Tempo 30 und dann?
Münster hat mit der Hammer Straße insbesondere im innenstadtnahen Abschnitt eine sehr lebhafte und vielseitige Straße. Viele kleine Geschäfte, eine bunte Vielfalt prägt das Bild. Dichte Wohnbebauung links und rechts sorgt für entsprechend viele Besucher, viele davon mit dem Fahrrad: Radfahrer in Scharen kämpfen um Platz auf den Radwegen; die sind so schmal, dass schon sichere Radfahrer kaum überholen können, und ältere, nicht mehr so sichere, haben genauso wie Kinder in Fahrradanhängern ernsthafte Probleme. Die enge Fahrbahn teilen sich Stadtbusse und viele PKW, aber auch die für den Einzelhandel unverzichtbaren Parkplätze.
Die Situation ist also schwierig. Umso erstaunter reagieren die Bürger auf Patentrezepte, die gerade über ihnen ausgeschüttet werden. „Tempo 30“ schallt es gebetsmühlenhaft (wie immer) aus der grünen Ecke, als ob davon irgendeine positive Wirkung zu erwarten wäre: wenn viel los ist auf der Hammer Straße, staut es sich sowieso langsam voran, und Radwege werden nicht breiter durch eine Geschwindigkeitsbeschränkung. Oder sind die früher gern gescholtenen „Kampfradler“ damit gemeint?
Aus der CDU-Ecke kommt dagegen nur Hinhaltendes, offensichtlich ist man überfahren worden. Die CDU will Gefahren minimieren, sagt sie, eine so heilsbringende wie inhaltsleere Ankündigung, und weist auf einen uralten Konfliktfall hin: der Beifahrer steigt aus und rammt mit der Autotür den Radfahrer auf dem Radweg. Dieser Konflikt ist jedem bekannt, der selbst Fahrrad fährt, und jedem fallen gleich die bewährten Standardlösungen ein. Es ist doch ganz einfach, man trennt parkende Autos und Radfahrer durch einen ausreichend breiten begrünten Distanzstreifen und verbreitert den Radweg auf mindestens zwei Meter – die CDU muss nur entscheiden, ob die Bebauung rechts oder links von der Straße abgerissen wird, Platz ist dann genug. Die Josephskirche steht ja zum Glück etwas weiter zurück…. Aber so konkret ist Herr Weber von der CDU dann doch nicht, er bringt dafür „Schrägparken“ ins Gespräch. Das entschärft eindeutig die Beifahrertür der geparkten Autos und erfordert nur neue Verkehrsschilder: auf dieser Straße dürfen nur noch Autos parken, die nicht länger als zwei Meter sind.
So wiederholt sich ein hässliches Spiel, das die münsterschen Grünen vorher mit der SPD spielen wollten. Der Schwanz wedelt mit dem Hund, der – in diesem Fall schwarze – Hund muss wohl oder übel hinterher und darf sich seinen Ärger nicht anmerken lassen?
„Wer glaubt, dass man den attraktivsten Boulevard Münsters am schwarz-grünen Schreibtisch umplanen könnte, ist auf dem Holzweg“, kritisiert Thomas Fastermann, SPD-Verkehrsexperte und Ratsherr für den Wahlkreis Schützenhof die Aussagen von CDU und Grünen, die Hammer Straße umplanen zu wollen. Es müsse vielmehr darum gehen, alle Betroffenen mit einzubeziehen, so der Sozialdemokrat. Das sind nach seiner Auffassung neben den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern auch die Menschen, die im Südviertel wohnen, und die Kaufleute an der Hammer Straße. „Aus Betroffenen Beteiligte machen“ müsse daher das Ziel sein, so Fastermann weiter.
„Es ist unstrittig, dass wir über eine Neuaufteilung des Verkehrsraums sprechen müssen“, ist auch Dr. Michael Jung, SPD-Fraktionsvorsitzender und Ratsherr für den Wahlkreis Pluggendorf-Bahnhof überzeugt. „Das muss aber mit den Bürgerinnen und Bürgern passieren und nicht im schwarz-grünen Hinterzimmer“, erklärt der SPD-Politiker. Die SPD werde sich deshalb für einen offenen Planungsworkshop stark machen. Jung und Fastermann: „So können wir die Hammer Straße mit allen Anliegerinnen und Anliegern gemeinsam umplanen.“