Wie eine Zeitung Meinung macht
Brieftauben, Kaninchen, Briefmarken, Sportfest, nichts ist dem Lokalredakteur fremd. Eine ganze Lokalseite Hiltrup will gefüllt werden, und alle wollen zu Wort kommen. Da darf immer wieder auch die gute alte Zeitungsente nicht fehlen, auch wenn sie heutzutage eher als Fake-News daher gewatschelt kommt. Aber was soll’s, die Ente bringt Würze ins schwärzliche Einerlei.
So auch jetzt. Die Hiltruper Stadthalle war zum wiederholten Male Thema in der Bezirksvertretung: seit vielen Jahren stehen Räume leer, klagen Vereine über einen schlechten Zuschnitt, steht die Gebäudetechnik vor dem Exitus. Genauso lange wird diskutiert, im Rathaus, im Rat, in den Hiltruper Vereinen und Parteien. Und weil das ein öffentlichkeitswirksames Thema ist, bietet es Raum für Selbstdarstellung und Agitation; schnell werden Forderungen „herausgehauen“, deren Finanzierung und Sinnhaftigkeit fraglich sind.
Die Hiltruper Lokalseite der Westfälischen Nachrichten (WN) ist natürlich dabei. Gern nutzt man die Berichterstattung dazu, dem politischen Gegner der Verlegerfamilie – Zeitungsmonopol verpflichtet! – eins auszuwischen. So wurde schon vor vielen Jahren ein Bericht lanciert, der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende im Rat wolle die Hiltruper Stadthalle ersatzlos abreißen; das hatte keine Substanz, aber eine gute Wirkung in der Hiltruper Öffentlichkeit.
Anfang 2016 hat die SPD einen Antrag in den Rat eingebracht, einen Wettbewerb für eine neue Stadthalle als Stadtteilzentrum durchzuführen, die „Hiltruperinnen und Hiltruper, Vereine, Einrichtungen, Kulturschaffende und weitere gesellschaftliche Gruppen“ an der Planung zu beteiligen und die Bedarfe der anliegenden Schulen nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Dem schloss sich Ende 2016 die CDU mit einem ähnlichen Antrag an. Nachdem die Verwaltung in Sachen Bürgerbeteiligung bis heute nicht aktiv geworden ist, ergreift jetzt die SPD erneut die Initiative und lädt zu einem Bürger-Dialog am 4.7.2017 ein.
Der Beitrag der WN (28.6.2017) zu dieser Einladung folgt nun dem altbekannten Muster. Zunächst wird behauptet, die SPD habe im Jahr 2014 eine Stadthalle für überflüssig erklärt. Das Gegenteil ist leicht dem Jahresbericht der SPD Hiltrup-Berg Fidel für das Jahr 2014 zu entnehmen, da heißt es: „Die SPD Hiltrup-Berg Fidel präferiert … eine Grundsanierung des Stadthallen-Komplexes am vorhandenen Standort; dadurch soll die Nutzung der Veranstaltungsflächen für Hiltruper Kultur- und Vereinsaktivitäten flexibilisiert und Raum für den Umzug der Bezirksverwaltungsstelle an diesen Standort geschaffen werden“ – da ist keine Rede von ersatzlosem Abriss. Die SPD wollte 2014 vielmehr die alte Stadthalle erhalten und umbauen; dies erwies sich später als unwirtschaftlich, deshalb forderte die SPD 2016 einen Neubau. Aber immerhin ist anzuerkennen, dass der Redakteur sich nach so langer Zeit seiner Abriss-Falschmeldung aus vergangenen Zeiten noch einmal erinnert hat.
Aber damit nicht genug, am 28.6.2017 legt der Redakteur noch eine weitere (Zeitungs-) Ente auf den Grill: jetzt heißt es in den WN, die SPD wolle die Schulräume aus dem Stadthallengebäude verbannen („… Schulräume, die von der Johannes-Gutenberg-Realschule benötigt werden, nicht in dem Stadthallen-Gebäude zu planen“). Oops, was ist das denn schon wieder? Die Nachricht ist ja durchaus geeignet, viele Eltern zu beunruhigen; die Schule platzt aus allen Nähten, und die SPD will der Schule Räume wegnehmen? Ja, wenn es denn so schrecklich einfach wäre. In Wirklichkeit war es mal wieder ganz anders: die Stadthalle war Thema in der Bezirksvertretung, und die SPD fragte den Vertreter der Verwaltung nach dem Sachstand und nach Planungsalternativen. Eine Frage, kein Vorschlag; das macht einen Riesen-Unterschied. Denn die SPD Hiltrup-Berg Fidel und die Ratsfraktion der SPD haben zusammen den Ratsantrag von Anfang 2016 erarbeitet, der gilt nach wie vor, und da stehen die Schulräume ganz klar drin.
Noch irgendwelche Fragen? Ja, eine vielleicht: warum dies WN-Theater?