Von Saarbrücken nach Mittersheim
(Fortsetzung von Rad-Reisen: Lothringen I)
Es ist Sonntagmorgen, mit dem Sonntagsfrühstück vom Hotelbuffet dauert es seine Zeit, bis das Rad aufgepackt ist. Zur Wilhelm-Heinrich-Brücke über die Saar ist es nicht weit, hier beginnt der Radweg flussaufwärts: Rechts eine Etage höher die Stadtautobahn (von der man nicht allzu viel hört), links der Fluss, auf dem Weg eine Vielzahl von Joggern und Radfahrern. Bald wird es ruhiger, die Straße verlässt den Fluss, ohne es zu merken hat man die Grenze zu Frankreich überquert.
Beim Abzweig des Obergrabens von der Saar taucht die erste Schleuse auf: Schmal, ausreichend nur noch für die Mietboote der Touristen, daneben ein winziges Schleusenwärter-Häuschen.
Saarguemines kommt in Sicht, am Ufer liegen rostige Schleppkähne und erinnern daran, dass es hier mal Frachtschifffahrt gab; im 19. und bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Kohle und Eisenerz übers Wasser transportiert. Nur noch wenige Radler und Fußgänger sind auf dem gut zu fahrenden Weg unterwegs.
In Saarguemines beginnt der Saarkanal (Canal de houillères) mit einer der vielen kleinen Schleusen. Die Betriebsgebäude der Schleusen sind wie hier oft als Wohnhäuser hergerichtet, einheitlich gelb gestrichen und vielfach mit Blumen an den Fenstern und in den Gärten.
Der Blick aus anderer Perspektive erinnert daran, dass der Naturpark Parc naturel régional de Lorraine erst noch vor einem liegt.
Hinter Saarguemines ist man fast allein auf dem Treidelpfad des Kanals, Gelegenheit für eine Kaffeepause!
Der Kanal liegt deutlich über der Saar, der Treidelpfad bietet einen guten Blick in die Landschaft.
In der Ferne sieht man auf einem Klotz neben dem Weg die französische Fahne wehen.
Eine Gedenktafel an dem restaurierten Bunker erinnert an die 700 französischen Soldaten, die in der Schlacht mit der deutschen Armee im Juni 1940 umgekommen sind. Dieser und weitere Bunker waren Bestandteil der Ligne Maginot aquatique: Das Tal der Saar und ihrer Zuflüsse konnte gezielt geflutet werden, um deutsche Angreifer zu stoppen.
Bei Sarralbe verlässt der Kanal und mit ihm der Treidelpfad die Saar. Radwanderer sind allein in stiller Landschaft und begegnen nur wenigen Menschen.
Vom Damm des Kanals geht der Blick in die Weite, später führt die Strecke bis kurz vor Mittersheim durch Wald. Eine Schleuse nach der anderen wird passiert, jedesmal ein gelb gestrichenes Wärterhäuschen, viele bewohnt und blumengeschmückt. Ab und zu überholt man Mietboote von Touristen oder beobachtet sie beim Schleusen.
In Mittersheim begrüßt ein offensichtlich genau so müder Wanderer die Radler. An der Brücke vor dem kleinen Hafen verlassen sie den Kanal und suchen sich einen Platz auf dem Camping du lac vert, 65 Kilometer an diesem Tag sind genug.
Es ist ein großer kommunaler Campingplatz mit Dauercampern, für sie ist noch vor kurzer Zeit investiert worden. Für die Zelt-Touristen gibt es nur eine kleine Wiese, die Sanitäranlagen sind in katastrophalem Zustand.
Für den ersten Reisetag dieser Tour gibt es dann doch noch ein warmes Essen. Das Hôtel au Soleil- da hätte man auch wohnen können – wird von einem alten Ehepaar betrieben, im Restaurant gibt es keine Karte, aber die freundliche Zusage „ich koche euch was“. Die Tochter des Wirtspaars erzählt nach dem Essen – man spricht hier lothringisch-deutsch – , dass sie kurz auf Besuch ist; sie lebt in der Schweiz, in Mittersheim bleiben nur die alten Leute. Landflucht bestimmt das Bild, und Mittersheim ist noch gut dran, immerhin gibt es hier einen Laden mit Bäcker.
Das ist die Ankunft im stillen Lothringen, Metz und Nancy sind weit weg. Ein wunderbarer Abendhimmel über dem Grand Étang de Mittersheim, dann wartet die Luftmatratze im Zelt.
Fortsetzung: Von Mittersheim bis Baccarat.