Von Biberach bis Kißlegg
(Fortsetzung von Rad-Reisen: Donau-Bodensee II. Zum Startpunkt der Reise in Ulm geht es hier.)
Oberschwaben erweist sich an diesem Tag als anstrengend. Es wird heiß, 32°C im Schatten, und die 65 Kilometer von Biberach bis Kißlegg werden nach und nach immer buckliger. Die Strecke führt häufig über sehr ruhige Feldwege, die für kleine gemeine Steigungen gut sind; die Landschaft ist freundlich anzusehen, aber geht in die Beine.
Erster Höhepunkt des Tages ist Bad Waldsee.
Hier hat selbst die Sparkasse einen Treppengibel, und natürlich muss auch der See besichtigt werden.
Der gotische Gibel des Heilig-Geist-Spitals ist mindestens einen Blick wert, und auch die ehemalige Stiftskirche St. Peter.
Der barocke Hochaltar ist von dem Baumeister der Wieskirche geschaffen worden – Bad Waldsee liegt an der Oberschwäbischen Barockstraße!
In dem winzigen Dörfchen Gwigg wartet die St. Georg-Kapelle, sie lädt zu Besichtigung und Rast.
Ein barockes Kleinod, schreibt der Rad-Wanderführer – das schlichte Gebäude und die sparsame Barock-Ausstattung passen perfekt zur ländlichen Umgebung.
In der Kapelle eine Gedenktafel zur „Wallfahrt Maria vom Blut“ – es ist nicht mehr weit zum Kloster Weingarten mit seiner Heilig-Blut-Reliquie.
Gwigg, das sind einige wenige Häuser inmitten einer freundlichen Landschaft.
Wolfegg ist das nächste Zwischenziel, und der Rad-Wanderführer meint es ganz besonders gut: Auf allerverschwiegensten Nebenwegen führt er die Radwanderer, unbehelligt von Autos, aber auch von anderen Radfahrern. Der asphaltierte Weg senkt sich zu einem Bach, das Misstrauen wächst: Was man herab fährt, muss man auch wieder herauf. Talmühle heißt diese Stelle, man steht mitten im Nirgendwo vor einem Rinnsal und stellt fest: Hier hat der Wanderführer mächtig geflunkert. „Nicht asphaltiert“ bedeutet die Kartensignatur, tatsächlich quält man sich am Bach entlang über einen Feldweg, der nur aus groben Kieseln zu bestehen scheint. Mit schwer bepackten Rädern eine Herausforderung.
So wundert es gar nicht, wenn man nach diesem Abschnitt wieder auf Asphalt und daneben auf ein Straßenschild trifft: Aus der „Höll“ kommt der Weg und geht weiter auf der „Höllsteige“; Höll, Tal und Wassers heißen die Örtchen ringsum.
Wolfegg ist nicht mehr weit, aber wie das so ist, Wolfegg liegt auf dem Berg. Der Rad-Wanderführer kennt offensichtliich nur die harte Tour, er schickt die Radler auf die Direttissima: Die Straße ist schon im Normalzustand sehr steil , aber jetzt wird sie erneuert und besteht nur aus Schotter. Darüber brauen sich aus der Sommerhitze dunkle Wolken zusammen, es wird eillig und damit extra schweißtreibend.
Oben angekommen haben die Radler keinen Blick mehr für die örtliche Sehenswürdigkeit, das Automuseum im Schloss – jetzt muss ein Café her. Das findet sich, Café am Schlossplatz direkt gegenüber dem Schloss. Könnte man hier nicht bleiben? Ja, es gibt Zimmer, aber keins mehr frei, es muss also doch weiter gehen bis Kißlegg.
Vorher ist aber doch Besichtigung angesagt; das Schloss ist privat und nicht zugänglich, aber ein Blick in die Schlosskirche ist möglich.
Hier geht es schon ein bisschen prächtiger zu als in Gwigg, und wer Zeit und gute Augen hat, kann sich in das Schlachtengetümmel der Deckenmalerei vertiefen.
Der kritische Blick in die grauen Wolken gibt Entwarnung, man könnte vielleicht doch noch trocken nach Kißlegg kommen. Es ist schon später Nachmittag, und die Quartierfrage wird langsam drängend. Trotzdem bleibt noch genug Muße, die eigenartige und stille Landschaft wahrzunehmen.
In Kißlegg gibt’s noch Zimmer im Ochsen. Es bleibt genug Zeit, …
…, die Hauptstraße zu besichtigen, das Schilf am Zeller See zu begutachten, …
…, pflichtschuldigst das alte Schloss zu besuchen, und dann: Endlich etwas Handfestes zu essen. Aus dem Biergarten des Ochsen vertreibt schließlich das lange erwartete Gewitter die Gäste (die vielfach, o Wunder, mit Elektrorädern unterwegs sind).
(Die vorhergehende Etappe dieses Reiseberichts finden Sie hier, und hier geht es zur Fortsetzung am nächsten Tag.)