Hiltruper Bundestagswahlkampf II

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Wo bleibt eigentlich die CDU

Man trifft sich an der Straßenecke. Es hat sich gelohnt, zum Neujahrsempfang des Bezirksbürgermeisters zu gehen: Freundlicher Empfang in der Hauptschule Hiltrup, fundierte Vorträge einer Historikerin und eines Zeitzeugen zum Ende der selbständigen Gemeinde Hiltrup, zur Entstehung des Stadtbezirks im Jahr 1975. Danach ein nüchternes Resümee des Bezirksbürgermeisters mit einem engagierten Plädoyer für gelebte Demokratie; es wurde unmissverständlich deutlich, wie groß der Abstand ist zwischen Propaganda und gelebtem Miteinander.

Jetzt der nachbarliche Smalltalk, man tauscht sich aus im Entsetzen über das vorläufige Ende von Demokratie und Rechtsstaat in den USA. Und dann eine bedauernde Frage: Wo bleibt in Münster eigentlich die CDU?

Die Welt hat sich gewaltig verändert. In der Erinnerung ist eine CDU/CSU mit exponierten Rechtsaußen, geprägt von Strauß, von einem Justizminister mit dem Hang zur Todesstrafe, von einem Kanzler Adenauer, der die SPD durch Alt-Nazis im Geheimdienst überwachen ließ. 2025 jetzt die Frage, ob nicht wenigstens in der CDU ein paar Leute sind, die sich dem allgemeinen Trend zum Rechtsextremismus entgegenstellen – sind wir schon so weit, dass die Rechten von damals uns als Waisenknaben erscheinen, haben die Maßstäbe sich so weit verschoben?

Der Versuch des aktuellen CDU-Spitzenkandidaten, in Deutschland den Trump zu machen, berührt uns peinlich. Am ersten Tag als Kanzler will er ein „faktisches Einreiseverbot“ verhängen und keine Kompromisse mehr machen. Allmachtsfantasien werden da gepflegt, nah am Ruf nach dem „starken Mann“: Einer allein will es regeln mit einem Federstrich.

In einer Demokratie haben solche Sprüche nichts verloren. Mit „starken Männern“ hat Deutschland nur schlechte Erfahrungen gemacht, ob sie nun Wilhelm II, Hindenburg oder Hitler hießen.

Die Wirklichkeit ist viel zu kompliziert für solche Sprüche. Das weiß der CDU-Kandidat, aber er will uns verkaufen, dass es einfache Lösungen gibt.

Das fängt an bei unseren „faktisch offenen Grenzen“. Zäune und Mauern waren noch nie eine Lösung, das mussten sowohl der chinesische Kaiser als auch Ulbricht und Honecker lernen.

Das geht weiter bei den Abschiebungshindernissen, das funktioniert ja noch nicht einmal beim Abschieben nach Italien; und bei den Ländern, die ihre Staatsangehörigen nicht zurücknehmen: Will der CDU-Kandidat diese Menschen einfach aus Bundeswehrflugzeugen abwerfen lassen, wie die mörderischen Junta-Generäle in Südamerika das gern taten?

Das geht auch noch weiter bei der praktischen Umsetzung, wenn die Behörden schleppend arbeiten und nicht miteinander kommunizieren. Auch da helfen weder starke Sprüche noch neue Gesetze.

Die Wirklichkeit ist nicht nur kompliziert. Sie ist auch – zum Glück – vielfältig geregelt. Da gibt es Menschenrechtskonventionen, ein Grundgesetz, europäische Vorschriften. All diese Regeln sind wichtig, sie sind auch eine Antwort auf die mörderische Rechtlosigkeit des NS-Regimes. Der CDU-Kandidat will auch hier den Trump machen, mal eben einen Notstand ausrufen und sich über alle Regeln hinwegsetzen.

Offener kann man sich gar nicht gegen den Rechtsstaat stellen. Der Notstand ist das Lieblingswerkzeug aller Diktatoren. Unbegrenzte Abschiebehaft ist eine unmenschliche Kopie des Guantanamo-Modells.

Und was hört man aus Münsters CDU dazu? Der hiesige Kandidat windet sich beim Thema Abschaffung des Bürgergelds. Er macht einen Anstandsbesuch mit dem Minister beim katholischen Krankenhaus, laut Zeitungsbericht ist die Wertschätzung des Ministers für katholische Häuser spürbar. Ach ja, wir sind in Münster, hier muss die katholische Karte gezogen werden – ob das wohl reicht für das Direktmandat? Sind die Zeiten nicht längst vorüber, nach dem Einsatz eines Missbrauchstäters in der Hiltruper Pfarre, nach so vielen Kirchenaustritten? Und nachdem auch ein katholisches Haus die Frechheit hatte, die Alleinerziehende im Bewerbungsgespräch auf die Probleme bei der Versorgung des Kindes hinzuweisen?

Nun, der hiesige Kandidat macht einen Besuch bei der Seniorenunion. Und der Ratskollege schlägt mal wieder die Trommel zu seinem Lieblingsthema: Problematische Zeitgenossen sollen weiter mit Straßenschildern geehrt werden. Umbenennung nur, wenn alle Anwohner einverstanden sind. Man stelle sich vor, die Marktallee hieße heute noch Adolf-Hitler-Straße: Die Anwohner müssten ihr Briefpapier ändern – ja wo kommen wir denn da hin…

Also noch einmal die Frage: Wo bleibt eigentlich die CDU, wenn es um Anstand und Recht geht?

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