700 Quadratmeter - und jetzt?

Stadthalle Hiltrup: Gegenstand des Bürger-Dialogs der SPD-Ratsfraktion (4.7.2017; Foto: Klare)
Stadthalle Hiltrup: Gegenstand des Bürger-Dialogs der SPD-Ratsfraktion (4.7.2017; Foto: Klare)

Bürger-Dialog zur Stadthalle Hiltrup: Wenig Interesse, viel Nostalgie

Hiltrup hat zwei Dauerthemen: was wird aus dem Bahnhofsumfeld, und was wird aus der Stadthalle. Rund um den Bahnhof gehen die Bauarbeiten dem Ende entgegen, demnächst kommt noch Ersatz für die alte Prinzbrücke, dann ist erst einmal Ruhe. Keine Ruhe gibt es rund um die Stadthalle.

Die SPD im Rat der Stadt Münster hatte sich vor über einem Jahr für einen Neubau stark gemacht: Befragung der Bürger, Durchführung eines Wettbewerbs, Bau eines neues Stadtteilzentrums sollten die Bausteine sein. Ein halbes Jahr später schloss die CDU sich der SPD mit einem fast identischen Antrag an: ein Neubau soll kommen. Der Haupt- und Finanzausschuss des Rates fasste dazu am 17. Mai 2017 einen Richtungsbeschluss: „Die Verwaltung wird beauftragt, … ein Konzept für eine inhaltliche Ausrichtung einer künftigen, bedarfsgerechten Bürgerhalle mit einer Saalfläche von 700 m² nebst Bühne und entsprechenden Nebenräumen auf dem heutigen Grundstück der Stadthalle Hiltrup zu erstellen und ein daraus abgeleitetes Raumprogramm zu entwickeln.“ Mit dieser Planung soll die Machbarkeitsstudie für eine Erweiterung der Johannes-Gutenberg-Realschule Hiltrup zeitlich abgestimmt werden.

Das ist ein ungewisser Zeithorizont: Planung kann dauern, insbesondere wenn die zwei Projekte „Halle“ und „Realschule“ miteinander verbunden werden. Und was geplant ist, ist damit noch lange nicht finanziert.

Die Stadthalle ist bekanntermaßen marode, die Gebäudetechnik am Ende: was wird, wenn in den nächsten Jahren eine größere Reparatur nötig wird?

Der Rat sieht das ganz nüchtern: „Es wird zur Kenntnis genommen, dass die auf mittelfristige Sicht weiterhin erforderliche … Nutzung aufgrund des Zustandes des Gebäudes und der technischen Einrichtungen mit Risiken verbunden sein wird. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wird das Objekt – zur Aufrechterhaltung der aktuellen Nutzung – mit minimalen Reparaturmaßnahmen betriebsbereit gehalten. … Für den Hallenbetrieb kann dies nur bedingt bzw. nicht sichergestellt werden.“

Anders gesagt: der Halle droht im schlimmsten Fall kurzfristig das Aus. Ersatz steht an einem sehr fernen Horizont.

Umso dringlicher ist es, das „Konzept für eine inhaltliche Ausrichtung“ der zukünftigen Halle vorzubereiten. Die SPD-Ratsfraktion hatte deshalb am 4.7.2017 zum Bürger-Dialog eingeladen, die Westfälischen Nachrichten hatten den Termin (im zweiten Anlauf sogar richtig) veröffentlicht.

Nur 25 Zuhörer: für die Zukunft der Hiltruper Stadthalle interessierten sich nicht Viele (4.7.2017; Foto: Klare)

Nur 25 Zuhörer: für die Zukunft der Hiltruper Stadthalle interessierten sich nicht Viele (4.7.2017; Foto: Klare)

Die erste Erkenntnis bedurfte keiner besonderen Anstrengung: die Zukunft der Stadthalle ist fast allen Hiltruper Bürgern ziemlich schnurz-piepe. Ganze 25 Zuhörer hatten den Weg in die Stadthalle gefunden, hauptsächlich Vertreter einiger Hiltruper Vereine und Initiativen.

Die zweite Erkenntnis kann man daran festmachen, an welchen Stellen es Beifall gab: die Oberhand in dieser kleinen Runde hatte die Nostalgie. „Nach 40 Jahren nicht abreißen“ hieß es, „Vielseitigkeit der Nutzung ist nur in der alten Halle möglich, die Politiker sollen sich das erst mal ansehen“, „die Stadt gönnte uns die Halle nicht“, „Hiltruper Bürger nicht beschneiden, man darf das nicht unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten betrachten“, „erhaltenswertes historisches Bauwerk“.

Dr. Michael Jung, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, im Bürger-Dialog (4.7.2017; Foto: Klare)

Dr. Michael Jung, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion, im Bürger-Dialog (4.7.2017; Foto: Klare)

Diesen Emotionen trat SPD-Fraktionsvorsitzender Jung mit einem nüchternen Hinweis auf den Sachverhalt entgegen: nicht „die Politik“ will die alte Halle abreißen, sondern nach Feststellung der Verwaltung ist die Sanierung und Erhaltung des alten Gebäudes bei einer Lebensdauerbetrachtung nicht sinnvoll. Gefragt sind in dieser Situation Hinweise und Ideen der zukünftigen Nutzer, um eine maßgeschneiderte Planung vorzubereiten.

Hier vertraten die Vereine ihre Interessen. Der Schwerhörigenverein möchte als Mieter bleiben, er braucht speziell ausgestattete Räume, 200 m² würden ihm für 50 Leute reichen. Der Männergesangverein braucht (kleinere) Probenräume und einmal im Jahr eine große Halle. Die Karnevalsgesellschaft sucht einmal im Jahr einen Raum mit 350 Sitzplätzen. ZWAR fordert Räume für 20 bis 50 Personen. Für eine Investition von sicher über 10 Mio. Euro war das die Bedarfsanmeldung.

Übereinstimmung gab es schnell bei der Frage, ob das Management des neuen Stadtteilzentrums in Zukunft durch die Halle Münsterland GmbH erledigt werden soll. „Die nicht“ schallte es geschlossen aus dem Publikum.

Gastronomie ja oder nein?, hier wurde lange diskutiert. Eine Gaststätte wäre schön, mit Außengastronomie läuft das, auch ein paar Kegelbahnen wären nicht schlecht, meinten einige – aber keiner wollte zukünftigen Pächtern eine Existenzgarantie geben mit der verpflichtenden Beteiligung an Veranstaltungen: da wollen sich doch alle lieber selbst ums Catering kümmern oder sogar selber ausschenken und servieren, „sonst rechnet sich das für uns nicht mehr“. Vor Jahren hat der letzte Pächter diese Quadratur des Kreises schon nicht hinbekommen, danach hat sich keiner mehr getraut…

Was als großes Problem völlig offen im Raum steht: Lösungen zur Überbrückung von mehreren Jahren Abbruch- und Bauzeit sind noch nicht einmal ansatzweise in Sicht – und wären auch dann nötig, wenn statt Abriss eine Sanierung durchgeführt würde. Wenn die SPD-Fraktion von diesem Abend die Dringlichkeit dieser Frage mitnimmt und von der Verwaltung Lösungen einfordert, dann haben die Hiltruper Vereine etwas mehr Rückenwind.