Käse mit ehrgeizigem Mindesthaltbarkeitsdatum
Wer kennt das nicht? Der Käse im Kühlschrank schimmelt. Weiße Spuren ziehen sich über die Käsescheiben, und bei näherem Hinsehen ist schnell klar: Das sind keine Schnittspuren und auch keine Anzeichen von Austrocknung, das ist ganz normaler Schimmel.
Das kann vorkommen, sagt man sich, wir haben einen heißen Sommer, da schimmelt eben der Käse. Aber dann denkt man nach; hat dieser Käse überhaupt in der Wärme gelegen? Nein, hat er nicht. Der Käse lag in einem recht kühlen Kühlschrank auf Vorrat, die Packung mit den vorgeschnittenen Käsescheiben ist erst kurze Zeit offen.
War die Packung vielleicht zu alt? Nein, auch das nicht; das Mindesthaltbarkeitsdatum verspricht noch weitere zwei Monate Haltbarkeit. Und man erinnert sich, der Käse von diesem Discounter hat schon mehrmals in der Vergangenheit vorzeitig Schimmel entwickelt, in der ungeöffneten Packung im Kühlschrank.
Woran kann das liegen? Als Käse-Laie kann man nur vermuten, welchen Pfad die Schimmelsporen genommen haben. Typischerweise wächst der Schimmel an den Schnittspuren entlang, die die Schneidemaschine im Käselaib hinterlassen hat, immer vom äußeren Rand des Käselaibs nach innen. Sitzen die Schimmelsporen also in der Käserei außen auf dem reifenden Käselaib und werden beim Anschnitt dann auf die einzelnen Scheiben verteilt?
Was macht man jetzt mit dem Käse? Augen zu und aufessen? Schimmel kann sehr giftig sein. Bei hartem Käse schimmelige Stellen großzügig wegschneiden, diesen Rat liest man häufig. Aber wenn der Schimmel sich bei geschnittenem Käse zwischen den einzelnen Scheiben ausbreitet, kann man nichts „großzügig wegschneiden“: Ab in die Tonne.
Schimmelsporen kommen überall in unserer Umgebung vor. Vermutlich wird man billige Käsescheiben nie ohne Schimmelsporen produzieren können. Aber eins wäre doch möglich: Keine utopischen Angaben zur Mindesthaltbarkeit auf die Packung zu drucken. „Leute, ihr müsst diesen Käse innerhalb einer Woche nach dem Kauf essen“: Wie wäre es mal mit so einem Aufdruck? Dem Ruf des Discounters würde diese Erinnerung an die natürliche Vergänglichkeit von Lebensmitteln sicher nicht schaden.