Eine Posse um Investoren-Interessen und Kommunalpolitik
Zugegeben, die Sache mit der Marktallee / Amelsbürener Straße in Hiltrup ist nicht ganz einfach. Die Straße ist nicht breit, die Stadtbusse dafür umso breiter, früher zumindest verlangte das Militär ausreichende Durchfahrtsbreiten, die Radwege sind schmal, die Fußgänger zahlreich und die Anwohner lärmempfindlich. Das ist nicht neu. 1987 kämpft die Hiltruper SPD für die Hansestraße zur Entlastung der Marktallee und erhält die Förderzusage vom Landesverkehrsminister; schon damals will die SPD die Marktallee für den Durchgangsverkehr „uninteressant machen“ bzw. sogar sperren und die überdimensionierte Amelsbürener Straße mit Baumtoren und Pflanzinseln zurückbauen lassen. Nach langer öffentlicher Diskussion – selbst eine Einbahnenstraßen-Regelung für die Marktallee wurde ausprobiert – sind diese Umbauten inzwischen abgeschlossen. Mit viel Fördergeld vom Land und entsprechenden Bindungen.
Danach trat ein Investor auf den Plan. Er kaufte die „schlechten“ Wohngrundstücke an der Amelsbürener Straße auf: Die alten Häuser neben der Tankstelle, noch im Kreuzungsbereich mit der Westfalenstraße. Das ist eine schlechte Wohnlage, wirklich ruhiges Wohnen abseits des Verkehrs kann hier niemand erwarten. Dieser Investor ging jetzt daran, seine Grundstücke aufzuwerten, und baute Druck auf die Kommunalpolitiker auf: Sie sollten dafür sorgen, dass der Verkehr vor seinen Häusern verschwindet und ihr Wert steigt. Viel Erfolg hatte er mit dem Druckaufbau nicht. Man redete miteinander, aber den Verkehr auf der Amelsbürener Straße verbieten, das konnte und wollte niemand.
2019 hat dieser Investor es jetzt geschafft, die Hiltruper Grünen vor seinen Karren zu spannen. Sie vertreten nun seine Profitinteressen. Wirklich griffige und ehrliche Argumente gibt es dafür nicht, man kann auch keine pressewirksamen Plakate an pressewirksame Bäume nageln, „mein Freund der Baum“ zieht hier nicht. So verfiel man auf eine ganz abstruse Idee. Die Klassifizierung der Amelsbürener Straße als Landesstraße – dies ist der Aufhänger für die Subventionierung des durchgeführten Umbaus – müsse verschwinden, fordern die Grünen, weil angeblich nur so die Navigationssysteme der Autos die Hansestraße finden.
Sehen wir mal davon ab, dass eine Umstufung der Amelsbürener Straße nicht vereinbar ist mit ihrer Finanzierung. Schauen wir einfach mal, was das Argument mit den Navigationssystemen auf sich hat. Dazu braucht man sich gar nicht erst ins Auto zu setzen, man ruft einfach am PC einen Routenplaner auf. Von Amelsbüren nach Wolbeck, der ADAC-Routenplaner zeigt brav den Weg über die Hansestraße. Nicht vor der Haustür des Investors her.
Da haben die Grünen wohl im Eifer des Gefechts ein Argument erfunden? Wer auch nur ab und zu ein Navigationssystem nutzt, der weiß noch mehr. Dem Navi kann man vorgeben, wie es die Route berechnen soll: Auf dem schnellsten, dem kürzesten oder dem wirtschaftlichsten Weg. Der kürzeste Weg von Amelsbüren nach Wolbeck führt über die Amelsbürener Straße; da ist es dem Navi ganz egal, ob das ein Feldweg, eine Stadtstraße, eine Kreisstraße, eine Bundesstraße oder eine Autobahn ist. Anders gesagt, wer immer die kürzeste Route wählt, fährt immer über die Amelsbürener Straße.
Das ist peinlich, wie sich die Grünen hier allein der Schau wegen von einem Investor instrumentalisieren lassen, Hauptsache man bekommt eine Erwähnung in der Zeitung. Genauso peinlich wie der Leserbrief des Investors selbst, an prominenter Stelle im Blättchen veröffentlicht. „Endlich! Dank“ jubelt er hier, und ruft zum Kreuzzug auf. Alle, alle sollen sie seine Häuser aufwerten, und die Sache mit der Zweckbindung der Straßenbau-Zuschüsse sollen die Landtagsabgeordneten „politisch“ aus der Welt schaffen.
Das wird doch alles sehr schwierig, deshalb hier noch ein Vorschlag: Warum eigentlich nicht die Amelsbürener Straße ganz sperren? Mit Schlagbaum und Codekarte für den Investor?