Großer Diesel-Gipfel, kleines Ergebnis
Es kam wie erwartet. Die deutsche Autoindustrie hat die Hälfte ihrer Produkte vor die Wand gefahren. Wer will jetzt noch darauf wetten, dass man auch in Zukunft mit Diesel-Autos in alle Städte fahren darf und dass man den Gebrauchten noch anständig verkaufen kann? Die Hersteller schert das wenig. Sie bieten auf dem sogenannten Diesel-Gipfel das kleinstmögliche Entgegenkommen an. Ein bisschen Software-Fummelei, mehr nicht. Das soll reichen, und Minister Dobrindt (CSU) nickt dazu.
Nun hat das Verwaltungsgericht Stuttgart doch eigentlich deutlich genug gesagt, was es davon hält, nämlich nichts. Die Bürger in den Innenstädten haben ein Recht auf saubere Luft, und zwar jetzt. Diese Luft enthält zurzeit an vielen Stellen doppelt so viel Stickstoffdioxid wie erlaubt, und dabei wird es auch nach dem Diesel-Gipfel für lange Zeit bleiben. Die neue Software, die von Audi und Co versprochen wird, gibt es noch gar nicht, sie muss erst noch programmiert werden und dann in die Autos kommen. Das alles wird dauern, bis weit ins Jahr 2018 hinein und vielleicht auch noch länger. Fahrverbote wendet man so nicht ab.
Es ist ein Gipfel der Versprechungen, der ungedeckten Schecks. 25 bis 30% Minderung der Stickoxide verspricht die Autoindustrie. Aber die Software, die das leisten soll, gibt es noch gar nicht – solche Versprechungen sind nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben werden. Garniert wird das mit zusätzlichen Versprechungen, der Spritverbrauch soll angeblich nicht steigen, die Leistung nicht sinken, die Lebensdauer der Motoren nicht leiden, eben: ein Wunder.
Man reibt sich die Augen. Wenn das so einfach ist – nur richtig programmieren! – , warum sind dann den 5 Millionen Kunden, die jetzt Updates bekommen sollen, Autos mit schlechter Software verkauft worden? Irgendetwas stimmt da doch nicht.
Entweder waren die Argumente rund um Thermofenster und Motorschäden, weshalb ja bisher so viele Stickoxide unbedingt sein mussten, schlicht und einfach eine Lüge, aus welchen Gründen auch immer.
Oder die neuen Versprechungen sind gelogen: 25 bis 30% weniger Stickoxide, dafür höherer Verbrauch und Motorschäden? Oder, noch schlimmer: kaum weniger Stickoxide, das Ganze nur ein PR-Gag, um Dobrindt und Merkel heil über die Bundestagswahl zu bringen?
Dass die alten und neuen Argumente der Industrie nicht zusammenpassen, weiß natürlich auch die Industrie. Deshalb schiebt man Erklärungsversuche für das versprochene Wunder nach: neueste Erkenntnisse gebe es aus der Motorenentwicklung, so erzählen es BMW und Daimler. Neueste Erkenntnisse machen Wunder möglich.
Wieder reibt man sich die Augen. Daimlers neuer Dieselmotor, der mit den neuesten Erkenntnissen angeblich die Grenzwerte einhält, ist schon seit 2016 auf dem Markt. Warum hat es dann nicht sofort, zeitnah, ein Update für die alten Diesel gegeben? Die sogenannten Premium-Hersteller brüsten sich doch mit der Langlebigkeit ihrer Produkte und wollen mit dem Service der Vertragswerkstätten glänzen: warum enthielten sie den Kunden die „neuesten Erkenntnisse“ vor und ließen die Kunden ins Messer laufen?
Ist der Ruf erst ruiniert – die deutschen Autohersteller sind auf dem besten Wege. Autokonzerne sind die Sieger des Diesel-Gipfels, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Ein Pyrrhus-Sieg.
Zum Nachlesen: Warum Software-Updates das Diesel-Problem nicht lösen.