Man kann auch beide lieben: Luberon und Markgräflerland
Nach der Ankunft in Staufen wollen wir uns das Markgräflerland erlaufen. Britzingen, Muggardt, Laufen, die Weinberge an diesem reizvollen Saum des Schwarzwalds fordern geradezu zum Wandern heraus. Die Wahl fällt auf den Castellberg und den Fohrenberg, kleine Hügel zwischen Schwarzwald und Rheinebene; der Wanderweg umrundet beide.
Zum Wanderparkplatz am Castellberg geht es über Wirtschaftswege, links und rechts nichts als Wein.
Der Start ist eher Schwarzwald-like: grüne Wiesen, sanfte Hänge, wenig Wein.
Nach wenigen hundert Metern sind wir schon am Südhang des Castellbergs. Steillagen zur Linken, Bruchsteinmauern, Wald wie eine Mütze oben auf dem Berg; ein wunderbarer Blick über Sulzburg in der „Sackgasse“ eines Seitentals, über uns blauer Himmel und die Sonne, hoch in der Luft Schwalben: Eine ganz besondere Stimmung, hier hat der Weg sich schon gelohnt. Was muss das für eine Arbeit sein, die Reben in diesen Steillagen zu pflegen, ob da wohl die Erntemaschinen noch hinkommen? Oder muss hier jede Traube von Hand gelesen und in der Kiepe den steilen Hang herauf oder herunter getragen werden? Das war schon in weniger steilen Lagen ein Knochenjob, bis die Maschinen dafür erfunden wurden.
Wir umrunden den Castellberg und folgen den Schildern zur Strauß-Wirtschaft. Einer der verbliebenen Winzer, die ihren Wein noch selbst ausbauen und vermarkten, betreibt sie im Ziegelhof, etwas oberhalb von Ballrechten. Wir wandern durch eine Landschaft, die nach frischem Most und jungem Wein riecht, eine kleine Mahlzeit würde uns gut tun, aber der Ziegelhof hat noch zu.
Wir folgen dem Wanderweg entlang des Fohrenbergs nach Norden bis kurz vor Grunern. Rechts die rundliche Bergkuppe mit Wald, darunter Wein, und links noch mehr Wein und der Blick hinüber zu den Vogesen. Die Sonne brennt, im Schatten lockt die Sans-Souci-Bank der Familie Ohnesorge. Der Name verpflichtet.
Erstes Weinlaub färbt sich. Die meisten hellen Trauben sind schon gelesen, der Spätburgunder hängt noch.
Wir kürzen den markierten Wanderweg etwas ab, schauen oberhalb von Grunern kurz hinüber nach Staufen und sehen zu, dass wir zur Straußwirtschaft Schleifsteinhof kommen.
Die meisten Gäste sind mit dem Auto hier hin gefahren, wir sind froh, nach der ganzen Lauferei zu sitzen und etwas zu Essen zu bekommen. Vesperteller, passend zur Landschaft: Brot, Butter, Sülze, Leberwurst, Blutwurst, zweierlei Käse, reichlich Kümmel, kaum zu schaffen, und ein Glas Gutedel dazu; schließlich sind wir im Markgräflerland!
Nach diesem Zwischenstopp läuft es sich natürlich nicht mehr ganz so flott, dafür entschädigt der Weg zurück nach Süden zwischen Fohrenberg rechts und Schwarzwald links. Hier sehen wir nicht die Wein-Monokultur wie auf dem Hinweg, sondern eine liebliche Mischung von Wald, Wiesen und Wein.
Wir marschieren über eine Kuppe, vor uns zwei Wanderer als Silhouetten gegen den Nachmittagshimmel. Es ist nur ein kurzes Stück, dann erwartet uns ein neues Bild.
Mitten in der wunderbar grünen Wiese – was war doch die Landschaft im Luberon von der Sonne verbrannt! – wartet ein Schattenplatz auf uns. Zwei Bänke, für jede Blickrichtung eine: eine Seite nach Staufen, die andere zum Castellberg. Als ob ein Postkartenverlag Wiese, Bäume und Bänke arrangiert hätte!
Die Wanderweg-Markierung schickt uns mitten durch den Wein, dann durch den Wald, dann über die Wiese. Wir schauen auf eine Obstwiese, und wir vergleichen mit den Bildern des Luberon. Auch dort standen die Bäume in Reih und Glied, von Menschenhand ordentlich angelegt und gepflegt; aber im Luberon waren es Olivenbäume, von Baum zu Baum hingen die Bewässerungsschläuche, und der Boden darunter war sonnenverbrannter nackter Schotter. Was ist schöner? Schwer zu sagen, auf jeden Fall sehr anders.
Zurück zum Wanderparkplatz, für einen kleinen Nachmittagsspaziergang (feste Schuhe empfohlen) waren die mindestens 10 Kilometer genug. Eine Katze ist mit schlammigen Pfoten über das Auto gelaufen. Oder war es eine Wildkatze? Zum Sinnieren über die wilden Tiere des Waldes bleibt keine Zeit, uns kommt ein Trecker entgegen auf dem einspurigen Weg. Über Vorfahrt diskutiert man da nicht.
Pfalz, Jura, Drôme, Luberon, Markgräflerland, und noch ein paar Tage Markgräflerland. Alle Wege führen nach Südfrankreich. Oder nach Baden?
Lange kann man darüber nachdenken, deshalb zum Schluss dieses Reiseberichts noch eine Empfehlung: Beim Nachdenken hilft Ballrechten-Dottinger Castellberg Grauer Burgunder. Der weiße ist aber auch nicht zu verachten!