Herr Weber und die Stadthalle Hiltrup
Erst wollte Münsters CDU uns mit Cannabis besoffen machen, und jetzt erzählt Fraktionschef Weber Märchen zur Hiltruper Stadthalle – drastischer kann man die Politik der CDU in Münsters Rathaus kaum beschreiben.
Das Projekt der kostenlosen Cannabis-Verteilung ist ja nun zum Glück von der zuständigen Bundesbehörde gestoppt worden, aber bei der Stadthalle in Hiltrup gibt es leider keine Aufsichtsbehörde; das Bundesamt für Vernunft und Ehrlichkeit in der Kommunalpolitik muss erst noch gegründet werden.
Die Hiltruper Stadthalle hatte schon vor ihrem Bau einen schlechten Start. Das Projekt war ein Racheakt. Der Rat der ehemals selbständigen Gemeinde Hiltrup litt unter Größenwahn, den Rohbau einer Veranstaltungshalle und eines Restaurants für 1000 Gäste legte der Gemeinderat als Kuckucksei ins Nest, bevor Hiltrup nach Münster eingemeindet wurde. Das war 1975, und der münstersche Rat legte die Baustelle sofort still.
Bis heute krankt die Diskussion daran, dass der Stadtteil Hiltrup keinen so großen Saal braucht. Und dass die CDU nicht zu ihren Fehlern stehen mag.
Über 40 Jahre wird seitdem herum geeiert. Der Rohbau von 1975 wurde ohne klares Konzept fertig gebaut, als missglückte eierlegende Wollmilchsau. Schule ist wichtig, also kamen Klassenzimmer rein; Kultur ist wichtig, also zog die Volkshochschule ein; Soziales ist wichtig, also zogen Caritas und Hörbehinderte ein. Und was machen wir mit dem zu großen Saal?
Die Verwaltung übte sich in Vertuschung. Statistiken wurden angefertigt, allerdings erst auf nachhaltiges Drängen der Bezirksvertretung. Und siehe: große Events mit einem Hiltruper Bezug gab (gibt) es fast gar nicht. Damit der Saal nicht leer steht, wurde er zu Kampfpreisen an Hochzeitsgesellschaften aus dem Ruhrgebiet vermietet. Weight Watchers und Fortbildungen der Apothekerkammer machten sich breit, kleine Grüppchen in kleinen Räumen. Die Verwaltung schwelgte in Nutzungszahlen, aber es steckte kein öffentlicher Bedarf des Stadtteils für eine große Halle dahinter.
Die Hiltruper Vereine wurden befragt, und sie winkten ab beim Thema „großer Saal“: brauchen wir nicht. Nur der Männergesangverein machte sich – naturgemäß lautstark – für den großen Saal stark, sang aber durchaus auch im naheliegenden Winfried-Borgmann-Forum. Das ist ein mittelgroßer Saal mit Bühne im Schulzentrum, aber das Gymnasium sperrt sich gegen außerschulische Nutzung: rund um die Uhr werde das Forum schulisch genutzt, erklärte die damalige Schulleiterin. Wer dort vorbeispaziert, sieht eine andere Realität.
Und wenn du nicht mehr weiter weißt: ein Arbeitskreis von Mitgliedern der Bezirksvertretung (alle Parteien waren beteiligt!) und der Verwaltung arbeitete den Sachverhalt auf. Prüfte Nutzungszahlen, ließ sich den Reparaturbedarf des Gebäudes beziffern; seit Jahrzehnten hatte die Verwaltung nicht mehr ausreichend investiert, die Gebäude-Infrastruktur ist „auf“. Ein Architekt wurde für gutes Geld beauftragt, Alternativen für einen Umbau zu entwickeln, und nach sorgfältiger Prüfung stand fest: Umbau und Anpassung an eine realistische kleinteilige Nutzung sind möglich, aber teuer. Der Umbau ist die teuerste aller denkbaren Lösungen. Eine genaue Kostenermittlung legte er nicht vor, dafür wäre eine detailliertere Planung erforderlich gewesen, aber schnell stand eine Schätzzahl im Raum: 14 Millionen Euro, so viel könne der Umbau wohl kosten. Abbruch und Neubau wurden ebenfalls geschätzt, diese Lösung wäre wesentlich billiger.
Eine Hausaufgabe hatte die Verwaltung allerdings nicht gemacht. Die Bezirksvertretung hatte ausdrücklich die Interessen der benachbarten Schulen betont und einen Bedarfsplan angefordert, hatte gefragt, wie viele zusätzliche Klassenräume außerhalb der vorhandenen Schulgebäude gebraucht werden. Um diese Antwort, die zugegeben nicht einfach ist, drückt sich die Verwaltung seit 10 Jahren.
Einfache Lösungen gibt es also nicht, aber es gibt gangbare Wege. Die bauliche Verbindung von Veranstaltungshalle, wechselnden Verlegenheitsnutzungen, einer an dieser Stelle unattraktiven Gastronomie und Schule hat sich nicht bewährt und keine Zukunft. Eine teilbare und an den Bedarf der Hiltruper Vereine und Initiativen flexibel anpassbare Halle kann auf dem Grundstück sofort gebaut werden, zu einem vertretbaren Preis. Für einen weiteren Neubau, der schulische Nutzungen bedarfsgerecht aufnehmen kann, ist das Grundstück groß genug.
Die Rolle der CDU im Rat ist, das sieht man hier mal wieder, schwierig. Der CDU-Bezirksbürgermeister kämpft seit vielen Jahren für den Neubau als vernünftige Lösung. Der CDU-Ratsherr aus Hiltrup hat sich in der Vergangenheit bedeckt gehalten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Rat hat es schwer mit den Grünen als Koalitionspartner. Will die CDU den Haushalt 2018 durch den Rat bringen, braucht sie den Koalitionspartner. Wenn der seine Zustimmung zum Haushalt an die Zustimmung der CDU zu Umbau statt Neubau der Stadthalle bindet, dann ist Lavieren angesagt.
Lavieren und Taktieren, nicht anders kann man den jüngsten Beschluss nennen. 100.000 Euro für den nächsten Architektenauftrag, um Umbaumöglichkeiten aufzuzeigen: das ist teures Zeitschinden. Hier wird Geld der Stadt Münster verschwendet, um die Zeit bis zur nächsten Kommunalwahl zu überbrücken. So lange Gutachten einholen, bis ein anderes Wahlergebnis andere Beschlüsse zulässt, das ist wohl die Devise.
Herr Weber als Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion schlägt jetzt um sich, der Dauerärger mit den Grünen hat ihn dünnhäutig gemacht. Weber versucht, mit einer Pressemitteilung (Westfälische Nachrichten vom 27.11.2017) den FDP-Vertreter in der Hiltruper Bezirksvertretung lächerlich zu machen, nur weil dieser schlicht und einfach an die Fakten erinnert (Westfälische Nachrichten vom24.11.2017). Aber wer mit dem spitzen Finger auf andere zeigt, dessen andere vier Finger zeigen auf ihn selbst – das hat Weber nicht bedacht. Da kommt Frau Bühl ganz schön in die Klemme; als frühere CDU-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung Hiltrup kennt sie Fakten und Diskussion um die Stadthalle viel zu genau, um als jetzige Ratsfrau ohne schlechtes Gewissen für diese neusten schwarz-grünen Kapriolen zu stimmen.