Wie aus gewöhnlich gut informierten Kreisen zu erfahren war, planen die Hiltruper Grünen den nächsten shitstorm. Das Ergebnis ihres ersten Anlaufs, einem Selbständigen seinen Beruf zu verleiden, beflügelt allem Anschein nach die örtlichen Polit-Aktivisten, einen weiteren Gewerbetreibenden aufs Korn zu nehmen. Immerhin kann die erste Aktion als ein überwältigender Erfolg gewertet werden. Lange Unterschriftenlisten gegen das Bauprojekt kamen zusammen; als ganz besonders bemerkenswert muss hervorgehoben werden, dass die meisten Unterschriften von Menschen geleistet wurden, die selbst keinerlei Berührung mit dem örtlichen Bauprojekt haben. Ein Wermutstropfen bleibt allerdings, indem sich nur ein ehrenamtlicher grüner Bürgermeister zur Entgegennahme der Listen bereit fand; alle anderen hatten offensichtlich keine Zeit.
Dem Vernehmen nach wird aktuell überlegt, welchen der Hiltruper Autohändler die nächste Unterschriftenaktion zur Aufgabe zwingen soll. Es gelten dieselben Auswahlkriterien, die bereits im Schweine-Fall ihre Durchschlagskraft bewiesen haben: Alles, was möglicherweise erlaubt, aber nicht zukunftsweisend und nachhaltig, mindestens aber zeitgemäß ist, taugt als Ziel solcher Aktionen. Die Entscheidung, ob dies Kriterium erfüllt ist, trifft ein kleiner Kreis der Edlen. Außerdem muss die weitere Bedingung erfüllt sein, dass das Produkt des betreffenden Gewerbetreibenden von mindestens 90 Prozent der Gesamtbevölkerung akzeptiert und genutzt wird; nur so ist sichergestellt, dass die Aktion größtmögliche Aufmerksamkeit bekommt.
Herkömmliche Autos, wie sie von den Hiltruper Händlern vertrieben werden, erfüllen optimal diese Voraussetzungen, dazu noch das weitere Auswahlkriterium eines hohen schlechtes-Gewissen-Koeffizienten. Autofahren unterliegt genau wie das Essen von billigem Schweinefleisch gleichzeitig starker gesellschaftlicher Ächtung und hoher Wertschätzung. Es ist ein typischer Anwendungsfall des TEAM-Paradigmas (Toll Ein Anderer Macht’s). Die öffentliche Ächtung, verbunden mit dem „Das müsste doch mal einer regeln“-Hinweis verschafft die persönliche Legitimation zur Fortsetzung des geächteten Verhaltens.
Zu entscheiden bleibt lediglich, welcher Hiltruper Autohändler auch die dritte Voraussetzung für einen guten shitstorm erfüllt. Wirklich erfolgreich ist der shitstorm nämlich nur dann, wenn das Opfer die für den Erfolg entscheidende Opferqualität aufweist. Wer seinerseits ausreichend viele Follower aufbietet und genug Geld für eine professionelle Medienkampagne besitzt, ist nicht unbedingt optimal geeignet als Ziel eines shitstorms. Möglicherweise werden die Hiltruper Aktivisten deshalb einen der „kleinen“ Händler einer eher unbedeutenden Automarke auswählen müssen, vielleicht werden sie deshalb auch ins Umland ausweichen müssen – fündig werden sie auf jeden Fall.
Bei entsprechender Vorauswahl ergibt sich die Erfüllung des vierten Auswahlkriteriums von selbst, das Opfer des shitstorms muss direkt und persönlich zusammen mit seiner Familie getroffen werden. Scheiben-Einwerfen und Kinder-in-der-Schule-Mobben gehört zwar nicht zwingend zu einer regelgerechten Durchführung, und eine Alibi-Äußerung von Verständnis für das Opfer ist zwingend; aber nur der shitstorm ist erfolgreich, der persönlich trifft. Von shitstorm-Aktivitäten gegen Aktiengesellschaften ist deshalb abzuraten, auch Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind als Ziel eher ungeeignet.
Die Erfolgsaussichten wachsen mit der Qualifikation der Teilnehmer. Im Hiltruper Schweine-Fall konnten die Grünen von den Erfahrungen der SPD profitieren, die diese zum Beispiel auf #Nolaf bei der Bekämpfung ihrer eigenen Spitzenleute sammeln konnte.
PS: Damit die Beteiligten keine Kraft mit Dementis verschwenden müssen: Selbstverständlich handelt es sich bei diesem Text um Fiktion, Satire. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker… aber auch ohne Arzt und Apotheker gibt es Grenzen, über die gesprochen werden muss.
(Siehe auch: Schweine und Ernüchterung)