Der Kunde hatte Herrn Vorstandsvorsitzenden Dr. Zetsche von Daimler angeschrieben, weil sein Euro 5 – Diesel massiv Wert verliert und Fahrverbote drohen. Er hatte Dr. Zetsche um Antworten zu einer Reihe von Fragen gebeten, und das Kundenbetreuungsteam des Vorstands schickte sehr schnell eine schriftliche Antwort.
Bemerkenswert war zunächst, dass die Antwort des Daimler-Vorstands vom 2. August datiert (Eingang beim Kunden am 3. August), dem Tag des sogenannten Diesel-Gipfels: für Daimler stand also schon vor dem Diesel-Gipfel fest, wie es weitergehen soll! „Lass die Politiker ruhig reden, wir machen was wir wollen“, so muss man wohl die Grundhaltung hinter diesem Ablauf bezeichnen.
Hier die einzelnen Fragen an Dr. Zetsche und die Antworten:
1. Frage: „Das sogenannte Thermofenster soll laut Medien-Berichterstattung in dem bisherigen Umfang verwendet worden sein, um „Motorschutz“ zu gewährleisten. Bedeutet das, dass ich nach dem angebotenen Software-Update mit Betriebsstörungen oder Motorschäden rechnen muss? Wer haftet dafür?“ Antwort: „Wir gehen nicht davon aus, dass sich das Software-Update negativ auf die Qualität verschiedener Bauteile und Komponente auswirkt.“ Kommentar: Die Frage nach Betriebsstörungen ist damit nicht beantwortet. Auch zur Frage von Motorschäden ist die Aussage unbestimmt: „wir gehen nicht davon aus“ ist keine verbindliche Erklärung, dass keine Schäden eintreten werden, und enthält auch keine Aussage zur Haftung für eventuelle Schäden.
2. Frage: „Wenn weder Betriebsstörungen noch Motorschäden zu besorgen sind: warum ist das Fahrzeug mit einer Motor-Software ausgestattet und verkauft worden, die für einen unnötig hohen Schadstoff-Ausstoß sorgt?“ Antwort: „Zum Zeitpunkt der Produktion Ihres Fahrzeugs waren die Erkenntnisse in unserer Entwicklung noch nicht so weit, dass hier schon Veränderungen in der nun anstehenden Form vorgenommen werden konnten.“ Kommentar: Das kann man glauben oder auch nicht.
3. Frage: „Soweit Sie in Ihrer Pressemitteilung auf „aktuelle Erkenntnisse aus der Entwicklung der neuen Dieselmotorenfamilie“ verweisen: warum sind mir die mit diesen Erkenntnissen verbundenen Verbesserungen – soweit sie denn überhaupt für mein Fahrzeug relevant sind – vorenthalten worden, obwohl sie vor der Markteinführung der neuen Motoren, also sicherlich spätestens im Jahr 2015 bereits vorlagen?“ Keine Antwort.
4. Frage: „In welchem Umfang wird das angebotene Update der Motor-Software die Abgaswerte meines Fahrzeugs verbessern, d.h. wie viele Stickoxide werden zurzeit und nach Durchführung eines Updates emittiert?“ Antwort: „Zielsetzung dieser flächendeckenden Dieselinitiative ist es, mit schnell umsetzbaren Software-Updates eine so hohe Verbesserung der Luftqualität zu erreichen, wie sie durch Fahrverbote realisiert werden könnte. Genaue Werte der Stickoxide liegen uns nicht vor.“ Kommentar: Mit Software-Updates dieselbe Wirkung wie mit Fahrverboten zu erreichen ist eine offensichtlich falsche Aussage; die Euro 5 – Diesel werden auch nach dem Software-Update erhebliche Mengen von Stickoxiden ausstoßen, Fahrverbote stoppen in ihrem Geltungsbereich die Belastung durch Abgase dieser Fahrzeuge vollständig. Bemerkenswert ist die Weigerung, die Wirkung des geplanten Software-Updates auf den Schadstoffausstoß zu beziffern: die Antwort „genaue Werte liegen uns nicht vor“ steht in klarem Widerspruch zur Pressemitteilung des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) vom 2.8.2017, in der es unter anderem heißt „Ziel dieser Initiative ist die durchschnittliche Stickoxidreduzierung von 25–30 Prozent der nachgerüsteten Fahrzeuge.“ Daimler stellt mit seiner Erklärung, dass keine genauen Werte vorliegen, diese 25-30-Prozent-Ankündigung des VDA in Frage.
5. Frage: „Darüber hinaus frage ich Sie, wann Sie statt der isolierten Änderung der Motor-Software eine technische Nachrüstung meines Fahrzeugs mit einem SCR-Katalysator anbieten, wie sie zum Beispiel von der Firma Twintec vorgestellt worden ist; laut Medienberichten ist dies System praxistauglich und bewirkt eine gegenüber dem isolierten Software-Update wesentlich höhere Verbesserung des Abgasverhaltens.“ Antwort: „Eine technische Nachrüstung eines SCR-Katalysators ist nicht geplant.“ Kommentar: Hier hat es offensichtlich vor dem Diesel-Gipfel eine Abstimmung innerhalb der Automobilindustrie gegeben. Hält die Industrie an dieser Linie fest, dann können Fahrverbote praktisch zu einer Stilllegung dieser Euro 5 – Fahrzeuge führen – den Schaden hat dann allein der Kunde.