Nach dem 2. Weltkrieg - Demokratischer Aufbruch

Hiltrup, Klosterstraße 10 und 12 (heute: Am Klosterwald) nach einem Luftangriff 1944
Hiltrup, Klosterstraße 10 und 12 (heute: Am Klosterwald) nach einem Luftangriff 1944

Die Auswirkungen des zweiten Weltkrieges waren katastrophal. Deutschland war eine Ruinenlandschaft, die Siegermächte teilten das Land in 4 Zonen.

Karte aus russischer Kriegsgefangenschaft (24.11.1945)

Hunderttausende waren noch in Kriegsgefangenschaft (Karte eines Münsteraners aus russischer Kriegsgefangenschaft an seine ausgebombte Familie (24.11.1945; Privatbesitz)

Der Neuaufbau begann. Von Anfang an standen Sozialdemokraten an der Spitze beim Aufbau einer neuen Demokratie.

Auch in Münster und in Hiltrup konnte sich die SPD relativ schnell organisieren und somit eine größere Effizienz der politischen Arbeit erreichen.

Protokollbuch der SPD Münster: Treffen am 25.8.1945 bei Th. Geringhoff (Ausschnitt)

Protokollbuch der SPD Münster: Treffen am 25.8.1945 bei Th. Geringhoff (Ausschnitt)

In Münster versammelte der Handwerksmeister Theodor Geringhoff am 25.8.1945 in seinem Büro „eine größere Anzahl von Freunden, die vor 1933 zumeist der SPD in Münster angehört hatten“. Sie diskutierten laut Protokollbuch über Versorgung der Bevölkerung, Wiederaufbau und Vorbereitung der Parteigründung. Mit Genehmigung der Militärregierung vom 19.11.1945 fand am 25.11.1945 in der teilweise beschädigten Stadthalle von Münster (später abgerissen) die Versammlung zur Wiederbegründung der SPD in Münster statt, wenige Wochen nach der Gründungsversammlung der CDP (später CDU).

In Hiltrup bildete sich bereits am 4. April 1945 ein vorläufiger Gemeindeausschusses, und Josef Elfering (Gastwirt, 1893-1964) und Ludger Wentrup (Mühlenbesitzer, 1897-1969) wurden gebeten, mit der Besatzungsbehörde Kontakt aufzunehmen. Am 6. April wurden Ludger Wentrup (Mühlenbesitzer), Josef Elfering (Gastwirt), Albert Gröver, Anton Niehoff (Diplomlandwirt), Albert Dalhoff (Baustoffhändler) und Conrad Wieland (Betriebsleiter Röhrenwerk) zur inzwischen im Hause Hammer Straße Nr. 160 eingerichteten belgischen Polizeikommandantur bestellt. Der leitende Offizier eröffnete ihnen, dass aus der Gemeinde Hiltrup ein politisch unbelasteter und fähiger Bürgermeister gestellt werden müsse. Auf Wunsch des vorläufigen Gemeindeausschusses erklärte sich Josef Elfering bereit, das Amt zu übernehmen. (Elfering wurde am 21.9.1945 von der Kreiskommandantur abgesetzt und durch Anton Niehoff ersetzt. Nach der Kommunalwahl im Jahr 1946 wurde Elfering zum Bürgermeister gewählt.) Weiteres Mitglied der vorläufigen Gemeindevertretung war der Waschmittelfabrikant (Hiltruper Soda-Fabrik) Josef Rößing (+1949).

