1.10.2021: Moonlightshopping
Kulturelles Leben und Einzelhandel haben einiges gemeinsam: Corona hat erst Stillstand gebracht, danach folgt ein mühsamer Neubeginn. Viel ist ins Internet abgewandert, sowohl Lesungen als auch Einkauf. Aber Vergnügen mit allen Sinnen macht nur der persönliche Kontakt, Künstler und Kleidung wollen aus der Nähe wahrgenommen werden. Die Kultur holt sich mühsam ihr Publikum zurück, und die Kaufleute – rufen 2021 wieder zum Moonlightshopping. Moonlight-Heimat-Shopping hieß das 2018, und auch 2017 hatten die Kaufleute eingeladen.
Hiltrups Marktallee ist voller Flaneure an diesem Abend, und mittendrin: St. Clemens.
Ein wenig Licht verwandelt die Fassade, …
…, und im Inneren gibt es einen Hauch von Magie zu spüren. In seltsamem Kontrast dazu strahlt von der Videoprojektion ein tapferes „uns gibt es noch“, danach das Zahnpastalächeln einer jungen Frau.
Draußen leuchten viele Lichter, vor den Geschäften blaken allerlei Fackeln vor sich hin.
Lichterketten und die vielen Lichtpunkte der Stadt konkurrieren miteinander, …
…, anderswo steht einfach eine große Kerze auf dem Boden.
Vielfalt ist angesagt, und natürlich auch Wiedererkennungseffekte: Die lange Theke mit den vielen Licht-Objekten darauf, das muss doch Raring sein.
Das Gesteck mit Kerze vor der Tür, das ist doch sicher … der Schuhpark, auch diese Art der Dekoration ist bald ein Markenzeichen.
Dann gibt es natürlich noch ein paar Hilfslichter, die sich unaufhaltsam (?) ausbreiten. So lästig sie auch sonst sein mögen, heute sind sie Teil der Licht-Installation, …
…, und auch der echte Hund vor der Buchhandlung lässt sein Licht leuchten.
Andere vertrauen schlicht auf die Leuchtkraft ihres Namens, …
…, da können die Fackeln vor der Tür nicht so recht mithalten, …
…, und auch an anderer Stelle überstrahlt die Werbung alles andere.
Die Marktallee ist voll. Es ist nicht das Gedränge, wie man es vom Frühlingsfest kennt, aber es ist richtig Betrieb.
Vor den Cafés treffen sich die Menschen, das Rudelsingen lockt eine große Menschentraube vor Dessous und Meer.
Woher duftet es so süß nach Popcorn – vor der Buchhandlung steht ein Stand, wo man sonst eher Lesefutter sucht.
Im Jahr 2019 hatte es zum Moonlightshopping noch Katzen und Hunde geregnet, da war die Tausendundeine-Nacht-Lesung des VorLeseClubs im Kulturbahnhof noch Zufluchtsort (2021 liest der VorLeseClub dort am 8. Oktober Fabeln und Märchen). 2021 ist ein Regenschauer gegen 20h kein Hindernis. Sehr dicht gedrängt sind die Besucher draußen. Wären Masken auch hier vielleicht sinnvoll?
Über allem liegt eine angenehm entspannte Stimmung, beinahe ein Gefühl der Befreiung: Es geht wieder etwas!
Mittendrin gibt es weitere Orte der Stille. Bunt bemalte Steine warten auf einem Mini-Stand auf Käufer, …
…, und wer kennt nicht den Bratwurst-Mann? Wie ein Fels in der Brandung steht er vor Woolworth. Welches Buch er wohl gerade liest?
Die Lesende vor der Buchhandlung liest jedenfalls immer noch das eine mit den geheimnisvollen Schriftzeichen, sie lässt sich von dem bunten Rummel nicht beeindrucken.
Diese Stille, dies Luft-Anhalten zwischen schwungvoller Bewegung und Einhalten gibt uns auch die afrikanische Skulptur mit auf den Heimweg. Wirkungsvoll leuchtet sie aus dem Schaufenster des früheren Frisiersalons Heßling; ein kurzer Stopp, bevor auch hier der Bagger kommt.
So abgegriffen die Idee des Moonlightshopping auch ist: Dieser Abend ist eine Bereicherung für Hiltrup, und man kann nur hoffen, dass er auch den Kaufleuten der Marktallee Rückenwind gegeben hat.