Rhodes in Lothringen
Schinderhannes und Hunsrück liegen hinter den Reisenden, es geht weiter durch die Pfälzer Berge Richtung Süden. Die Landschaft ist reizvoll-bewegt, und eine Straßensperrung vor Kaiserslautern lässt sie noch intensiver erfahren auf kleinsten Nebensträßchen. Durch den Regionalpark Nördliche Vogesen soll der Weg immer abseits der Autobahn nach Saverne führen, um das Städtchen aus der Nähe betrachten zu können. Bauarbeiter machen mit einer Straßensperrung einen Strich durch die Rechnung, Saverne wäre nur mit einem großen Umweg zu erreichen: Warum dann nicht gleich weiter nach Westen an die Seen im Regionalpark Lothringen? Das sollte eigentlich erst die nächste Etappe sein, aber Saverne kann man sich auch ein ander Mal ansehen.
Die Landschaft wird immer flacher und weiter. Am Étang du Stock, einem der zahlreichen Seen, liegt das winzige Örtchen Rhodes, die Kirche direkt am See und zwischen Kirche und See ein Mini-Campingplatz: Auf einer Seite der Mauer liegen die Toten, auf der anderen erfreuen sich die Camper am Ausblick auf den See.
Die Bootsstege und das große Restaurant im Ort lassen ahnen, welcher Rummel hier in den Sommerferien tobt – jetzt in der Nachsaison ist es still. Nur am Samstag und Sonntag gibt es frisches Brot im örtlichen Dépot du pain.
Die Kirche ist sorgfältig renoviert und offen. Das Licht fällt durch die geöffnete Tür auf die alten Steinplatten im Kirchenschiff, links und rechts die eichenen Bänke. Das wirkt original, passend zum Äußeren des kleinen romanischen Baus. Aber dann!
Vor Jahren ist die Kirche mit viel Engagement von Spendern renoviert worden, und entweder bei dieser Gelegenheit oder früher hat man ihr eine neue Decke verpasst. Die romanische Schlichtheit hat man „verschönt“ und mit einer Fülle von „Beigaben“ angereichert.
In krass-grünen Lichteffekten leuchtet magisch der Altar.
Beim Spaziergang auf der kurzen Hauptstraße ist an einigen Häusern abzulesen, wie hier früher gelebt wurde: Einfache kleine Häuser aus Bruchsteinen, ein kleiner Wohnteil neben der Einfahrt für Wagen und Gerät.
Die meisten Häuser sind aber nicht mehr wiederzuerkennen; die Fassaden sind mit Verputz oder anderen Verkleidungen verschönt, und alle Flächen sind ausgiebig asphaltiert.
Das Geschrei der Gänse, die einen Hühnerhof am Ende der Straße aufmerksam bewachen, lassen die Spaziergänger hinter sich und kehren zurück zum See. Der Anblick der schön gelegenen Kirche bezaubert die Touristen, die Provinz zeigt hier ihr freundliches Gesicht.
Das gilt auch für die kleinen Versuchungen am Abend! Denn was soll man am Abend essen wenn nicht Regionales? Das Münstertal in den Vogesen ist nicht weit, und der Münster-Käse ist nicht nur stinkig-gemeingefährlich-heftig, wie wir ihn aus der Vergangenheit in Erinnerung haben. Salzkartoffeln in die Schüssel und obendrauf eine ordentliche Schicht milden Münster-Käse (ja, den gibt’s), abdecken und warten bis der Käse zerläuft, und fertig ist ein deftig-leckeres Essen. Dazu einen Elsässer Riesling, noch einen Weichkäse aus der Region, ein Stück mittelalten Comté (das ist auch nicht weit entfernt) und ein pain aux céréales – das nennt man Leben wie Gott in Lothringen!