Leise, leise...

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Westfälische Nachrichten, Ausgabe Hiltrup vom 25.7.2025
Westfälische Nachrichten, Ausgabe Hiltrup vom 25.7.2025

… ist die WN aus Hiltrup verschwunden

Erst war es ja nur ein Gerücht. Die Lokalredaktion Hiltrup der Westfälischen Nachrichten sei bedroht, hieß es. Man konnte sich das kaum vorstellen. Über Jahrzehnte hatten die Westfälischen Nachrichten die Lufthoheit in der münsterschen Medienlandschaft. Ihre Berichterstattung und Kommentare waren stets eindeutig: Nichts ließ man auf Papst, Bischof, Landwirtschaft und CDU kommen. Der Feind waren eindeutig die Sozialdemokraten, man war nicht zimperlich. Es war recht verlässlich die Frontstellung des 19. Jahrhunderts, nur der Kaiser war abhanden gekommen.

Abgesehen von dieser Grundlinie bot die Zeitung soliden Lokaljournalismus. Der Stadtbezirk Hiltrup – immerhin der größte in Münster – und Wolbeck hatten über viele Jahre Ansprechpartner vor Ort. Wer den Kontakt zur WN suchte, hatte nur einen kurzen Weg. Für die Mitarbeiter der WN begann der Arbeitstag, wenn sie aus dem Haus traten: Der Weg zur zentral gelegenen Lokalredaktion führte schon an den ersten Themen des Tages vorbei. Die Vereine und kulturellen Initiativen konnten sicher sein, dass auch Veranstaltungen außerhalb der Ladenöffnungszeiten in der Zeitung präsentiert wurden.

Und jetzt: Mag sich niemand offen bekennen. Eine diskret verschlüsselte Botschaft erschien in der WN vom 25.7.2025. Den Kern des kurzen Textes unter „So erreichen Sie uns“ musste man sich übersetzen: Es gibt nur noch eine Stadtredaktion Münster.

Hiltrup, Moränenstr. 1 (29.7.2025; Foto: Henning Klare)

Hiltrup, Moränenstr. 1 (29.7.2025; Foto: Henning Klare)

Schaut man Ende Juli 2025 bei der Hiltruper Lokalredaktion vorbei, hat sich auf den ersten Blick nichts verändert. Unter der riesigen Hausnummer 1 an der Moränenstraße hängt nach wie vor das Schild der WN.

Hiltrup, Moränenstr. 1: Toter Briefkasten der WN (29.7.2025; Foto: Henning Klare)

Hiltrup, Moränenstr. 1: Toter Briefkasten der WN (29.7.2025; Foto: Henning Klare)

Im Haus gibt es dann aber nur noch einen toten Briefkasten. Der Briefschlitz zugeklebt, darunter „Wir sind umgezogen!“.

Es ist ein großer Verlust für unseren Stadtteil. Am Engagement der Lokalredakteure und freien Mitarbeiter wird sich nichts ändern, aber: Ortsnähe ist für die Lokalberichterstattung unverzichtbar. Wer das Ohr an der Schiene haben will, muss vor Ort sein.

Im Übrigen ist die Schließung der Hiltruper Redaktion ein weiterer Hinweis auf die Verwerfungen in der Medienlandschaft. Ganz offensichtlich reicht das Geld nicht mehr, um die Lokalredaktion zu betreiben. Die Anzeigen und damit die Einnahmen verlassen den Printbereich, die Werbe-Musik spielt im Online-Bereich.

Die Konsequenz? Nicht mehr Zeitung lesen? Nur noch Kostenloses im Internet lesen?

Frust verarbeiten und weiterdenken ist angesagt. Journalismus ist unverzichtbar für die Demokratie. Ohne die solide Berichterstattung der professionellen Medien funktioniert die Gewaltenteilung nicht mehr, haben Machtmissbrauch und Korruption freies Spiel. Und: Solide Medien brauchen eine solide finanzielle Basis. Zeitungen brauchen – egal ob Print oder Online – zahlende Abonnenten. Genau wie das öffentliche Fernsehen: Wenn das Fernsehen neben der Unterhaltung seine Kontrollfunktion erfüllen soll, braucht es Geld. Von uns allen, und angepasst an die Inflation regelmäßig mehr.

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