Stadthalle Hiltrup: Alle Jahre wieder…

… wird mit irreführenden Zahlen hantiert.

Es geht um viel Geld. Millionen von Euro. Wie beim Monopoly wird mit Geld herumgeworfen, nur einen winzigen Unterschied gibt es. Die Protagonisten reden nicht über Spielgeld, sie wollen echtes Geld ausgeben. Geld, das die Stadt Münster gar nicht hat; Geld, das der Kämmerer sich bei der Bank leihen soll, Geld, für das noch die nächste Bürger-Generation von Münster gerade stehen soll.

Jedes Jahr aufs Neue tun sich die immer gleichen Akteure zusammen und blasen die Posaune: Wir wollen eine riesige Stadthalle in Hiltrup, so groß wie möglich. Und weil man für so ein kostspieliges Spielzeug – und dafür, dass andere Leute das bezahlen sollen! – irgendeine Begründung braucht, kramt man Zahlen zusammen. Völlig ausgebucht sei die alte Hiltruper Stadthalle, jedes Jahr kämen mehr Buchungsanfragen, heißt es dann, und wenn man dies Spiel über die Jahre verfolgt, kennt man inzwischen diesen immer wieder verwendeten Textbaustein.

„Die Halle boomt“ hört man dann immer wieder, „alles im Soll“, und das Kernproblem wird diskret verpackt mit einem rosa Schleifchen, auf dem „International statt lokal“ steht. Das Kürzel bringt das Dilemma der Hiltruper Halle auf den Punkt. Hiltruper Initiativen und Kulturschaffende brauchen die 700m² der Stadthalle eigentlich nicht, für sie ist der Kulturbahnhof Hiltrup die bessere Adresse. Das Vakuum von Nachfrage aus dem Ortsteil Hiltrup wird seit Jahren zum Beispiel mit orientalischen Hochzeitsfeiern gefüllt. Dafür kommen die Gäste von weit her, und sie kommen nur deshalb, weil die Hiltruper Halle billig verramscht wird.

Das geht so lange, wie man ein inzwischen radikal abgeschriebenes Gebäude dafür nutzt. Wer keine Abschreibung mehr erwirtschaften muss und nicht investiert, kann mit niedrigen Raummieten werben, kann Familienfeiern aus dem Ruhrgebiet anlocken.

Problematisch wird das Ganze, wenn man über Investitionen im großen Stil redet. In der Debatte über dies Thema stimmt aber schon die Reihenfolge nicht. Bevor man ein Haus baut oder grundlegend saniert – denn die alte Halle ist heruntergewirtschaftet, die Technik am Ende -, ist zuerst der Verwendungszweck zu diskutieren: welche Nutzung soll das Haus ermöglichen?

Diese Debatte ist in Hiltrup nie wirklich geführt worden. Eine Ursache für dies Manko bietet sich schon auf den ersten Blick an: Es gibt aus Hiltruper Sicht den Bedarf für die große Halle gar nicht. Diese Feststellung ist das nüchterne Ergebnis der Bürgeranhörung von Mitte 2017 und mag sich zuerst einmal provokant anhören; aber nur so ist zu erklären, dass es keine breite öffentliche Diskussion über die zukünftige Nutzung gibt. Stattdessen verkünden regelmäßig der Leiter der Bezirksverwaltung als Hallenverwalter und die Lokalzeitung die Triumphmeldungen über den Boom der orientalischen Hochzeiten in Hiltrup – sonst vermisst niemand die Halle.

Sie finden diese Sicht der Dinge überspitzt? Cum grano salis ist sie mindestens. Und selbst wenn man solche Überlegungen empörend findet, selbst wenn man eine so große reine Veranstaltungshalle für nicht überzogen hält und anders als manche Kleinstadt die Nutzung von Schulaulen ablehnt: Wie rechnet sich das Spiel, wenn man investiert?

Bekanntlich will Münsters CDU erst bauen und dann nachdenken, obwohl mit ihren Stimmen im Haupt- und Finanzausschuss des Rates am 17.5.2017 etwas ganz anderes beschlossen worden ist: „Die Verwaltung wird beauftragt, in enger Einbindung des MCC Halle Münsterland, ein Konzept für eine inhaltliche Ausrichtung einer künftigen, bedarfsgerechten Bürgerhalle mit einer Saalfläche von 700 m² nebst Bühne und entsprechenden Nebenräumen auf dem heutigen Grundstück der Stadthalle Hiltrup zu erstellen und ein daraus abgeleitetes Raumprogramm zu entwickeln.“ Wozu anzumerken bleibt, dass eine Festlegung auf 700m² vor Verabschiedung eines Nutzungskonzepts eine reine Fantasiezahl ist, aus dem hohlen politischen Bauch sozusagen.

Egal, ob man erst ein Nutzungskonzept entwickelt und dann baut oder andersherum, eine modernisierte oder neu gebaute Halle verursacht erheblich höhere Kosten als die alte. Nach dem Bauen steht die Halle mit ihrem neuen Wert in den Büchern und muss abgeschrieben werden, dann ist es aus mit den Discountpreisen für die orientalischen Hochzeiten. Oder die Münsteraner Bürger subventionieren die Familienfeiern des Ruhrgebiets.

Diese Konsequenzen verschweigen die Stadthallen-Freunde beharrlich. Dem Steuern zahlenden Bürger sollten sie aber nicht gleichgültig sein: Wofür sind wir bereit zu zahlen? Für eine leer stehende Stadthalle, die den Hochzeitsgesellschaften dann zu teuer ist? Für das Defizit im laufenden Hallenbetrieb, wenn die Preise künstlich niedrig gehalten werden?

Floskeln wie „International statt lokal“ verschleiern dies Problem. Von der Verwaltung kann man nicht erwarten, dass sie entschieden Stellung bezieht. Sie weiß es besser und tut trotzdem, was der Rat beschließt. Der Rat ist gefordert, er muss den Bürgern sagen, wie viel und wofür sie in Zukunft zahlen sollen, viele Jahre lang.