Grüne auf dem Rückzug
Es ist Mittag an einem Schultag, und die Max-Winkelmann-Straße in Hiltrup sieht aus wie immer. Eine stille Wohnstraße, vereinzelt parken Autos am Straßenrand, ab und zu wenige Fußgänger, vereinzelt Radfahrer. Errötet ist die Straße, sonst hat sich bisher nichts geändert. Ein eher beschauliches Wohnviertel, ruhig, keine Konflikte. Auch zwischen Autofahrern und Radfahrern gibt es keine Konflikte. Das liegt nicht an der umweltbelastenden roten Farbe, das war schon immer so.
Ein Shitstorm weht den Grünen entgegen. Sie haben das Projekt Fahrradstraße im Rat durchgedrückt, ohne sich vorher an der Max-Winkelmann-Straße umzusehen. Die Grünen haben dafür gesorgt, dass die Rot-Maler hier überfallartig erschienen. Nur zwei Tage hatten die Anwohner Zeit, dann hieß es: Autos weg. Ab Herbst für immer.
Fast 1000 Unterschriften haben die Anwohner gesammelt. Die rote Farbe ist nicht mehr wegzukriegen, aber das absolute Halteverbot ohne jede Ausnahme, das lassen sich die Hiltruper Bürger nicht so einfach bieten.
Die einzigen, die sich vor Ort umgesehen, mit den Anwohnern gesprochen und sofort Unterstützung angeboten haben, waren die Vertreter der SPD. Den Schwarzen und den Grünen im Rat verschlug es zuerst einmal die Sprache. Mit so großer Wut hatten sie nicht gerechnet, dazu noch kurz vor der Kommunalwahl: Auf dem Stimmzettel kann es eine schnelle Antwort geben für solche Ignoranz gegenüber den Bürgern.
Wo die CDU-Vertreter aus Hiltrup sich langsam aufrappelten (und ihr Einfluss im Rat ist notorisch gering), da schwiegen die Grünen zunächst. Als aber selbst die eigenen Leute gegen den Unsinn revoltierten, stieg der Druck – bis die Sorge um die Stimmen bei der Kommunalwahl den Verstand ausschaltete. Irgendetwas musste man den Anwohnern anbieten, da fiel ihnen eine schöne neue Vokabel ein. Quartierparken. Die Anwohner sollten sich mit den Pendlern um die Parkplätze am Bahnhof streiten.
Das war wohl nichts. Mit solchen ungaren Vorschlägen stachelten die Grünen die Wut der Bürger nur weiter an. Es wird jetzt langsam brenzlig für die Grünen in Hiltrup, eine neue Idee musste her. Und Gesichtswahrung: Man kann den selbstverzapften Unsinn doch nicht einfach einstampfen!
„Einzelfallregelung“ und „Anwohnerparken“ schallt es jetzt aus der grünen Ecke, berichten die WN (13.8.2020). Und damit das nicht allzu deutlich nach Rückzug aussieht, wird es mit weiteren krausen Ideen garniert. Verbesserte Aufenthaltsqualität, Sitzbänke und mehr Grün fordern die Grünen jetzt für die Max-Winkelmann-Straße. Das macht noch einmal deutlich, wie wenig sie sich vor Ort umgesehen haben.
Die „verbesserte Aufenthaltsqualität“ ist seit Jahrzehnten ein Thema auf der Marktallee. Wer dazu ins Archiv schaut, wird bergeweise Anträge und Ideen finden – alle gescheitert an fehlendem Platz. Und auf der Max-Winkelmann-Straße sollen jetzt die Bänke stehen, hier sollen die Menschen sich im öffentlichen Raum aufhalten und versammeln?
2,40 Meter misst der Gehweg auf dem Foto in der Breite, neben den Baumscheiben nur noch 1,10 Meter. Das ist die Mindestbreite, damit alle die noch durchkommen, die auf Kinderwagen, Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind. Auf den restlichen 1,30 Meter sollen jetzt Bänke stehen? Und noch eine Frage: Wer soll da denn überhaupt sitzen? Tatsächlich werden diese 1,30 Meter zum Parken genutzt. Solange die geparkten Autos nicht zu weit auf den Gehweg auffahren, ist das ein vertretbarer Kompromiss: Den Fußgängern bleibt genug Platz und auch den Radfahrern auf der Fahrbahn.
„Mehr Grün“ ist eine immer wohlfeile Forderung. Wer grün in den Rat will, muss mehr Grün fordern. Schön. Die vorhandenen Baumscheiben an der Max-Winkelmann-Straße sehen aus, wie Baumscheiben eben aussehen: Vertrocknet, struppig, ungepflegt, usselig. So soll jetzt die ganze Straße aussehen? Und das soll grüne Politik sein? Die Stadt wird vergrößerte Baumscheiben an der Max-Winkelmann-Straße genauso wenig pflegen wie bisher. Die Anwohner werden es voraussichtlich auch nicht tun – schon an der Marktallee tun sich die Anwohner, die Inhaber der Läden und Praxen außerordentlich schwer, mal ein paar Blümchen zu pflanzen und sie regelmäßig zu pflegen.
Die Wahrheit ist, dass zusätzliches öffentliches Grün an der Max-Winkelmann-Straße eine Schnapsidee ist. Eine Schnapsidee mit Kollateralschäden, denn die Anwohner sollen ja nach dem Willen der Grünen ihre Vorgärten betonieren und dort Parkplätze schaffen.
Ach je. Gibt es denn gar keine vernünftigen Leute, die in den Rat wollen?