Wir brauchen Qualitäts-Jounalismus – keinen FAZ-Boulevard ohne Verantwortung
„Eine ältere Version dieses Textes trug die Überschrift „Schule verlegt Weihnachtsfeier nach Kritik von Muslimin in Freizeit“. Mittlerweile hat die Agentur epd ihre ursprüngliche Meldung überarbeitet.“
So lautet der schmale Hinweis am Ende des Online-Beitrags der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wenige dürre Zeilen, keine Erklärung der Zeitung zu journalistischer Verantwortung, keine Entschuldigung.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung arbeitet fleißig an ihrer Selbstdemontage. Anders kann man den peinlichen Zwischenfall nicht benennen, der sich gerade im Online-Auftritt der Zeitung abgespielt hat. Der Beitrag der FAZ.net trägt jetzt die Überschrift „Schulleiter dementiert Berichte über verlegte Weihnachtsfeier“.
Die FAZ reicht schlicht (oder schlecht?) und einfach irgendwelche Agenturmeldungen durch: Copy and paste, schnell noch ein Foto vom Weihnachtsmarkt aus dem Archiv dazu, fertig ist der Online-Artikel. Inhalt prüfen, recherchieren, bewerten, sich Gedanken machen über die Folgen von Überschriften? Fehlanzeige.
Die ursprüngliche Fassung des FAZ-Beitrags hatte alles, um Volkes Stimme in Wallung zu bringen. Was, da muss nur eine Muslimin meckern, und schon kuscht eine ganze Schule? In diese Richtung zielte die ursprüngliche Überschrift. Das ist der Stoff, aus dem Empörung gemacht wird. Fake, ja das ist Fake, Lügen-Journalismus nennen die Herrschaften vom politischen rechten Rand so etwas.
Und was macht man, wenn man erwischt wird, wenn man Unsinn verbreitet und hetzerisch übertitelt hat? Die FAZ versteckt sich hinter der Agentur epd. Kein Wort dazu, dass die FAZ sich die offensichtlich falsche Agenturmeldung unbesehen zu eigen gemacht hat, noch nicht einmal bei dem Schulleiter angerufen hat. Kein Wort dazu, dass die alte falsche Überschrift geeignet ist, Muslime zu verunglimpfen und den Fremdenhass in Deutschland anzuheizen. Und erst recht kein Wort zur Verantwortung der Presse, Sachverhalte vor dem Drucken oder sonstigen Veröffentlichen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Aber – leider muss man das sagen – dieser Vorfall passt ins Bild. Gerade die FAZ glänzt durch journalistische Schwäche: zu häufig findet man gerade auf faz.net Meinungsmache statt Fakten.
Es kann keine Entschuldigung sein, dass diese Schwäche im Geschäftsmodell begründet ist. Die großen Printmedien Deutschlands verschleudern Journalismus, indem sie ihre Inhalte ohne Nutzungsgebühren und rein anzeigenfinanziert online stellen. Mit Qualität und journalistischer Verantwortung geht das nun mal nicht zusammen.