Kirche und Kindesmissbrauch: „Der unvollkommene Apparat“
Im November 2019 fordern Missbrauchsopfer den Rücktritt des katholischen Bischofs von Münster. Bischof Genn sieht sich gezwungen, einen offenen Brief an die Katholikinnen und Katholiken im Bistum Münster zu schreiben. Genn räumt eigene Fehler ein und äußert seinen Ärger, dass der Apparat auch manchmal unvollkommen arbeitet.
Immer wieder stellt sich die Frage, wird die Kirche es schaffen? Wird sie die Krise überwinden? Im Dezember 2019 wendet sich ein Zeuge an die Öffentlichkeit, die Westfälischen Nachrichten berichten über neue Missbrauchsvorwürfe. Es sind schlimme Vorwürfe, und wie der „Apparat“ nach der Darstellung des Zeugen damit umgegangen ist, ist nicht nur „unvollkommen“. Der Zeuge sagt, dreimal habe er sich erfolglos an den „Apparat“ gewandt; Beweismittel seien vernichtet worden, noch im Dezember 2019 seien die vorhandenen Akten angeblich nicht verfügbar gewesen.
Dass hier neue Missbrauchsvorwürfe auftauchen, überrascht nicht. Allen Beteiligten ist bewusst, dass bislang nur die Spitze des Eisbergs publik geworden ist. Bemerkenswert ist allerdings die Diskrepanz: Auf der einen Seite ein Bischof, der sich der Kritik stellt, öffentlich Selbstkritik übt und sich mit Fehlverhalten seines Vorgängers auseinander setzt; auf der anderen Seite ein Apparat, der – wenn die Darstellung des Zeugen zutrifft – noch 2019 einen Betroffenen damit abfertigt, die Akten seien nicht da.
Wie wird das weiter gehen? Wird der synodale Weg Veränderungen bringen oder im Frust enden? Werden am Ende nur noch Geschichtchen über bleiben, wie sie aus eigener Kenntnis in der Familie erzählt werden: Von der braven Pfarrershaushälterin im fortgeschrittenen Alter, die vor dem neuen zudringlichen Pfarrer flieht? Oder von dem Pfarrer, so erzählt es der Zeuge der WN, der wegen angeblicher Demenz nicht mehr zu Missbrauchsvorwürfen befragt wird, danach aber in einer Gemeinde eingesetzt wird?