„23-Jährigen brutal attackiert“, daneben „Deutsche bewaffnen sich“ – unsere Heimatzeitung, die Westfälischen Nachrichten gestalten eine Titelseite mit Verbrechen und Angst (8.2.2017). Was, schon wieder ein Kapitalverbrechen im friedlichen Münster? Kein Wunder dass die Leute sich bewaffnen, und die WN heizen das Thema mit dem Kommentar auf der Titelseite noch weiter an: da wird munter schwadroniert über einen „gesellschaftspolitischen Bewusstseinswandel“, angeblich trauen die Bürger dem Staat nicht mehr zu sie zu beschützen; die politisch Verantwortlichen hätten „überlastete Polizisten, Chaos und Einsparungen bei den Strafverfolgungsbehörden und die Gefahr durch Terror und Einbrecherbanden“ zu lange negiert. Traurig traurig, man kann bald nicht mehr vor die Tür gehen – oder spielt hier jemand mit Fake News?
Bei näherem Hinschauen staunt man dann doch. Die Attacke auf den 23-Jährigen ist nicht die Nachricht, die die Überschrift suggeriert. Die Attacke liegt Monate zurück, der kleine Artikel hat einen anderen Inhalt als es die Überschrift suggeriert. Es ist sozusagen der zweite dünne Aufguss. Eine klare Verletzung journalistischer Standards. Man merkt die Absicht und ist verstimmt; das Blatt hat sich einen Dreiklang aus irreführender Attacken-Überschrift, allgemeiner Bewaffnung und Kommentar mit Panikmache zusammengebastelt.
Zu scharf geurteilt? Na, schauen wir doch ins Blatt hinein: aus dem 7-Zeiler der ersten Seite ist auf Seite 3 der Fünfspalter „Motiv Rache: Messerstecher stehen vor Gericht“ geworden. Nun muss es doch genug sein mit der Nachverwertung des Verbrechens aus dem Vorjahr, denkt der geneigte Leser, aber weit gefehlt: im Lokalteil verbreitet sich ein noch längerer Fünfspalter über dieselbe Nachricht. „Mit der Linie 10 zum Tatort“ heißt das jetzt.
Unangemessen aufgeblasen ist diese Vielfach-Aufmachung – nur dazu geeignet, ein allgemeines Bedrohungsszenario für die armen Münsteraner zu malen. Das Verfahren ist uralt, es gehört zur Grundausstattung konservativer Agitation. Die WN sind in diesem Punkt Wiederholungstäter.