Die Stadtwerke haben ein Problem

Viel Zeit für falsche Auskunft

Die Steuerung der Wärmepumpe, mit der das Haus geheizt wird, ist auf die Regelstrategie „Ökonomisch“ eingestellt. Sie soll automatisch den wirtschaftlichsten Wärmeträger wählen. Dazu braucht sie die aktuellen Preise von Strom und Gas. 2023 waren das im konkreten Fall 0,40 Euro / kWh Strom und 0,10 Euro / kWh Gas. Die Bezugsverträge laufen über zwei Jahre zum Festpreis, aber zum Jahreswechsel ändert sich die Belastung mit Mehrwertsteuer und anderen Abgaben. Also Frage an die Stadtwerke: Was kostet das Gas im laufenden Vertrag ab 1.1.2024 genau?

Die Frage geht Mitte Dezember 2023 an die Stadtwerke, am 1.1.2024 wird sie wiederholt. Die Stadtwerke Münster brauchen mehr als einen Monat, um auf diese Frage zu antworten. Die Antwort am 23.1.2024 ist so unglaubwürdig, dass man fast lachen könnte: „… bei Gas liegt der Arbeitspreis bei 5,62 ct/kWh.“ Das ist zu schön, um wahr zu sein. Eine neue Mail geht an die Stadtwerke – wird es vor dem Sommer eine Antwort geben? „Wir bitten Sie um Geduld…?“

Seitdem ist Funkstille.

Nein, doch nicht ganz: Am 6.2.2024 kommt eine Email beim Kunden an: „Sie haben uns Ihr Anliegen mitgeteilt und erwarten natürlich eine schnelle Antwort. Energie-Themen beschäftigen aktuell sehr viele Kundinnen und Kunden, die sich damit an uns wenden. Daher sind wir massiv im Rückstand mit der Bearbeitung aller Anfragen an die Stadtwerke Münster. Sie helfen uns, wenn Sie zwischendurch nicht nach dem Stand der Bearbeitung fragen. Wir bitten Sie um Geduld, bis Sie von uns hören. Wichtig: Seien Sie sicher, dass Ihnen durch eine späte Bearbeitung keine Nachteile entstehen. Freundliche Grüße Ihre Stadtwerke Münster.“

Das kann ja noch dauern.

Früher war alles besser. Früher kam auch die extra angeforderte Zwischenabrechnung der Stadtwerke zum Jahreswechsel nach zwei Wochen, und die Mieter konnten ihre Nebenkosten-Abrechnung bekommen. Die Zwischenabrechnung für den Zeitraum 1.1. bis 31.12.2023 wurde im konkreten Fall am 1.1.2024 angefordert; die Email an die Stadtwerke enthielt die Zählerstände des 1.1.2024 für Strom, Gas und Wasser und den Hinweis auf eine Differenz bei der Wasserabrechnung. Die Zählerstände für die zurückliegenden Stichtage waren bereits in der Vergangenheit online übermittelt.

Auch das kann offensichtlich noch dauern. Da geht an die Mieter erst einmal eine vorläufige Mietnebenkosten-Abrechnung heraus. Sie haben schließlich einen Anspruch darauf, frühzeitig informiert zu werden, ob sie etwas heraus bekommen oder nachzahlen müssen; zur Not muss man das eben im Sommer korrigieren, groß werden die Differenzen schon nicht sein.

Und dann gibt es noch ein Problem:

Die Stadt Münster schickt den Kommunalabgabenbescheid für das Jahr 2024. Alles fast wie immer, einiges wird teurer, anderes billiger, aber warum steigt die Vorauszahlung auf die Schmutzwassergebühr? Warum wird da plötzlich ein so hoher Wasserverbrauch zugrunde gelegt?

Die Daten zum Wasserverbrauch bekommt die Kämmerei von den Stadtwerken – ach ja, von den Leuten mit der langen Leitung. Schauen wir doch mal die letzten Abrechnungen der Stadtwerke genauer an!

