Wenn Sie Ihre Nerven schonen wollen, ...

Heideggerstraße und kein Ende

…, gehen Sie nicht zur Bezirksvertretung Hiltrup! Die Bürgeranregung zur Umbenennung der Heideggerstraße war offensichtlich nur noch der Kristallisationspunkt, um dies merkwürdige kommunalpolitische Gebräu aufschäumen zu lassen.

Der Nazi-Philosoph (oder Philosophen-Nazi), man muss ihn leider inzwischen so nennen, muss runter vom Hiltruper Straßenschild. Aus der Anwohnerschaft kam der Antrag, nun muss man sich mit der Sache beschäftigen und kann die Augen nicht mehr einfach zumachen.

So weit ist der Sachverhalt noch einfach. Es gibt ein Problem, man kann es lösen, die Hiltruper Bezirksvertretung ist zuständig und muss eine Entscheidung fällen.

Das aktuelle Chaos in dieser Sache hat die Hiltruper CDU ausgelöst. Ihre Fraktion in der Bezirksvertretung hat sich hinter ein paar empörten Anwohnern verkrochen. Mit welcher Absicht, ist auch in der Bürgeranhörung am 27.2.2023 nicht klar geworden: War es Feigheit, oder wollte man den Nazi-Philosophen stützen?

Vergrößert wurde das Chaos durch CDU-Fraktion und Bezirksbürgermeister Stein. Statt die Bezirksvertretung entscheiden zu lassen, wie es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit gewesen wäre, ließ Stein sich auf das Verschleierungs- und Verunsicherungsmanöver der CDU ein, die Bezirksvertretung beschloss am 15.11.2023 bei einer Enthaltung:

1. Die Verwaltung führt eine Bürger*innen-Informationsveranstaltung zur beantragten Umbenennung der Heideggerstraße durch.
2. Daran anschließend und vor der Entscheidung der BV Hiltrup über die Vorlage V/0565/2022 (Umbenennung der Heideggerstraße in Marga Niedenführ-Straße) werden die in der Heideggerstraße gemeldeten volljährigen Anwohner von der Verwaltung befragt, ob sie eine Umbenennung der Straße wünschen.
3. Das Ergebnis der Befragung ist der BV Hiltrup vorzulegen.

Alle Anwohner der Heideggerstraße sollen also schriftlich befragt werden. Zu Recht fragten sich die Anwohner: Entscheiden wir jetzt? Oder ist das eine Alibi-Befragung?

Den Vertretern der Verwaltung fiel dann die Aufgabe zu, in der Bürgeranhörung am 27.2.2023 ein bisschen Information und Struktur in die erhitzte Debatte zu bringen. Der Bezirksbürgermeister war hier nicht besonders hilfreich. Er sollte die Sitzung leiten, tatsächlich machte er an erster Stelle Reklame für die Ausstellung einer Malgruppe aus Berg-Fidel.

Kaum hat sich die Aufregung ein wenig gelegt, legt der Bezirksbürgermeister beim Chaos nach. Er will – laut Berichterstattung der Westfälischen Nachrichten vom 4.3.2023 – in der Bezirksvertretung am 2.3.2023 über die Heideggerstraße reden, will aber keine Entscheidung; läßt sich nötigen, das Thema in der Tagesordnung zu verschieben auf „Eingänge und Mitteilungen“ – und dann gibt es plötzlich keine Verwaltungsvorlage mehr?

Wer linkt hier eigentlich wen, der Bezirksbürgermeister die Bezirksvertretung, die CDU den Bezirksbürgermeister oder die Verwaltung alle zusammen? Oder waren die Westfälischen Nachrichten auf einer ganz anderen Veranstaltung?

So verantwortungslos so ein Theater schon ist, man kann es noch steigern. Von der Posse zum absurden Theater: Jetzt wollen die Grünen die heiße Heidegger-Kartoffel an den Rat weiterreichen, der Rat soll aufgefordert werden, einheitliche Richtlinien für Straßenumbenennungen zu erarbeiten? Und Friedhelm Schade als SPD-Vize-Bezirksbürgermeister will laut WN alle Hiltruper zu Heidegger befragen? Bloß nicht Position beziehen, bloß nicht entscheiden?

Womit haben wir das verdient?

Hiltrup hat durchaus eine eigene Nazi-Vergangenheit. Hiltrup war so braun wie andere auch (vielleicht sogar etwas brauner?) und muss sich endlich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Mit Ruhm bekleckert haben sich die Hiltruper Politiker dabei nicht. Schon die Erinnerungsarbeit zum Thema Zwangsarbeit / Lager Waldfrieden brauchte vor Jahren den finanziellen Anschub durch die Hiltruper SPD, denn CDU und FDP mochten sich nicht engagieren. Für die Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft muss man auch fast 80 Jahre nach den Nazis immer noch kämpfen.

Dazu verlangen wir von der Bezirksvertretung und von der Verwaltung ernsthaftes Bemühen. Kein Versteckspiel, sondern Haltung.

(Dieser Artikel wurde zuletzt aktualisiert am 9.3.2023.)