Luberon: Landschaft unter Sonne und Licht
Wo uns gestern noch die Sonne gewärmt hat, ist es heute trübe und frisch; bestes Wetter zum Wandern! Die freundliche Dame im Tourismus-Büro von Cucuron hat uns einen Wandervorschlag ausgedruckt: Eine Rundwanderung von Cucuron zu dem mittelalterlichen Dörfchen Vaugines und zurück, kurz und bequem zu laufen.
Der Schotterweg verläuft parallel zum Luberon-Gebirge. Rechter Hand liegen mehr oder weniger bestellte Felder und Haine mit Kirschbäumen oder mit Steineichen. Unter den in Reihe gepflanzten Steineichen ist der Boden bearbeitet für die Trüffel. Am Wegesrand pflücken wir reife Mandeln. Kurz vor Vaugines stoßen wir auf einem Felsbuckel auf eine steinerne Sitzbank mit goldener Inschrift, von hier aus hat Henri Bosco sein Luberon betrachtet – ein paar Meter weiter verkündet ein schlichtes Steinkreuz mit Madonnenfigur die katholische Mission.
Sitzbank und Missionskreuz stehen auf uraltem Grund; das Meer, das diese Region in grauer Vorzeit bedeckte, hat hier ein Gemisch von Muschelschalen und Steinen abgelagert, bevor sich der Untergrund auffaltete.
Das erste Haus, auf das wir am Ortsrand von Vaugines stoßen, begrüßt uns mit einer Heiligenfigur.
Das nächste Haus kommt uns dann schon etwas mittelalterlicher vor, ein graues Untier reckt uns seine weit aufgerissene Schnauze entgegen. Soll es uns abschrecken? Oder sind nur die noch böseren Geister gemeint? Bei näherem Hinsehen beruhigt man sich schnell. Das graue Tier hat kein Raubtiergebiss, es bleckt recht menschliche Zähne – halb so wild.
Erste Details der alten Häuser fallen auf: selbst das winzige Kellerfensterchen eines unscheinbaren Hauses schmückt sich mit einem behauenen steinernen Bogen.
Der Ort schmiegt sich an einen Hang, wie auch Cucuron und Lourmarin auf oder an kleinen Hügeln gebaut sind; vor Jahrhunderten war es wohl angeraten, sich die am leichtesten zu verteidigende Stellung zu suchen. So ziehen sich lange Treppen zwischen den Häusern hindurch den Hang hinauf.
Die überwiegend restaurierten alten Häuser schmücken sich bei aller Schlichtheit mit kleinen Details wie diesem ausgearbeiteten Tür- und Fenstersturz.
Vorbei an knorrigen alten Toren wandern wir zu dem kleinen Marktplatz.
Vaugines hat anders als das Umland Wasser! Vom Hang des Luberon-Gebirges kommt hier Wasser, ein kleiner Bach fließt am Ortsrand entlang und versorgt die Gärtnereien unterhalb des Ortes. Wasser ist genug da, um auch einen Brunnen auf dem Marktplatz zu versorgen; im Laufe der Jahre ist der Brunnensäule ein mächtiger Mooskopf gewachsen, aus dem oben eine kleine Fontäne aufsteigt. Das sieht in den anderen Orten ganz anders aus, da sind die öffentlichen Wasserstellen versiegt, und die Moosbärte der Wasserspeier sind unansehnlich eingetrocknet.
Keine Wanderung ohne Kaffee, gegenüber lockt das kleine Café von Vaugines. Die Bedienung unterhält sich angeregt und ausführlich mit einem Gast, davon abgesehen sind wir die einzigen Gäste und genießen in Ruhe den guten café crème.
Der Rückweg führt uns wieder auf markiertem Wanderweg, jetzt aber mit anderer Anmutung. Wo der Hinweg geprägt war von den Ausläufern des Gebirges, laufen wir jetzt an sorgsam geschichteten Steinmauern entlang und blicken nach Süden in die Ebene vor dem nächsten Höhenzug.
Oliven werden sorgsam kultiviert, und auch hier gilt offensichtlich: ohne künstliche Bewässerung geht nichts, Bewässerungsschläuche verlaufen von Olivenbaum zu Olivenbaum. Wein wird hier nahe dem Gebirge kaum gepflanzt, dafür sehen wir auch einmal ein Lavendelfeld oder ein abgeerntetes Getreidefeld.
Der allgemeine Wassermangel begegnet uns auch, als wir anschließend zum Einkaufen (wieder in der Boucherie von Cucuron: Chipolatas aux herbes, Pâté, leckere Rosette und frische Cervelas maison, empfehlenswert!, dazu ein weißer Muscat aus der Winzergenossenschaft) durch Cucuron gehen. Am amtlichen schwarzen Brett finden wir den Erlass der Präfektur vom 1. August 2017 „Sécheresse 2017“: Autowaschen und Rasensprengen sind verboten, Gewerbebetriebe müssen ihren Wasserverbrauch um 30% einschränken. In der Zeitung lesen wir, dass ein 14jähriger Brandstifter, der aus Langeweile Brände in der Landschaft gelegt hat, verhaftet ist und mit 7 Jahren Gefängnis bedroht wird.
Aus grauem Himmel fallen ein paar Tropfen, viel zu wenig für diese vertrocknete Landschaft.
Dieser Anflug von Regen reicht aus für einen Regenbogen. Im Abendlicht strahlt er auf einem unbeschreiblich farbigen Himmel, das ist hier doch das Land der Maler!
Von Westen nähert sich klarer Himmel, und die grauen Wolken, die diesen Tag bestimmt haben, ziehen langsam nach Osten ab. Am Horizont erscheint blassblauer Himmel, die Abendsonne gibt den Wolken zum Abschied ordentlich Farbe. Wir bleiben noch ein paar Tage hier!