Prinzbrücke: Jetzt wird's peinlich

… oder was man sich alles vorstellen kann

Keine Meinung ist auch eine Meinung? Die Prinzbrücke in Hiltrup, besser gesagt der Ersatz der rostzerfressenen alten Prinzbrücke ist eine Geschichte der Pirouetten – und der Stürze. Wer hat nicht alles auf diesem glatten Eis die tollsten Drehungen hingelegt, und wer ist nicht alles dabei zu Boden gegangen! Da hat es so mancher vorgezogen, lieber keine Meinung zu haben, oder besser noch: Seine hohe Vorstellungskraft zu betonen. Ein geänderter Ratsbeschluss auf Basis einer neuen verkehrssicheren Planung sei vorstellbar, war im Mai 2019 ein schönes Beispiel für diese Kultur des „ich weiß es auch nicht“.

Dummerweise steht auch am Ende der schönsten Ausweichmanöver ein Beschluss an. Farbe bekennen nennt man das. Am 30.4.2020 steht das sperrige Ding auf der Tagesordnung der Hiltruper Bezirksvertretung: „Stellungnahme der Stadt Münster zum Planfeststellungsverfahren nach dem Bundeswasserstraßengesetz für den Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals (DEK) bei km 62,405 durch Ersatz der Prinzbrücke Nr.66 in Münster-Hiltrup und Erklärung zur Übernahme der Kosten“.

Geld soll das kosten? Die Stadt Münster, das heißt alle Bürger sollen dafür bezahlen, dass die Grünen in Münsters Rat ihre wechselnden Koalitionspartner in einem Glaubenskrieg verschleißen? Von zweieinhalb Millionen Euro ist die Rede. Kleingeld sozusagen, weniger als zehn Euro pro münsterschen Einwohner, zwanzig Euro pro Haushalt, fällig in Raten. Und man tut so, als ob das fast nichts kostet: Einen Zuschuss soll es geben, aus einer anderen Kasse – auch da sollen am Ende die Bürger zahlen, nur auf einem kleinen Umweg. Ob das wohl „vorstellbar“ ist? Aber in Münster kann man sich viel vorstellen. Der Kämmerer stellt sich vor, dass Münsters Schulden zehnstellig sind, dass die Einnahmen dank Corona wegbrechen und die Ausgaben explodieren.

Vorstellen könnte man sich auch, dass ein für den Stadtbezirk Hiltrup so wichtiges Thema öffentlich diskutiert wird. Zum Beispiel indem die Ratsvorlage V/0356/2020 nicht erst in der Sitzung der Bezirksvertretung auf den Tisch geknallt wird. Krasser können Oberbürgermeister und Ratsfraktionen es gar nicht ausdrücken: „Denen da oben“ scheint es völlig egal zu sein, was die Hiltruper von der Planung in Hiltrup halten. Denen in Hiltrup braucht man eine so wichtige und kostenträchtige Sitzungsvorlage gar nicht erst vor der Sitzung zu zeigen; pro forma schickt man sie als Email an die Mitglieder der Bezirksvertretung, 45 Minuten vor Sitzungsbeginn – die sollen das Ding nicht lesen, die sollen es nur abnicken oder nicht, ganz egal. Die öffentliche Ratsvorlage vom 20.4.2020 ist jedenfalls nicht rechtzeitig vor der Sitzung einzusehen, weder als Beratungsunterlage für die Bezirksvertretung noch für die Öffentlichkeit im Internet. Öffentlich / Nicht öffentlich, Verschlusssache sozusagen. Und dass Ratsmitglieder sich winden, im Wahlkreis nein und im Rat doch ja sagen, ist auch nichts Neues.

Im Herbst soll eine neue Bezirksvertretung gewählt werden – wer will sich da ernsthaft engagieren, wenn Rat und Verwaltung die Bezirksvertretung nur als pseudodemokratische Schauveranstaltung betrachten?

(Wie es nach diesem Artikel mit der Prinzbrücke weitergegangen ist, können Sie hier nachlesen: Die Prinzbrücke – Geschichte der Hiltruper Brücke und des Gasthauses am Kanal.)