Harte Bandagen im Telefon-Markt
Wenn ein alter Mensch stirbt und ein genauso alter Mensch zurück bleibt, gibt es viel zu regeln. Still und leise bucht 1&1 weiter Geld vom Konto ab für einen Handyvertrag und für einen weiteren Vertrag, eine Datenflatrate, die gegenstandslos geworden ist. Die Witwe schickt eine Sterbeurkunde an 1&1, und es passiert nichts. Der Vertrag läuft weiter auf den Namen des Toten, das Geld wird weiter abgebucht, die Witwe hat anderes zu tun. Zwei Jahre später kümmert die Familie sich um die Umschreibung des Handyvertrags und bestellt bei 1&1 auch ein neues Handy. Dabei fällt der gegenstandslos gewordene zweite Vertrag mit 1&1 auf, die Witwe kündigt ihn per Email.
Dann geschieht wieder nichts. Drei Wochen später fragt die Familie im Callcenter von 1&1 an, wo das bestellte Handy bleibt. Da heißt es erst, es sei im Versand. Ein paar Tage später heißt es plötzlich, es gebe Lieferschwierigkeiten. Und die Kündigung des gegenstandslosen Zweitvertrages, die sei einfach unwirksam. Da stehe die falsche Vertragsnummer in der Kündigung.
Perplex ist man erst einmal, wenn man mit so viel Dreistigkeit konfrontiert ist. Klar gibt es Lieferprobleme bei den Handy-Herstellern, sie sind vom Halbleitermangel genauso betroffen wie die Autohersteller. Aber dann darf 1&1 keinen Vertrag über so ein Handy abschließen. Und der dickste Hund ist die Masche, mit der die Kündigung des Zweitvertrages abgewimmelt werden sollte: Die Vertragsnummer war in der Kündigungs-Email vollkommen korrekt und richtig angegeben. Das Callcenter wollte die alte Kundin mit einer dreisten Lüge übers Ohr hauen.
Ist solche Kritik zu dick aufgetragen? Nein, die Umstände lassen keinen anderen Schluss zu, als dass man die Kundin bewusst täuschen wollte, um weiterhin 15 Euro monatlich für schlappe 4 GB Datenvolumen einzusacken. Völlig überteuert und weit ab vom aktuellen Preisniveau.
1&1 ist jetzt per Email und Einschreiben eine Frist für die Lieferung des Handys und für die Bestätigung der Kündigung des zweiten Vertrages gesetzt worden. Dann wird die Sache wohl ein Fall für Anwalt und Gericht?
1&1 meldet sich einen Tag später per Email. Sinngemäß schreibt 1&1, die Kundin habe Unrecht und solle sich einen schönen Tag machen. Die Kundin ist wenig erfreut und ruft darauf einmal mehr das 1&1-Callcenter an, sie landet – vielleicht weil es der soundsovielste Kontakt in diesem Fall ist? – bei einem Experten für die schwierigen Fälle. Und siehe, dieser Mann stellt spontan fest, dass bereits vor zwei Jahren eine Kündigung des Vertrages bei 1&1 eingegangen ist, direkt nach dem Tod des ursprünglichen Vertragsinhabers.
Da fällt einem nichts mehr ein, könnte man sagen. Innerhalb von 48 Stunden, verspricht der 1&1-Experte für schwierige Fälle noch, werde er den gesamten Fall klären. Die Uhr läuft.
(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 4.10.2021.)