Von Konstanz nach Stein am Rhein
(Fortsetzung von Rad-Reisen: Donau-Bodensee VII. Zum Startpunkt der Reise in Ulm geht es hier.)
Der Tag verspricht bestes Sommerwetter, da passt es gut, draußen vor dem Hotel zu frühstücken. Das Haus stammt aus dem 14. Jahrhundert, im 15./16. Jahrhundert gehörte es dem Bildhauer Hans Morinck; er schmückte es 1608 mit Spitzbogenportal und Hirtenrelief: Zum Schafhirten haisst man dieses Hauß, das bhuet der gut Hirt über auß, Und alle die gand ein und Aus. (1608 HM).
Auf dem Weg aus Konstanz heraus ist die Aufmerksamkeit der beiden Radler noch frisch, so fallen auch die Kleinigkeiten ins Auge: Wie das Hotel ursprünglich Zum Schafhirten hieß, tragen auch die anderen alten Häuser Namen und Symbole.
Da sitzt ein kleines Sackpfeiferlein auf dem Gesims eines Hauses, …
…, hier hat es gebrannt, …
…, und dort hat auch ein Haus aus dem 20. Jahrhundert ein steinernes Namensschild bekommen – der Hirschkäfer auf dem Hirsch, was mag das wohl bedeuten?
Am Vormittag liegt noch leichter Dunst über dem Gnadensee, vor der Kulisse der Reichenau spiegeln sich die Boote im Wasser.
Auf der Reichenau erkennt man links im Bild den Turmhelm von St. Georg.
In Radolfzell ist Zeit für einen kurzen Zwischenstopp.
Im Münster werden die „heiligen Hausherren“ verehrt: Die Radolfzeller Stadtpatrone Theopont, Senesius und Zeno, deren Reliquien Bischof Radolt im 9. Jahrhundert nach „Radolts Cell“ brachte.
Noch einen Blick auf den Marienaltar aus dem 17. Jahrhundert, und dann zurück auf den bunten Wochenmarkt vor dem Münster.
Hinter Radolfzell quert der Weg die Radolfzeller Aach; der Radwanderführer referiert, dass hier Wasser aus der Donauversinkung in den Bodensee fließt, von gewaltigen Wassermengen ist die Rede – in diesem Sommer ist die Aach wenig spektakulär. Kurz danach verlässt die Radroute die Straße, die Strecke ist bis Gaienhofen nicht asphaltiert und angenehm durch die Natur zu fahren.
In Wangen zieht eine Bronzeskulptur die Radtouristen an, die Mondfischer, die mit dem Boot auf den See fahren, um den Mond in ein Güllefass zu stecken – ein schattiger Platz mit der Möglichkeit, einen Schluck Wasser gegen die Hitze zu trinken.
Unten am See steht eine Hütte, die früheren Steinzeit-Pfahlbauten nachempfunden ist. Das Museum Fischerhaus verwahrt einen versteinerten Riesensalamander, und in der Hütte soll ein Einbaum mit zwei Puppen das Leben in der Steinzeit darstellen.
Nach 47 Kilometern in der Sonnenhitze rollen die beiden Radler durch die Oberstadt …
… auf den Rathausplatz von Stein am Rhein.
Für das Einchecken im Hotel Mühletal (schlichte ordentliche Unterkunft am Rand der Altstadt) ist es noch zu früh, für einen Milchkaffee auf dem Rathausplatz ist es genau die richtige Zeit. Der Kaffee ist kaum getrunken, da sorgt ein deutscher Busfahrer für Ärger: Eine deutsche Nahverkehrs-Buslinie führt durch Stein, die Busse müssen eine Schleife rund um das historische Rathaus fahren. Der Platz ist knapp zwischen Café-Tischen und Rathaus, das macht dem Fahrer offensichtlich Stress. Die Räder der Wanderer an der Hauswand stören sein Fahren nicht, aber sie stören seine Laune – lautstark lässt er seinen Fahrer-Frust heraus.
Nach dem Einchecken und Duschen im Mühletal führt der erste Weg zur Stadtkirche am Kloster St. Georgen. Ein prächtiger Drache tut Dienst am Dach, er muss als Wasserspeier herhalten.
Für das Klostermuseum St. Georgen ist es zu spät. Vorbei an der riesigen alten Presse führt der Weg über den Innenhof zu einem kleinen Türchen.
Dahinter steht jemand in Badehose, hier ist die inoffizielle Badestelle.
Flussabwärts geht es zur Schiffländi, der Anlegestelle. Hier gibt es Bäume auf der Wasserseite und einige Restaurants, vor denen man draußen sitzen kann – wenn man einen Platz findet.
An diesem Abend sind alle Plätze an den Restauranttischen besetzt, aber man kann ja auch erst einmal das Städtchen besichtigen.
Vom Hexenturm ist es nicht weit bis zum Untertor, dem Eingang zur Understadt.
Von Understadt über den Rathausplatz zu Oberstadt, das ist die kurze Hauptachse der Altstadt.
Hier tritt man schon im Pflaster auf den Drachen (oder ist das ein Lindwurm?), dem man schon an der Stadtkirche begegnet ist.
Das nächste Ungetüm lässt nicht lange auf sich warten:
Das Museum Lindwurm im Haus zum Lindwurm zeigt natürlich einen Lindwurm auf der Fassade, ordnungsgemäß zur linken Seite Feuer speiend – Schutzpatron von Stein am Rhein ist St. Georg, im offiziellen Wappen der Stadt tötet er den grünen Drachen (der bis 2003 gegen alle heraldischen Regeln zur rechten Seite fauchte).
Hier sind Touristen unterwegs, aber zumindest an diesem Abend sind es nicht so viele, wie man angesichts der sehenswerten Altstadt befürchten könnte.
Denn sehenswert sind nicht nur die Drachen, denen man (fast) überall begegnet, sondern auch die reich bemalten Bürgerhäuser. Es ist ein relativ homogenes Bild, nur das Haus zum Lindwurm ist dazwischen ein Fremdkörper mit seiner Empire-Fassade.
Es lohnt sich, die Augen beim Stadtrundgang weit offen zu halten: Wo im Erdgeschoss die Metzgerei zum Pelikan eine zwar recht gutbürgerliche, aber doch eher schlichte Fassade zeigt, …
…, findet man darüber wunderbar falsche Marmorsäulen und den Pelikan, wie er seine Jungen mit seinem Blute nährt.
Auf der Fassade des weißen Adler gegenüber dem Rathaus wird eine ganze dramatische Bildergeschichte erzählt, und auch die neue Fassade des Nachbarhauses ist – zwar anders, aber passend – bemalt.
Die Malerei ist eindeutig, ein Restaurant! Gegenüber liegt die Weinstube Rother Ochsen, man findet ihn passend auf der Fassade gemalt.
Der Rothe Ochsen hat draußen auf dem Rathausplatz genug freie Tische, so dass auch die beiden Radler endlich zu ihrem Abendessen kommen.
Hoch über der Stadt liegt die Burg Hohenklingen im Abendlicht.
Zum Abschluss des Tages noch ein wenig Ruhe auf der Terrasse des Hotels Mühletal in einer freundlich-entspannten Atmosphäre, die ein wenig an ein internationales Gästehaus erinnert – Stein am Rhein ist eine Reise wert!
(Die vorhergehende Etappe dieses Reiseberichts finden Sie hier, und hier geht es zur Fortsetzung.)