Von Kehl nach Sundhouse
(Fortsetzung von Rad-Reisen: Elsass I)
Die erste Nacht im Zelt ist nicht die erholsamste. Die Matte ist zwar durchaus weich, aber der Komfort doch eingeschränkt, der Schlafsack eng, und schnell rutscht man von der schmalen Matte auf den harten Boden. Da hilft am Morgen nur Kaffee, Croissants dazu, ein paar Teilchen für den Tag.
Ein Blick auf die Karte: Am ersten Tag sollen es nicht mehr als 50 Kilometer werden, als Tagesziel bietet sich Sundhouse oder der nahe gelegene Campingplatz am Rhein an.
Vom Campingplatz Kehl geht es direkt auf den Rheindamm und dann im Naturschutzgebiet am Fluss entlang. Der Weg ist noch schöner, als es nach der Karte zu erwarten war. Kein Auto, kaum Radverkehr, stille und gut fahrbare Wege – so stellt man sich Radwandern vor.
Der französische Politiker Pierre Pflimlin hatte sich für die deutsch-französische Aussöhnung eingesetzt, die Brücke zum anderen Rheinufer ist nach ihm benannt. Ein kurzes Stück hat man hier die Autos im Blick. Die schmale Straße, die am Westufer des Flusses nach Süden führt, hat einigen Autoverkehr.
Nach wenigen Kilometern erreicht man in Plobsheim den Canal du Rhône au Rhin. Radfahrer und Jogger sind hier bis Basel unter sich. Mächtige alte Alleebäume säumen streckenweise den Weg und geben Schatten. Nach freien Abschnitten mit dem Blick auf die Felder folgt immer wieder Grün links und rechts vom Kanal. Die alten Schleusen sind noch in Betrieb für die Mietboote von Touristen.
Gut zu fahren ist diese Strecke, ideal, um sich am Beginn einer längeren Tour langsam einzufahren. Mit dem guten Ausbau des Weges – durchgängig ebener Asphalt – fördert man den Radtourismus. Touristische Infrastruktur dürfen Radwanderer aber direkt an der Strecke kaum erwarten, es gibt nur wenige einfache Bänke oder Rastplätze, von Cafés am Wege ganz zu schweigen.
Der Tag ist heiß, fast 30°C, 1,5 oder 2 Liter Wasser gehören zum Gepäck, auch Croissants / Rosinenschnecken oder dergleichen für den Hunger zwischendurch.
Diese Gegend ist eine stille Seite des Elsass. Die Touristenströme von Riquewihr, Colmar, Eguisheim verirren sich nicht hierher, kleine Dörfer liegen in einer weiten Landschaft.
An der Brücke von Sundhouse endet für heute der Weg am Kanal entlang. Bevor es auf die Quartiersuche geht, müssen erst einmal Getränke eingekauft werden: In der großen Hitze sind alle Vorräte verbraucht.
Der Parkplatz vor dem Supermarkt ist glühend heiß, unter einem Vordach wird ein erster Schluck getrunken.
Für das Dörfchen Sundhouse nennt der französische Campingführer eine Adresse, aber es gibt ein Problem: Hier gibt es gar keinen Campingplatz, und der nahe gelegene Campingplatz in Schönau am Rhein hat gerade geschlossen.
Die Quartiere in Sundhouse sind belegt. Aber am Ortsrand gibt es ein paar Holzhütten, die Vermieter wohnen im Ort.
Ein Châlet nature, eine kleine Holzhütte mit einem Bett ist noch frei, aber drei Leute? Die Vermieter erbarmen sich und öffnen ihre kleine Hütte für drei Leute.
Zwei Zelte auf dem Rasen dahinter – man hat nichts gesehen. Die Hütte hat ein winziges Bad, ein noch winzigeres Waschbecken, Mikrowelle und Wasserkocher, was will man mehr? Der Duschwasser-Boiler ist kalt, angeblich gibt es keinen Schlüssel zu dem Verschlag mit den Sicherungen, angeblich hat ein Gewitter die Sicherungen herausfliegen lassen – nach einigem Palaver gibt es doch einen Schlüssel, und merkwürdigerweise waren nur die Sicherungen für den Boiler ausgeschaltet … aber das Nachtquartier ist gesichert.
Im Ort gibt es einen Supermarkt, schnell ist die mobile Küche aufgebaut. Nudeln mit einer köstlichen Sauce nach Art des Hauses, nach 47 Kilometern und einem Sonnentag ist das ein würdiger Abschluss.
In der Dämmerung kommt Besuch: Im Gras fängt es an zu leuchten. Die hellen Punkte im unscharfen Handy-Foto sind Glühwürmchen, sie verabschieden in die Nacht.
Fortsetzung: Von Sundhouse bis Guebwiller.