Schein und Sein in Hiltrup
Klein-Bottrop in Hiltrup, das ist erst ein paar Jahre her; da war die Marktallee an der Kreuzung Westfalenstraße so heruntergekommen, dass es zu unschönen Vergleichen reizte. Klein-Bottrop ist durch einen Neubau ersetzt, und an der Marktallee hat sich in der Zwischenzeit viel getan. Viel neue Einzelhandelsfläche wartet auf Mieter in den Neubauten, die Immobilienblase in Hiltrup hat uns neue Probleme beschert.
Lange ist diskutiert worden, als Stroetmann den Neubau eines Supermarktes am Hiltruper Bahnhof plante: wird die Marktallee das verkraften? In Gesprächen mit der Verwaltung fragte die Hiltruper SPD damals nach, ob sich da nicht ein großes schwarzes Loch auftun würde: hier der neue Supermarkt, da Café Klostermann, und dazwischen nichts. Die Fachleute der Verwaltung sahen keine Probleme, Edeka-Wiewel sitzt seit Anfang 2017 in dem Neubau am Bahnhof. Und jetzt?
Hiltrup sollte alles daran setzen, diesen kritischen Bereich der Marktallee aufzuwerten. Vieles liegt in der Hand der Grundeigentümer, aber: wenigstens das bisschen öffentliche Grün, das es in Hiltrup noch gibt, sollte nicht auch noch nach Klein-Bottrop aussehen.
An der Kreuzung Marktallee / Hülsebrockstraße, direkt neben der Bushaltestelle fristet ein öffentliches Kunstwerk in öffentlichem Grün ein kümmerliches Dasein. Unkraut und Müll beherrschen das Bild. Diese Dreckecke liegt genau dem neuen Stroetmann-Wiewel-Supermarkt gegenüber. Die Ironie ist noch auf die Spitze getrieben: der Dreck hockt ausgerechnet in einer Wiewel-Plastiktüte auf der steinernen Bank. Aufenthaltsqualität, das oft gebrauchte Prädikat für „Hiltrups Flaniermeile“ Marktallee, sieht anders aus.
Wer von hier aus die Marktallee herunter geht, bekommt nach der Dreckecke an der Kreuzung ein sehr wechselhaftes Bild zu sehen. Die Marktallee wirkt hier zunächst wie ein großer Trichter, ohne Gestaltung verengt sie sich langsam.
Die Marktallee ist hier nicht wirklich spannend, aber: die gut besuchte Außengastronomie der Eisdiele Monte Verde (Marktallee 78) korrespondiert mit dem freundlichen Bild gepflegter Grünflächen vor den Wohnblöcken gegenüber.
Der Schock kommt bei den nächsten Schritten. Neben der Gaststätte Nikos (Marktallee 73) gähnt schon seit Anfang 2017 ein schwarzes Loch. Der alte Wiewel-Laden steht beharrlich leer. Die Flächen vor der verschlossenen Ladentür sind ungepflegt, das Umfeld gammelt. Die Eigentümerin hat keine Eile mit der Neuvermietung, sie ist in Urlaub.
Gegenüber sieht es nicht besser aus. Entsteht hier der nächste Leerstand? Verdächtig langsam wird an dem Neubau Marktallee 72 gearbeitet, finden sich auch hier etwa keine Mieter für das Ladenlokal?
Direkt nebenan ist der nächste Stroetmann-Wiewel-Schaden zu besichtigen. Wo bis vor Kurzem die Firma Kodi Pött un Pann anbot, sind die Schaufenster verhängt, ein unansehnlicher Filzstift-Schrieb weist auf die neue Adresse im Stroetmann-Neubau hin.
Der nächste (kaschierte) Leerstand schließt sich an. Hier residiert eine Verlegenheitslösung, der Bauträger nutzt das vor einigen Jahren gebaute Ladenlokal für Bürozwecke, offensichtlich hat sich kein Einzelhändler gefunden. Äußerer Eindruck: tote Hose.
Viel besser sieht es auch vor dem kleinen Kaufhaus Burgholz (Marktallee 64) nicht aus. Die Parkplatz-Wüste ist für den Einzelhandel unverzichtbar – aber häßlich. Die Schotter-Wände (Gabionen) entlang des Bürgersteigs sind zwar im Augenblick der letzte Schrei (selbst auf den Friedhöfen sichtet man das Material inzwischen), aber sie wirken unwirtlich, ihr helles Grau wird recht bald eindunkeln, Farbton Eisenbahn-Schotter, und die Gehweg-Platten müssten dringend neu verlegt werden.
Vor all dem Grau verzweifelt einer nicht: Unbeirrbar, bei Regen und Wind ist der Bratwurst-Mann mit seinem Liliput-Stand auf dem Posten und trotzt dem grauen Einerlei.
Gegenüber, ja da müsste auch was passieren! An dieser Stelle (Marktallee 67) pflegte früher Aldi seine Schlicht-Ästhetik, aber selbst Aldi war das mit der Zeit zu schlicht (und wohl auch zu klein). Geblieben sind Unkraut und Billigst-Ware, hier schlendert niemand zum Shopping.
Echte Aufenthaltsqualität gewinnt die Marktallee erst rund um das Café Klostermann (Marktallee 49), doch Vorsicht: der nächste Leerstand ist nicht weit.
Seit die Deutsche Bank ihre Kundennähe nur in der Stadtmitte zeigt, wartet auch hier an der Marktallee 41 ein großes Ladenlokal auf eine neue Nutzung. Family soll dahin umziehen, aber was wird dann aus der bisher nebenan von Family genutzten Fläche? Eine hoch spannende Frage, denn parallel drängen weitere Ladenflächen auf den Mietmarkt. Man kann nur hoffen, dass es genug interessanten Einzelhandel gibt, der bislang noch nicht in Hiltrup vertreten ist und die Mieten erwirtschaften kann. Zusätzliche Billigläden würde die Marktallee kaum noch verkraften, ohne das Gesamt-Niveau zu beschädigen.