Bezirksbürgermeister und Max-Winkelmann-Straße
Bezirksbürgermeister, was ist das eigentlich für ein Amt? „Bürgermeister“ steckt drin, das ist immer respektabel (oder sollte es zumindest sein). Bezirk, das hört sich schon eher nach Bezirksliga an, nicht nach goldener Amtskette und goldenem Buch. Hiltrup hatte bis 1975 einen Bürgermeister, dann wurde Hiltrup nach Münster eingemeindet und mit einem Bezirksbürgermeister abgefunden. Seine Macht ist begrenzt, um die 100.000 Euro hat die Bezirksvertretung jährlich auszugeben, der er vorsitzt.
Alles und nichts? So ein Amt ist das, was man daraus macht. Man kann versuchen, es mit links nebenbei zu machen; mit diesem Ansatz ist der Nachfahre des Hiltruper Bürgermeisters gescheitert. Jederzeit präsent auf der – nicht ganz kleinen – Hiltruper Bühne, das war der Ansatz seines Nachfolgers Schmidt. Ein Vollzeitjob. Er hat sich bekannt gemacht; wenn es irgendwo einen Fototermin gab, war er da. Darüber konnte man schmunzeln, aber es war die Grundlage für viele viele Kontakte zu den Hiltruper Bürgerinnen und Bürgern. Glaubhaft ist so ein Spiel, wenn die kleinen und großen Anliegen nicht nur das Ohr des Bezirksbürgermeisters finden, sondern auch sein Herz. Lebenserfahrung, Vernunft und Augenmaß helfen dann, die Spreu vom Weizen zu trennen und die berechtigten Anliegen aktiv zu befördern. Die Rolle des Kümmerers verlangt auch mal, allzu „schwierige“ Positionen der eigenen Partei zu relativieren: Bezirksbürgermeister ist kein Parteiamt.
Nun bekommen wir Emails vom Neuen, in der Email-Absenderangabe steht stolz „Bezirksbürgermeister“. Haben wir diese Etiketten nicht schon vor Jahrzehnten abgeschafft, die Türschilder „Landesoberbaurat, Diplom-Ingenieur“ von den Amtsstuben abgeschraubt? Man darf solche Details nicht überbewerten, lasst uns auf die Taten schauen.
Als Tat steht zum Beispiel die Konfliktbewältigung um die errötete Max-Winkelmann-Straße an. Hehre Grundsätze der ökologischen Verkehrswende und keine Parkplätze mehr – schlechte Kommunikation und deutliche Einschränkungen für die Anwohner mussten zwangsläufig zum Knall führen.
Ein Knall, der die Mechanismen der Parteien-Demokratie beleuchtet: Die Grünen als wetterwendischer Koalitionspartner in Münsters Rat haben – ohne die Max-Winkelmann-Straße vorher genauer zu betrachten – auch dort rigide Regeln für Fahrradstraßen durchgesetzt. Wird der Ärger der Anwohner laut, meldet sich immer der jeweilige Nicht-Koalitionspartner und verspricht sich zu kümmern. Vor der Kommunalwahl kam die SPD und hörte sich den Ärger an, konnte aber nichts ändern. Nach der Wahl kommt die CDU (die die harschen Regeln mit beschlossen hat) und hört sich den Ärger an, kann aber nichts ändern. Für die Anwohner ein frustrierendes Schauspiel.
Diese aufgeladene Situation ist ein Fall für den Bezirksbürgermeister. Der vorige verstand den Bürgerzorn, ließ sich – gegen seine eigene Partei – zu der Äußerung hinreißen, notfalls müsse man die rote Farbe wieder von der Straße kratzen. Da wurde öffentlich diskutiert, welchen Sinn rote Farbe und Parkverbote auf einer Fahrradstraße machen, die in kein Radwegenetz eingebunden und völlig unauffällig ist. Der neue stellt sich auf die Max-Winkelmann-Straße und erzählt ein paar Anwohnern laut WN vom 10.3.2021, dass die neuen grünen Standards unverrückbar sind. Öffnungsklausel ist sein Zauberwort.
Der Konflikt um die rote Max-Winkelmann-Straße ist inzwischen ein dreiviertel Jahr alt. Neun Monate sind die Grünen der bestimmende Partner in wechselnden Rathaus-Koalitionen, neun Monate lang haben die Grünen keinen Öffnungsklausel-Antrag in den Rat eingebracht, nach neun Monaten verkauft der grüne Bezirksbürgermeister die harschen Regeln als unabänderbar. Wer da etwas von Öffnungsklausel hört, muss sich fühlen wie der Esel, dem man an langer Schnur die berühmte Mohrrübe vor die Schnauze hält: Schau sie an, du bekommst sie aber nicht.
Der Bezirksbürgermeister steht in großen Schuhen seines Vorgängers. Jetzt muss er sie ausfüllen. Sonst kann man das Amt gleich abschaffen.