure diesen Temperaturfühler: Auf der Sonnenseite des Hauses, dicht über dem Erdboden in der Maueröffnung des Kellerfensters, neben den – warmen und kalten – Anschlussrohren der Wärmepumpe-Außeneinheit und durch den wilden Wein gut abgeschottet von den Veränderungen der Außentemperatur. Der Bauherr erinnert sich, für die witterungsgeführte Heizungsregelung müssen Temperaturfühler doch möglichst auf der Nordseite und frei zugänglich montiert werden? Vor 50 Jahren hat der Heizungsbauer diese Regel eingehalten, als er eine Ölheizung in dies Haus einbaute – gilt sie heute nicht mehr?
Der Bauherr überprüft noch einmal die von der Anlage gemessenen Außentemperaturen. Der Gas-Brennwertkessel misst um 15h eine Außentemperatur von 27,1°C, die Wärmepumpe misst jetzt 26,1°C. Kein großer Unterschied, aber kann das stimmen? Die Wärmepumpe misst auf der Sonnenseite des Hauses weniger als der Gas-Brennwertkessel auf der Schattenseite? Erklären könnte man diese Differenz damit, dass der Fühler der Wärmepumpe so versteckt in der Fensteröffnung hinter dem wilden Wein sitzt, also vielleicht den Temperaturanstieg zur Mittagszeit nur mit Verzögerung mitbekommt?
Alles Sch…, flucht der Bauherr. Immerhin ist die Differenz in den Temperaturwerten kleiner geworden, hat sich sogar umgekehrt. Zu erklären ist das einfach, heute sind die Rohrverbindungen isoliert worden, bis dahin haben sie Wärme abgegeben und den Temperaturfühler geheizt, dieser Faktor ist jetzt entfallen.
Und wenn man doch einfach beide Geräte, Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe auf denselben Temperaturfühler zugreifen ließe? Das geht angeblich nicht, der Monteur hat deshalb sogar bei Viessmann angerufen. Ein Konstruktionsfehler? Jedenfalls ein naheliegendes Problem bei einem Hybridsystem, die Firma Viessmann sollte dafür eine Lösung haben.
Für die 36. Kalenderwoche ist mit Firma Büring vereinbart, die bestehenden Probleme der Anlage zu analysieren und Lösungsansätze zu entwickeln. Aus Sicht des Bauherrn sollte ein Vertreter der Firma Viessmann hinzugezogen werden.
In der 35. Kalenderwoche beobachtet der Bauherr seine schöne neue Anlage aus der Entfernung. Kein Problem, Internet und Viessmann-App machen’s möglich. Bei der Temperaturmessung können sich Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe immer noch nicht einigen. Am 3. September um 20h misst der Gas-Brennwertkessel 18,9 °C Außentemperatur und 45,1°C Warmwasser-Temperatur, die Wärmepumpe 20,2 °C und 48,6 °C. Trau, schau, wem?
Heftige Glaubwürdigkeitsprobleme liefert die Wärmepumpe auch bei der Energiebilanz. Viessmanns ViCare-App wiegt tagelang den Bauherrn in dem Glauben, dass die Wärmepumpe keine Energie verbraucht und dass das Warmwasser ausschließlich durch die Solaranlage erwärmt wird. Laut ViCare-App hat die Wärmepumpe im August 20,4 kWh Strom verbraucht und 93,8 kWh Wärmeenergie abgeliefert. Eine schöne Relation, könnte man meinen, bis man den Weg in den Keller antritt. Laut Stromzähler hat die Wärmepumpe im August 30 kWh Strom verbraucht. Die Relation zwischen eingesetzter elektrischer Energie und gewonnener Wärmeenergie lag im August also nur bei ca. 1 : 3 – dafür hat der Bauherr so viel Geld in die Hand genommen? Das kann doch wohl nicht wahr sein. Entweder lügt die Wärmepumpe nicht nur bei Angabe der verbrauchten elektrischen Energie, sondern auch bei der Angabe der abgelieferten Leistung – oder sie ist ihr Geld nicht wert. Das mit der Firma Büring auszudiskutieren ist nicht die angenehmste Perspektive für die 36. Kalenderwoche; aber vielleicht kann man sich von dem noch anstehenden Feintuning der Anlage Besserung versprechen?
