Diesel-Krise: IG Metall wacht auf
Die IG Metall wird munter. Die Gewerkschaft erkennt plötzlich, dass das Zusammenwirken von Autoindustrie und Bundesverkehrsminister Dobrindt ein Ergebnis hat, nämlich die Entwertung aller Dieselfahrzeuge in Deutschland. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann spricht gegenüber der FAZ von kalter Enteignung – er beschreibt drastisch aber zutreffend die dramatische Lage. Sie trifft inzwischen auch direkt die IG-Metall-Mitglieder, deren Arbeitsplätze in der Autoindustrie gefährdet sind; doppelt betroffen sind sie noch dazu, wenn sie ein Diesel-Auto aus der eigenen Produktion fahren: den Zuverdienst aus dem Verkauf ihrer Jahreswagen können sie vergessen, wenn sie nicht sogar einen deftigen Verlust einplanen müssen.
Hofmann schlägt auf „vermeintliche Ökogruppen“ ein und stellt die gesundheitsschädliche Wirkung von Stickoxiden in Frage – man fühlt sich spontan Jahrzehnte zurück versetzt, als ob die IG Metall aus der Zeit gefallen wäre und Umwelt- und Gesundheitsschutz erst noch erfunden werden müssten. Ein zukunftsorientierter Dialog sieht anders aus.
Zweifelhaft ist auch, was Hofmann zur Lösung des Problems verkündet. „Die Politik muss Druck auf die Städte aufbauen“, Hofmann fordert Verkehrsleitsysteme und neue Müllautos und Busse, als ob das der Kern des Problems wäre. Was soll eine Stadt wie Münster mit solchen Forderungen anfangen? Das Verkehrsleitsystem läuft bereits computergesteuert, Busse werden kontinuierlich erneuert. Das alles kann nicht davon ablenken, dass die Diesel-PKW und leichten Nutzfahrzeuge den größten Anteil der Stickoxid-Emissionen liefern, in Münster über 50% (Busse: 9%; Quelle: Luftreinhalteplan Münster 2014) – dafür muss eine Lösung gefunden werden.
Da hilft es wenig, wenn Hofmann Ökoprämien für den Austausch alter Diesel-PKW bis Euro 4 ins Gespräch bringt; 60% der Diesel in unseren Städten haben Euro 5 oder Euro 6, an ihren Emissionen würde eine solche Aktion nichts ändern; diese Fahrzeuge haben auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten noch eine lange Nutzungsdauer vor sich und müssen mit einer besseren Abgasbehandlung nachgerüstet werden – oder draußen bleiben.
ADAC und Bundesumweltministerin Hendricks (SPD) sehen das genauso: Nachbesserung der Hardware auf Kosten der Hersteller fordert Hendricks, und laut FAZ sieht auch der ADAC den höheren Effekt der Hardware-Nachrüstung.