Von Laufenburg bis Basel
(Fortsetzung von Von Lottstetten bis Laufenburg)
Beim Frühstück im Rebstock ist es angenehm, draußen nicht kalt, aber trüb. Bis Bad Säckingen verläuft der Weg abseits der Straße entlang der Bahn, und der Himmel wird immer grauer. Es beginnt zu tröpfeln, das Regenzeug muss heraus, so haben sich die Radwanderer den Empfang in Bad Säckingen nicht vorgestellt.
Vom Rhein sind es nur wenige Meter zum Münsterplatz, und jetzt hilft es nicht, ein trockener Platz muss her – Pause unter dem Sonnenschirm eines Cafés.
Nach dem Schauer geht der erste Weg zur alten Holzbrücke über den Rhein: Mit nur 3,5 bis 5 Meter Breite ist sie die längste gedeckte Holzbrücke Europas. Eine Tafel erinnert an den Revolutionär und SPD-Abgeordneten Wilhelm Liebknecht, der hier verhaftet wurde.
Auf dem Rückweg zum Münsterplatz ein kurzer Seitenblick auf ein bedrücktes Ungeheuer. Vor dem Kirchenportal sitzen schon wieder Gäste in der Sonne.
Im Fridolinsmünster gibt eine bestickte Fahne dem unkundigen Besucher einen ersten Hinweis.
Einen Totenschädel präsentiert Fridolin hier auf einem Buch, und die bestickte Decke des reich verzierten Schreins in der Fridolinskapelle erzählt die ganze Geschichte.
Ein lebendiges Skelett schafft Fridolin in dieser Darstellung herbei, der Tote, den er auferweckt hat, soll als Zeuge in einem Grundstücksstreit auftreten.
Es wendet sich der Gast mit Staunen. Draußen neben der Kirche ist Markt, hier leuchten die handfesten irdischen Genüsse im Sonnenschein, und die Radwanderer setzen ihre Reise fort.
Nach dem Regenschauer ist es plötzlich mit 30°C schwül-warm. Am Rheinufer entlang und durch Felder führt der Weg zu einem kleinen Naturschutzgebiet.
Ein Flüsschen mündet hier in den Rhein, …
…, ein gut fahrbarer Sandweg läuft auf einem Damm zwischen Fluss und See.
Der nächste Haltepunkt vor Rheinfelden ist das Schloss Beuggen. Das ehemalige Wasserschloss, über Jahrhunderte Sitz des Deutschen Ordens, liegt direkt am Rhein und ist im Halbkreis von Wirtschaftsgebäuden umgeben.
Der Radwanderweg verläuft durch das Torhaus und den kleinen Park und am Storchenturm vorbei.
Von hier aus ist es nicht mehr weit bis Rheinfelden, die schmale geschotterte Rheinpromenade ist angenehm zu fahren.
Am Stadtrand von Rheinfelden hat man über einen kleinen Weinberg hinweg einen schönen Blick auf den Fluss, und nach 37 Kilometern Fahrt steht hier die Entscheidung an: Wie soll es weiter gehen nach Basel? Das schwül-warme Wetter verspricht noch allerlei feuchte Überraschungen, und Radfahren durch Vororte und Industriegebiete von Basel ist auch keine überzeugende Vorstellung. Der Bahnhof ist nah, der Nahverkehrszug bis zum Badischen Bahnhof von Basel ist die bessere Alternative. Während die Radwanderer im Zug sitzen, regnet sich das Gewitter ordentlich aus, und Basel erwartet sie im Sonnenschein.
Mit einiger Mühe wird der Kampf mit dem Rezeptionsautomaten des easyHotels an der Basler Messe (Doppelzimmer ohne Frühstück 87 Franken) bestanden, danach ist Zeit für einen Rundgang durch die nahe gelegene Altstadt.
Das Café Spitz an der Mittleren Brücke ist der erste Zwischenstopp, von der Terrasse aus hat man einen guten Blick auf die gegenüber liegende Altstadt und die Brücke.
Die Stufen am Ufer sind besetzt von jungen Leuten, sie lassen die Beine ins Wasser baumeln und sonnen sich.
Auf der Brücke ist es wunderbar ruhig. Kein Auto, kein Motorrad, die Innenstadt ist für Motorfahrzeuge gesperrt, nur Straßenbahnen, Radfahrer und Fußgänger sind unterwegs.
