Recht auf Krawall?

Tausende Motorradfahrer fallen über die Städte her. Ein Recht auf Krawall fordern sie ein, an diesem Wochenende rotten sie sich zusammen. In Massen belästigen sie die Bevölkerung mit Lärm und Gestank. Die wenigsten Motorräder begrenzen wenigstens halbwegs den Lärm, den sie verursachen. Die Prüfnorm, nach der Motorräder zugelassen werden, ist ein Witz. Die Motoren von Motorrädern dürfen mehr giftige Schadstoffe ausstoßen als Automotoren, und sie dürfen unbegrenzt laut sein. Der serienmäßig verbaute „Schalldämpfer“ – von Dämpfung kann kaum eine Rede sein – darf ganz legal durch einen sogenannten Klappenauspuff ersetzt werden: Klappe auf, Höllenlärm. Dazu kommt eine elektronische Motorsteuerung, die sich in den Rennmodus umschalten lässt; damit kann es der Fahrer extra knallen lassen.

Legales Rowdytum ist das. Auch wenn die Biker-Vereine von Freiheit für Biker faseln: Rowdys greifen mit ihren Maschinen ihre Mitmenschen an. Natürlich gibt es Biker, die relativ leisere Maschinen kaufen und sich auch leiser verhalten. Niemand will sie verteufeln. Niemand kann etwas dagegen haben, wenn Biker sich im Zusammenleben der Gesellschaft anständig verhalten. Die Freiheit, die sie für sich reklamieren, muss ihre Grenze an der Freiheit der anderen haben: Freiheit von unnötigem Lärm und Gestank.

Die Initiative des Bundesrats für leise Motorräder verdient Unterstützung. Wenn sie als Maßstab setzt, ein Motorrad solle in Zukunft nicht lauter sein als ein LKW oder ein Rasenmäher, macht das schon das Problem deutlich. Warum soll es erlaubt sein, mit Düsenjäger-Lärm durchs Wohngebiet zu knallen? Und warum kann ein Motorrad nicht so leise sein wie ein Auto? An den Kosten kann es nicht scheitern. Denn diese lauten Maschinen sind Spielzeuge. Sie sind nicht das Transportmittel der Armen, das man aus sozialen Gründen nicht verteuern möchte. Teure Spielzeuge sind sie, und wer in Zukunft damit spielen möchte, muss eben in Zukunft etwas mehr Geld ausgeben. Falls die Minderung von Lärm und Abgas überhaupt mehr kostet.

Ein ganz praktisches und hautnahes Problem ist das. Fragen Sie mal die Anwohner der Marktallee! Abends am Wochenende wird hier regelmäßig der Hahn aufgerissen. Das schallt so schön zwischen den Häusern.

Die deutsche Bundesregierung ist hier gefordert. Minister Scheuer – ja der mit der Maut – braucht nur über die Grenze zu schauen. Tirol hat ein Fahrverbot für laute Motorräder verhängt. Die Biker freut das wenig, denn es sind ganz viele Motorrad-Modelle davon betroffen, weil sie im Stand lauter als 95 Dezibel sind. Das ist das Niveau eines Presslufthammers. Was die Mehrzahl der Leser von motorradonline.de davon hält, ist klar: „Das ist kein Lärm, sondern Sound – und der gehört, egal wie laut, zum Motorradfahren dazu“. Hoffentlich nicht mehr lange.