Dann kommt die Erleuchtung: Hätten wir doch diese Abrechnungen im vorigen Jahr ganz genau kontrolliert! Die Zählerstände, die in der schriftlichen Abrechnung vom 8.11.2023 aufgeführt sind, sind schlicht falsch. Die Zählerstände zu den maßgeblichen Stichtagen sind den Stadtwerken damals online richtig mitgeteilt worden, zum Glück ist dieser Datenverkehr in Form von .pdf-Dokumenten gesichert. Die Angaben in der schriftlichen Abrechnung weichen davon ab, das heißt die online gemeldeten Daten sind nicht korrekt übernommen worden. Tatsächlich sind in diesem Haus vom 1.1. bis zum 31.12.2023 127,846 m³ Wasser verbraucht worden, die Stadtwerke haben aber allein schon für den Zeitraum vom 1.1. bis zum 18.9.2023 123,557 m³ Wasser abgerechnet.

Und man erinnert sich: Haben die Stadtwerke nicht gerade einigen Fernwärmekunden grotesk überhöhte Abschlagsrechnungen geschickt? Und musste nicht erst die Zeitung Druck machen, damit sich in der Stadtwerke-Buchhaltung jemand darum kümmerte? Es hieß dann, bei der Datenübernahme sei etwas schief gegangen – das ist doch genau dasselbe Problem wie bei der Wasserrechnung für dies Haus?

Am 31.1.2024 ist der Widerspruch gegen den Kommunalabgabenbescheid herausgegangen. Der Sachverhalt ist detailliert dargestellt, die Stadt ist aufgefordert, ihren Einfluss auf die Stadtwerke geltend zu machen und für Ordnung in der Buchhaltung zu sorgen. In Kopie hat der Stadtwerke-Geschäftsführer diese Unterlagen erhalten.

Mal sehen: „Wir bitten Sie um Geduld…?“

Eins muss man den Stadtwerken lassen: Der Brandbrief an den Geschäftsführer hat dann doch noch etwas Aktivität ausgelöst. Am 9.2.2024 kommt per Email eine Eingangsbestätigung mit der Bitte „Bitte geben Sie uns wenige Tage Zeit.“ Unter dem 14.2.2024 stellen die Stadtwerke eine korrigierte Jahresrechnung 2023 in das Kunden-Postfach ein. Am 16.2.2024 ruft eine freundliche Dame an: Sie habe gerade Stapel von Unterlagen von verschiedenen Abteilungen im Hause erhalten, nächste Woche werde sie eine Antwort schicken. Offensichtlich haben die Stadtwerke dann eine Wochenend-Schicht eingelegt, denn am 19.2.2024 hat der Kunde plötzlich einen Zahlungseingang auf dem Konto, 74,52 Euro von den Stadtwerken mit dem Verwendungszweck „Vertragskonto 123456789, Wasser“.

Bis zum 28.2.2024 ist außer der korrigierten Wasser-Rechnung und dem Zahlungseingang keine weitere Antwort der Stadtwerke beim Kunden eingegangen. Keine Jahresabrechnung aller Konten zum 1.1.2024, keine Preisauskunft für Strom und Gas für das laufende Jahr.

Die Stadtwerke haben ein riesengroßes Problem.

Aber die Einzelheiten werden dann doch klarer. Mit Schreiben vom 22.2.2024 (eingegangen am 29.2.2024) nennen die Stadtwerke die Ursache für das Chaos: Die Stadtwerke hatten im September 2022 den Wasserzähler ausgewechselt, die Nummer des neuen Zählers aber nicht in das IT-System eingepflegt. Der Kunde konnte online den Zählerstand zum 1.1. des Folgejahres nur unter der alten Zählernummer melden, die Eingabe wurde auch akzeptiert, aber – als unplausibel – nicht im System verarbeitet. Stattdessen wurde mit (unzutreffenden) Schätzungen gearbeitet, ohne den Kunden zu kontaktieren.

Die Programmierung des Kundenportals sei jetzt geändert worden, schreiben die Stadtwerke, nur noch aktuell eingebaute Geräte (Zähler) würden jetzt angezeigt.

Das Schreiben vom 22.2.2024 bringt dann auch die Mitte Dezember erbetene Preisauskunft. Jetzt fehlt nur noch die am 1.1.2024 angeforderte Zwischenabrechnung zum 1.1.2024.

(DIeser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 29.2.2024.)