Wer in der Stadt fahren will, kann das mit öffentlichen Verkehrsmitteln tun; die Baselcard erhält man automatisch beim Einchecken im Hotel. Es ist ein Paradies für Radfahrer, der Straßenraum muss nicht mit einer Heerschar von Autos geteilt werden, und die Fußgänger – die Schweizer sind doch sehr ordentliche und disziplinierte Menschen – bleiben brav auf den Bürgersteigen!
An vielen Details merken Radfahrer, dass Schweizer Behörden ihre Lektion zum Radverkehr gelernt haben. Wo deutsche Straßenbauer an Flickstellen und Einmündungen gern einen ordentlichen Rumpel-Absatz bauen, gibt es in der Schweiz vielfach ganz sanfte, stoßfrei zu befahrende Übergänge; in der autofreien Innenstadt von Basel ist Radverkehr konsequent zugelassen.
Die Räder bleiben angekettet am Rheinsprung, zu Fuß geht es daran, Eindrücke zu sammeln.
Da finden sich Spuren eines „Thurmblesers“ des 16. Jahrhunderts, …
…, hier hat zu Zeiten der Reformation eine couragierte Frau gewohnt.
Ein Stück weiter entdecken die Besucher ein prächtiges „Blaues Haus“ und erinnern sich an die gleichnamige kleine Studentenkneipe in Münster.
Dem historischen Bauwerk gegenüber hat jemand mit den Legosteinen im Verputz seines alten Hauses ein Zeichen für lebendige Neuzeit gesetzt.
Der Münsterplatz in der Mitte der Altstadt von Großbasel lädt zu einem Rundgang ein.
Die modernen Skulpturen der bronzenen Markttische schaffen eine Verbindung zwischen der gestalterischen Strenge des Kreuzgangs und dem Alltagsleben in der Stadt.
Hinter dem Münster bietet die Pfalz, 20 Meter über dem Rhein aufgeschüttet, einen schattigen Ruheplatz mit der Aussicht auf den Rhein und Kleinbasel; zwischen Groß- und Kleinbasel pendelt eine Personenfähre.
Dem Münster gegenüber entdecken die Besucher den Schaukasten der „Allgemeinen Lesegesellschaft“ – seit 1787 bietet sie Lesesääle und Bibliothek!
Neben der Münsterfassade lädt ein Brunnen zum Verweilen ein, und gegenüber präsentiert sich mitten in der Stadt in ehrwürdigem Gebäude das 1589 gegründete „Gymnasium am Münsterplatz“.
Auch hier kontrastiert die sorgsam restaurierte und gepflegte Vergangenheit auf ganz besondere Weise mit der Gegenwart. Graffiti gibt es in dieser überaus ordentlich und bürgerlich wirkenden Umgebung nicht, aber auf den Regenrohren links und rechts am Gebäude kleben Aufkleber und brechen ein wenig die Museumsatmosphäre.
Diesen kleinen, eher versteckten Witz findet man auch in anderen kleinen Details.
Das historische Museum nutzt einen alten Schaukasten für die Plakate seiner Ausstellung „Zeitsprünge“, darüber steht noch die alte Bezeichnung dieses früheren schwarzen Bretts: „Eheverkündungen“ ist hier eingemeißelt, die Bilder darüber zeigen allerlei Paare, bewacht von der Obrigkeit.
Ausgeprägter und ausgesprochen lustig kann man den Kontrast zur vorherrschenden Bürgerlichkeit an Tinguelys Fasnachts-Brunnen genießen.
In der beginnenden Dämmerung leuchten die goldenen Spitzen des roten Rathauses.
Zurück über die Mittlere Brücke setzen sich die beiden Radwanderer zu den jungen Leuten auf den Stufen am Ufer. Die Sonne hat den Tag über die Steine aufgeheizt, sie geben jetzt die Wärme zurück und unterstützen damit die freundliche, lockere Atmosphäre in der Dämmerung.
Man sitzt und unterhält sich hier und beobachtet die Schwimmer, die sich mit Schwimmreifen oder wasserdichten Bündeln mit der Strömung treiben lassen.
Eine Etage höher flanieren die Spaziergänger auf der Uferpromenade, die Sitzplätze der Lokale sind voll besetzt, ein Bild friedlicher Entspannung.
Die vorhergehende Etappe dieses Reiseberichts aus dem Jahr 2019 finden Sie hier: Von Lottstetten bis Laufenburg.
Fortsetzung – 5. Tag: Von Basel bis Staufen.
(Dieser Artikel wurde zuletzt geändert am 3.4.2022.)