4.9.2023:
Terminvereinbarung mit Firma Büring für die 36. Kalenderwoche. Am Telefon kurze Erklärung zu den Differenzen bei der Darstellung des Verbrauchs von elektrischer Energie durch die Wärmepumpe: Die ViCare-App zeige für den Monat August mit 20 kWh nur den Stromverbrauch des Verdichters an; beim Zugriff der Firma Büring auf die Wärmepumpe mit einem anderen Tool werde ein Verbrauch von 23 kWh angezeigt gegenüber der Anzeige des hauseigenen Stromzählers in Höhe von 30 kWh – es ist offensichtlich kompliziert.
4./5.9.2023:
Viessmanns ViCare-App meldet, dass die Anlage ein Problem hat. Die Wärmepumpe ist angeblich nicht mit dem Internet verbunden. Dies Problem kennt der Bauherr bereits von Viessmanns Gas-Brennwertkessel, auch der war in der Vergangenheit oft genug offline.
Am 5.9.2023 ist das Problem dann plötzlich behoben, die Wärmepumpe ist wieder online. Das Verhalten von Anlage oder App bleibt aber rätselhaft. Nachdem die App über mehrere Tage keinen Stromverbrauch der Wärmepumpe angezeigt hatte, meldet sie jetzt unter „Analyse“ für die ersten fünf Septembertage jeweils den exakt gleichen Stromverbrauch: Vom 1. bis zum 5. September soll die Wärmepumpe insgesamt 5,14 kWh Strom verbraucht und 26, kWh Wärme geliefert haben, jeden Tag genau dieselben Werte in genau derselben Relation zwischen Aufwand und Ertrag. Das ist himmelschreiend unplausibel. Der Bauherr wundert sich schon gar nicht mehr: Ist der Ruf (Viessmanns) erst ruiniert…
8.9.2023:
Besprechung mit Firma Büring vor Ort. Die unplausiblen Temperatur-Messwerte für den solar beheizten Warmwasser-Speicher (oben kälter als unten) werden durch eine ungewollte Schwerkraft-Zirkulation verursacht; in diesen Kreislauf soll eine Sperre eingebaut werden.
Die Differenzen bei der Anzeige der Warmwasser-Temperatur im Pufferspeicher werden durch eine unsachgemäß verlegte Fühler-Leitung verursacht: Die Leitung liegt zusammen mit 230V-Leitungen in einem Kabelkanal und soll in einen getrennten Kabelkanal verlegt werden.
Die Differenzen bei der Anzeige der Außentemperatur durch Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe sollen durch Neumontage der beiden Fühler am selben Ort (Nordseite des Hauses) weitgehend beseitigt werden; Viessmann schafft es nicht, beide Geräte auf denselben Fühler zugreifen zu lassen.
Die im Heizungskeller unnütz vor sich hin laufende Pumpe besorgt – mitten im Sommer – die Zirkulation des Heizungswassers vom Pufferspeicher durch die Heizkörper und zurück. Es ist die dritte Pumpe im System, Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe schicken mit je einer eigenen Pumpe die Wärme in den Pufferspeicher. Die dritte Pumpe muss noch – nach Rücksprache mit Viessmann – richtig ins System eingebunden und nach dem hydraulischen Abgleich fein eingestellt werden.
Terminplanung: Durchführung dieser abschließenden Arbeiten am 14.9.2023.
Donnerstag, 14.9.2023:
Heute sollen alle verbliebenen Probleme gelöst werden. Drei Fachkräfte sind von 7.45h bis 14.00h im Einsatz. Die unerwünschte Schwerkraft-Zirkulation im Zulauf des Warmwasserspeichers, die das warme Wasser im solar beheizten Speicher umschichtet (und Wärme aus dem Speicher heraus befördert), wird durch den Einbau eines KFR-Ventils als Schwerkraftbremse gestoppt. Am Nachmittag ist die Temperatur im Speicher unten 7°C höher als oben, gegen Abend sind es noch 6°C – mal schauen, wie es morgen aussieht.