In Hiltrup begann der aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft entlassene und mit seiner Familie aus Münster zugezogene Rudolf Schmitz sofort nach Kriegsende damit, alte SPD-Mitglieder zu suchen und so die Neugründung in Hiltrup vorzubereiten. Schmitz (geb. 9.7.1893 in Soest, gest. 3.10.1959 in Hiltrup) kam aus einem sozialdemokratischen Elternhaus. Der selbständige Zigarrenmacher Hubert Schmitz sen. hatte in den 1870er Jahren in Soest den Ortsverein der Tabakarbeiter gegründet. Dieser wiederum fungierte später als Motor zur Gründung des Soester SPD-Ortsvereins 1873 und des Gewerkschaftsverbandes. Hier hatte Schmitz den Vorsitz, wie nach ihm sein Sohn Hubert Schmitz jun., ebenfalls selbständiger Zigarrenmacher. Rudolf Schmitz hatte in frühester Jugend u.a. August Bebel und Philipp Scheidemann kennengelernt, die im Elternhaus verkehrten. Nach der Handelsschule war er zunächst im elterlichen Betrieb geblieben. Am 20.7.1909 war er der SPD beigetreten und am 1.8.1909 der Gewerkschaft. Nach 5 Jahren französischer Kriegsgefangenschaft war er 1920 Gewerkschaftssekretär in Bielefeld geworden. In der NS-Zeit war er zu Freunden im Saarland, später nach Frankreich emigriert. 1943 war er in Frankreich zwangsverpflichtet worden.

Rudolf Schmitz, geb. am 9.7.1893, war Wiederbegründer der SPD Hiltrup am 1. Oktober 1945; Ortsvereinsvorsitzender von 1945 bis zu seinem Tode (3.10.1959)

Rudolf Schmitz, geb. am 9.7.1893, war Wiederbegründer der SPD Hiltrup am 1. Oktober 1945; Ortsvereinsvorsitzender von 1945 bis zu seinem Tode (3.10.1959)

Gründung und Aufwärtsentwicklung

Am 1. Oktober 1945 lud Rudolf Schmitz zur konstituierenden Sitzung in seine Wohnung an der Münsterstraße (heute Hohe Geest) ein. Mit Beendigung des 2. Weltkriegs war auch Johann Hüls nach Hiltrup zurückgekehrt. Selbstverständlich gehörten er und seine Frau Anna zu den Sozialdemokraten der ersten Stunde. Weitere Gründungsmitglieder, die vor 1933 ebenfalls der SPD Hiltrup angehört hatten, waren Johann Göerke, Josef Bommert, Erich Bohn und Josef Drüe. Ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern gehörte der 1924 in die SPD eingetretene und inzwischen in Hiltrup ansässig gewordene Joseph Stoffers. (Göerke und Bommert scheiterten 1946 mit dem Versuch, den seit 1931 amtierenden Direktor des Röhrenwerks Walter Stein abberufen zu lassen.)

Rudolf Schmitz, geb. am 9.7.1893, war Wiederbegründer der SPD Hiltrup am 1. Oktober 1945; Ortsvereinsvorsitzender von 1945 bis zu seinem Tode (3.10.1959)

Joseph Stoffers, geb. am 10.3.1892, gest. am 25.7.1980, Gründungsmitglied im Jahr 1945 und Ehrenvorsitzender der SPD Hiltrup

Als neue Mitglieder wurden in dieser Sitzung aufgenommen: Else Schmitz (Ehefrau von Rudolf Schmitz) Tochter Ursula Schmitz (später verh. Hasenkamp), Karl Brinker und Matthias und Johanna Conrad.

Ursula Schmitz begann noch im selben Jahr mit dem Aufbau einer Jugendgruppe, in der sich etwa 15 Jugendliche unter ihrem Vorsitz zusammenfanden. Die Aktivitäten der Jugendgruppe beschränkten sich nicht auf Hiltrup, sondern erstreckten sich trotz der schwierigen Verkehrsverhältnisse darüber hinaus auf den Landkreis Münster. Ursula Schmitz gehörte viele Jahre dem Juso-Vorstand Münster und dem Vorstand der SPD Hiltrup an. (Quelle: Glückwunsch zum 40. Parteijubiläum in Hiltrup heute und morgen Nr. 35)

Rudolf Schmitz übernahm den Vorsitz des neu gegründeten SPD-Ortsvereins. 2. Vorsitzender wurde Johann Hüls, Kassierer Joseph Stoffers, Schriftführer Johann Göerke. Nach ein paar Monaten zählte der Ortsverein bereits 80 Mitglieder, am 22.11.1947 wurde das hundertste Mitglied aufgenommen.

