Von Champagney nach Cernay
(Fortsetzung von Rad-Reisen: Lothringen VI)
Der Campingplatz „ohne großen Komfort“ am Bassin de Champagney bietet auch am nächsten Morgen keinen Komfort. Es gibt ein Reste-Frühstück aus den Packtaschen, und da der Patron sich nicht blicken lässt, gilt Nulltarif. Heute soll es im hügeligen Vorland der Vogesen nördlich von Belfort nach Osten gehen, und die D219 nach Errevet hält gleich ein paar ordentliche Hügel bereit. Vor Sermamagny führt ein Radweg durch eine parkähnliche Landschaft nach Süden an den Rand von Belfort. Der Super U in Valdoie ist zwar eine super hässliche Einkaufsmaschine, aber Essen und Trinken für die nächsten Stunden sind sichergestellt.
Nach Nordosten geht es über Éloie schnell wieder in stille Landschaft. Hier kann man in Ruhe rasten und hat anschließend die Sträßchen für sich allein. Die D2 klettert noch einmal über den Berg – auf der Steigung mitten im Wald verpestet eine Mülldeponie die Luft – auf über 500 Meter Höhe nach Rougemont-le-Château; dann beginnt der entspannte Weg hinab in die Rheinebene.
In Lauw erreicht man einen Radweg, in Sentheim den Bahnhof der Museumsbahn Train Thur Doller nach Cernay. Die Bahn ist noch unter Dampf in Betrieb, Kohlen liegen neben dem Gleis, und am Bahnhof warten Tische und Stühle auf die Touristen.
Am Bahnhof beginnt ein asphaltierter Radweg.
Bis kurz vor Burnhaupt-le-Haut begleitet der Radweg die Bahn mit leichtem Gefälle. Hier wechselt man auf die D483 Richtung Aspach-le-Bas.
Zwischenziel ist die Barrage de Michelbach, um hier in der größten Nachmittagshitze Pause zu machen. Ein winziges Schild weist zur Barrage in einen sehr groben Feldweg. Während man noch überlegt, ob man sich das antun soll, düst ein Elektro-Mountainbiker den Weg hinauf – das muss man dann doch vielleicht nicht versuchen.
Aber der Weg über Aspach-le-Bas, wo es wenigstens einen Bäcker gibt, erweist sich als nicht viel besser. Die sonst vertrauenswürdige Google-Navigation führt ebenfalls auf einen Feldweg, genauso schotterig und steil – die Pause im Schatten am Fuß der Staumauer ist dann wirklich verdient. Auf dem Parkplatz ist Endstation für allerlei Vergnügungsradler: Sie kommen ohne Gepäck an, die Räder werden hier in Transporter eingeladen und abtransportiert.
Im Schatten muss jetzt entschieden werden, wie weit heute noch gefahren wird. Cernay bietet sich als Tagesziel mit einem Campingplatz an, am nächsten Tag könnte man per Rad oder per Bahn zum Schlusspunkt der Reise in Eguisheim bei Colmar fahren. Man könnte aber auch heute noch nach Nordosten weiterfahren bis Staffelfelden und dort den Zug nehmen – die Hitze macht die Entscheidung schwer, schließlich fällt sie für den Campingplatz in Cernay.
Wenige Kilometer sind es bis dahin, verbunden mit einem unangenehmen Zwischenfall. Überall sonst haben die Autofahrer auf dieser Tour viel Rücksicht auf Radwanderer genommen, und kurz vor Ende der Tour begegnet man einem Rüpel: In Cernay ist die Fahrspur durch eine Mittelinsel verengt, Autos und bepackte Räder passen hier nicht nebeneinander. Einem Kleinwagenfahrer gefällt das nicht, er fährt von hinten sachte gegen die linke Packtasche des Rades, um den lästigen Radler beiseite zu schieben. Schließlich lässt er den Radler leben; das hätte übel enden können.
Der Campingplatz Les Cigognes liegt angenehm am Fluss Thur, es gibt freie Platzwahl und sogar ein kleines Schwimmbecken – nach 55 Kilometern in großer Hitze doch die richtige Entscheidung. Heute bleibt der Campingkocher kalt, die Pizzeria nebenan ist nicht schlecht.
Beim Essen schaut man den Störchen bei ihren grotesken Flugübungen zu, die Landung auf dem Kopf einer Straßenlaterne ist gar nicht so einfach! Den ganzen Abend hört man ihr Geklapper, sie sammeln sich schon für den Abflug ins Winterquartier.
Fortsetzung: Von Cernay bis Eguisheim.