Viel Lärm um ein Missverständnis
Ein renommierter Islam-Wissenschaftler der Universität Münster und ein bekennender Islam-Hasser treffen aufeinander, was kann dabei heraus kommen? Als Podiumsdiskussion war die Veranstaltung angekündigt, der Hayek-Club Münsterland e.V. tauchte als Organisator auf. Für das interessierte Publikum ein durchaus reizvoller Termin: Khorchides Position ist weit über Münster hinaus bekannt, er sucht die Öffentlichkeit und war auch in Hiltrup schon zu Gast. Hayek-Club, mit diesem Verein verbindet der Normalverbraucher zunächst nichts. Egal, warum sollte man nicht einmal den Skandal-Schriftsteller in der Auseinandersetzung mit einem gestandenen Wissenschaftler erleben? Denn Sarrazin kaufen, dafür ist einem das Geld doch zu schade.
Der Termin passte dann doch nicht. Was die Medien danach über die Begleiterscheinungen der Veranstaltung berichteten, macht allerdings sehr nachdenklich.
Vor der Hiltruper Stadthalle war die Gedankenpolizei aufmarschiert. 100 Demonstranten, um Besucher zu fotografieren und ihnen den Stinkefinger zu zeigen. Wen wollten sie beeindrucken? Die bekennenden AfDler wohl kaum; für sie ist jede Form von Aufmerksamkeit Reklame. Die Besucher, die am Auftritt Khorchides interessiert waren, und Khorchide selbst? Warum Khorchide diskreditieren, warum nicht sein Engagement unterstützen, in der Höhle des Löwen die offene Auseinandersetzung mit dem Hass zu suchen, Sarrazin nicht unwidersprochen zu lassen? Wem dient solche Aktion, ist sie nicht letztendlich nur eine Form der Selbstdarstellung bestimmter örtlicher Akteure?
Googelt man im Nachhinein ein wenig hinter dem Hayek-Club her, erfährt man interne Querelen. Die Abgrenzung zu den Rechtsextremisten ist ein Thema; man schmückt sich mit den Vokabeln Gemeinnützigkeit und Liberalismus, die Liberalen sind aber längst auf Distanz gegangen. Sarrazin sucht sich seine Partner eben da, wo er selber steht. Er darf sich an diesem Abend eine Stunde lang produzieren, Khorchide darf nur wenige Minuten reden. Eine zweifelhafte Veranstaltung. Offensichtlich ein Missverständnis, soweit es um Diskussion und intellektuelle Auseinandersetzung geht. Aber aller Ehren wert, dass Khorchide den Dialog versucht hat.