Rudolf Schmitz führte den Ortsverein bis zu seinem Tode im Jahre 1959. Ein paar Monate vor seinem Tode konnte er noch auf eine 50jährige Mitgliedschaft in der SPD zurückblicken. Seit 1946 war Rudolf Schmitz Mitglied des Hiltruper Gemeinderates, seit 1948 gehörte er der Amtsvertretung St. Mauritz an und war seit dieser Zeit auch stellvertretender Amtsbürgermeister. Im Gemeindetag Westfalen vertrat er das Amt St. Mauritz und war zeitweise auch Abgeordneter des Kreistages Münster-Land.

Die Gründung der CDU wurde im Juli 1945 im Mutterhaus der Missionsschwestern in Hiltrup vorbereitet. Konrad Adenauer traf sich hier mit dem Oberbürgermeister von Hamburg Petersen und dem früheren Oberbürgermeister von Hannover Menge. In einem Brief vom 1.9.1945 an Petersen erwähnte Adenauer die „Agitation der SPD und der KPD“ und forderte Petersen auf, sich für die neue „Christlich-Demokratische Partei“ zur Verfügung zu stellen: „Der Name >Zentrum< und sein Parteiprogramm wird fallen gelassen.“

Der bäuerlich geprägte Nachbarort Amelsbüren war politisch durch das Zentrum geprägt. Nach dem II. Weltkrieg fanden sich ehemalige Zentrumsmitglieder zusammen, um die öffentlichen Angelegenheiten zu regeln. Die Gründung eines CDU-Ortsvereins im Jahr 1952 war die Reaktion auf eine Veränderung des Wahlrechts, die die Chancen für Einzelbewerber minderte (siehe Aus der Geschichte der CDU-Ortsunion Amelsbüren und der Entwicklung der Gemeinde Amelsbüren, Vortrag von Bernhard Waltermann am 2.9.2012).

Auch in Hiltrup gründete sich neben der SPD Anfang 1946 zunächst nur die Zentrumspartei neu. Zwar regte Paul Heesch schon im Jahr 1946 die Gründung einer „CDU-Partei in Hiltrup“ an, aber erst im Herbst 1951 wurde August Harling zum 1. Vorsitzenden der neu gegründeten CDU Hiltrup gewählt (siehe 40 Jahre CDU Hiltrup, erschienen 1991). Bekannt ist das Engagement der Hiltruper Schulleiterin Alma Neisemeyer (1886-1962), 1946 für das Zentrum in die Gemeindevertretung gewählt. Nach der zeitweiligen Pensionierung während der NS-Zeit baute sie ab Anfang 1946 das Hiltruper Schulwesen wieder auf und wirkte von 1946 bis 1956 im Gemeinderat, von 1948 bis 1961 im Kreistag (Zentrum, ab 1956 CDU). Neben ihr wurde 1946 als zweite Frau Johanna Wentrup für das Zentrum in die Gemeindevertretung gewählt, seit 1928 Rendantin der Spar- und Darlehenskasse.

Rudolf Schmitz (SPD) wurde 1949 zum Verwaltungsstellenleiter und Geschäftsführer der Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik mit dem Sitz in Neubeckum gewählt. Für die Gemeinde Hiltrup war er Mitglied in Rat und Kreistag, stellvertretender Schiedsmann und stellvertretender Amtsbürgermeister. Seit 2010 ist eine Straße in Hiltrup nach ihm benannt.

Die Hiltruper FDP bereitet (Stand 2022) eine „Chronik“ vor.

(Dieser Artikel wurde zuletzt am 13.06.2024 aktualisiert.)

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