Urlaub zu Ende und Corona positiv?

Der Start ins Chaos

Jeder 40. Urlaubsrückkehrer trägt den Corona-Virus. Das sagen die ersten Zahlen. Groß ist der Schrecken, sitzt jetzt in jedem Bus mindestens ein Superspreader? Der Bundesgesundheitsminister präsentiert sich am Wochenende als Macher, ab heute kostenlose Test für Urlauber, wenn sie aus dem Ausland zurück kommen. Spahn macht allerdings nicht die Arbeit, die dahinter steht. Die Arbeit sollen jetzt plötzlich die Hausärzte machen, und die stehen im Regen.

Spahns geänderte Verordnung, die das anordnet, kennt am Montag danach noch niemand. Es gibt einen Referentenentwurf, das kann man nach gründlichem Googeln herausfinden, mehr nicht. Die für Westfalen zuständige Kassenärztliche Vereinigung hat keine Detailinformation im Internet parat. Einige wenige Informationen kursieren: Neue Formulare müssen her; denn die Allgemeinheit soll die Tests bezahlen, dafür muss ein neues Auftragsformular an das Labor gehen, das den Abstrich untersucht. Übrigens: Die Ärzte dürfen sich auf eigene Kosten testen lassen, die sind ja keine Reiserückkehrer.

Nicht nur ein neues Auftragsformular muss ausgefüllt werden, sondern auch eine neue Selbstauskunft des Patienten. Bis vorige Woche musste der Test-Patient unterschreiben: „Hiermit versichere ich, dass die Einreise aus dem Risikogebiet XYZ nicht länger als 72 Stunden zurückliegt“, nur dann bekam er den Test kostenlos. Jetzt reicht jedes Urlaubsziel im Ausland, aber für den Hausarzt kommt ein neues großes ABER auf der Internetseite des Bundesgesundheitsministers: Der Testkandidat muss dem Hausarzt zum Beispiel seinen Boarding-Pass, sein Ticket, seine Hotelrechnung oder einen sonstigen Nachweis vorlegen zum Beweis, dass er im Ausland gewesen ist und innerhalb der letzten 72 Stunden zurück gekommen ist.

Nimmt man das ernst, muss der Hausarzt erst einmal Detektiv spielen. Ist die Hotelrechnung auf den richtigen Namen ausgestellt? Liegt dieser Ort in Österreich oder doch in Bayern? Nur ein Name auf der Rechnung, aber fünf Reisende? Und was passiert, wenn der Reisende am Freitagabend gelandet ist und erst am Montagnachmittag zum Hausarzt geht: Soll der Hausarzt alles stehen und liegen lassen, um sich in Schutzkleidung zu werfen und einen Abstrich zu nehmen? Wäre es nicht klüger, am Mittwoch- und Freitagnachmittag eine spezielle Test-Sprechstunde außerhalb des regulären Praxisbetriebs einzurichten, auch wenn die 72 Stunden schon verstrichen sind? Und wer bekommt die Rechnung, wenn es 75 Stunden sind und der Boarding-Pass schon bei der Müllabfuhr ist?

Durch die Nachrichten geht schon die Meldung, dass viele Hausärzte sich schlichtweg weigern. Auch Hausärzte machen Urlaub, nicht alle Praxen sind offen, die Kollegen schieben Vertretung. Zum Ende der Schulferien droht eine Welle von Testkandidaten, die mit erhöhtem Corona-Risiko in die ohnehin vollen Wartezimmer drängen. Hier treffen sie auf diejenigen Patienten, die aus anderen Gründen Risikopatienten sind – und sich vorsichtig verhalten haben, im Inland.

Es ist nachvollziehbar, wenn die Hausärzte über diese neue Aufgabe nicht gerade jubeln. Es ist auch nachvollziehbar, wenn nicht alle die Tests anbieten oder aber nur für die Patienten, die sie kennen. Der Bundesgesundheitsminister schreibt selbst auf seiner Ministeriumshomepage, die Tests könne man auch beim Gesundheitsamt durchführen lassen – die Warteschlange dort wird lang sein.