In der Steuerung der Heizungs-Zirkulation wird eine Platine ausgetauscht, damit sie sich mit Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe versteht und nicht unnütz im Sommer läuft.
Die Außentemperaturfühler von Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe werden demontiert und direkt nebeneinander an der Nordseite des Gebäudes montiert, sie werden neu mit einer abgeschirmten Verkabelung (CAT7-Kabel) angeschlossen. Die Differenz zwischen den Messwerten (Gas-Brennwertkessel gegen Wärmepumpe) schrumpft erwartungsgemäß auf 0,1 bis 0,2°C.
Ein Temperaturfühler des Puffer-Speichers wird neu verkabelt (das Kabel war vorher direkt neben 230V-Kabeln verlegt). Auch hier schrumpft die Differenz der Messwerte von Gas-Brennwertkessel und Wärmepumpe auf Werte unter 1°C.
Im hydraulischen Abgleich werden die Heizkörper-Thermostatventile im ganzen Haus voreingestellt, angepasst an den Wärmebedarf der einzelnen Räume.
Außen schützt nun ein leichtes Gitter die empfindliche Saug-Seite der Wärmepumpe.
Alles fertig, alles gut? Ab jetzt muss die Hybrid-Wärmepumpe zeigen, dass sie ihr Geld wert ist: Die Schlussrechnung der Firma Büring steht noch aus, und der Zuschuss des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle muss abgerufen werden.
Freitag, 15.9.2023:
Nach einem Tag Sonnenschein und Betrieb der Solaranlage zeigt sich: Der Handwerker-Einsatz vom Vortag hat nicht alle Probleme gelöst. Nach wie vor zeigt die Solaranlage an, dass es in dem Brauchwasser-Speicher, der unmittelbar (und nur) mit den Sonnenkollektoren auf dem Dach beheizt wird, im unteren Bereich wärmer als im oberen – es müsste genau anders herum funktionieren. Die Temperaturdifferenz ist sogar auf 9°C angestiegen. Da muss Büring wohl noch einmal ran: Sind die Temperatur-Fühler vertauscht oder falsch angeklemmt, oder steckt ein anderes Problem dahinter?
Sonntag, 17.9.2023:
Die weitere Beobachtung der Solaranlage an den Folgetagen bestätigt das Problem. Bei Sonnenschein, nach mehreren Stunden Betrieb der Solaranlage ist es laut Display der Solaranlage im Speicher unten immer deutlich wärmer als oben. Mal sind es 8°C; mal sind es nur 6°C, während gerade warmes Wasser gezapft wird.
(Wird fortgesetzt)
Kommentare
Gustav Förster #
Vielen Dank für diesen interessanten Bericht, der für mich hilfreich sein wird, wenn unsere vor 13 Monaten bestellte Viessmann Wärmepumpe endlich geliefert werden sollte.
Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Jürgen Klenk #
In zwei Wochen wird unsere Viessmann Wärmepumpe (bestellt vor 14 Monaten) installiert. Ihr ausführliches Tagebuch ist für uns eine gute Vorbereitung auf die Ereignisse die auf uns zukommen. Vielen Dank dafür. Zur Temperaturmessproblematik sagt meine Erfahrung, dass es häufig schwierig ist zwei Temperaturmessungen abzugleichen. Möglicherweise ist es sinnvoll nur eine Außentemperaturmessung für beide Systeme zu nutzen. Freue mich auf die Fortsetzung.
Guido Bergmann #
„Vom 1. bis zum 5. September soll die Wärmepumpe insgesamt 5,14 kWh Strom verbraucht und 26, kWh Wärme geliefert haben, jeden Tag genau dieselben Werte in genau derselben Relation zwischen Aufwand und Ertrag.“ Meine Erklärung dafür: Strom- und Wärmezähler haben richtig gemessen, aber nur bis zum 1. und nach dem 5. September hat die App Werte bekommen. Dann hat sie den Verbrauch im Nachhinein gleichmäßig aufgeteilt. Das entspricht nicht der Wirklichkeit, ist aber die beste mögliche Schätzung.
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