Münster auf dem Boden der Wirklichkeit
Mindestens seit Mitte 2017 ist bekannt, dass die Zentrale Unterbringungs-Einrichtung für Asylbewerber (ZUE) in Schöppingen geschlossen wird. Die Einrichtung hat ihr 25jähriges Jubiläum gefeiert, demnächst ist dort Schluss. Dazu kommt: nach den Kapazitätsvorgaben des Landes müssen weitere Unterbringungsplätze für Flüchtlinge geschaffen werden. Neue Standorte müssen her, jetzt steht einer fest: Die Erstaufnahme-Einrichtung (EAE) für Flüchtlinge in der York-Kaserne in Münster-Gremmendorf wird Mitte 2017 umgewandelt, auf dem Areal sind bis zu 500 Plätze einer neuen ZUE vorgesehen.
Münsters Ratsmehrheit von Grünen und SPD dürfte diese Entwicklung sicherlich begrüßen. In den letzten Monaten wurde mit hohem moralischem Anspruch die münstersche Willkommenskultur betont und die Bereitschaft, Alles zu tun für die Eingliederung Geflüchteter. Mit dieser Begründung weigerte sich bekanntlich die Ratsmehrheit, die neue Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Münster aufzunehmen.
Das Kalkül war einfach. Mit Abschiebungen von Ausländern sollte Münster sich die Hände nicht schmutzig machen. Die Erstaufnahme-Einrichtung (EAE) in der Gremmendorfer York-Kaserne war befristet und sollte im Jahr 2018 auslaufen. Danach, so spekulierte man, könnte man endlich dem Bund das Kasernengelände abkaufen und mit dringend benötigten Wohnungen bebauen.
Nun tritt ein, wovor Münsters Stadtverwaltung gewarnt hatte: Wenn keine ZAB, dann auch keine Wohnungen in Gremmendorf. Denn das Areal ist jetzt bis auf weiteres blockiert durch die ZUE. Und in den Nachbarstädten gab es einen Wettlauf um die ZAB, Rheine und Coesfeld wollten sich durchaus die Hände schmutzig machen.
So ist Münster einmal mehr seinem schlechten Ruf in NRW gerecht geworden; dem Ruf, hochmütig und anspruchsvoll zu agieren. „Wir nehmen doch keine ZAB“, so eine Antwort von einer Stadt, die sonst bei jeder Gelegenheit darüber jammert, dass Behörden abgezogen und anderswohin verlagert werden – das musste eine Reaktion des Landes provozieren. Und die war ganz einfach. Nur die EAE in der York-Kaserne ist vertraglich befristet, über ZUE in Münster gibt es offensichtlich keinerlei Vereinbarungen, und neue ZUE-Standorte werden gebraucht, siehe oben.
Nun können wir abwarten, wie diese vertrackte Situation sich entwickelt. Man wird Schuldige suchen, natürlich nur in der Bezirksregierung oder außerhalb von Münster. Man wird es sich schön reden. Man wird die Stadtverwaltung beauftragen, nach Lösungen zu suchen, also mal eben 500 Plätze an anderer Stelle in Münster anzubieten (Münster hat ja reichlich freie Unterbringungsplätze, nicht wahr?). Man wird das Problem kleinreden: et hät noch immer jut jejange, Wohnungen kann man auch anderswo bauen, sowieso verkauft der Bund die alten Kasernen doch nicht, bis man mit dem Bund den Preis verhandelt hat ist die ZUE bestimmt wieder weg, usw. usw. … Pikant wird es, wenn die Grünen jetzt den CDU-Oberbürgermeister, ihren Koalitionspartner, für das von ihnen selbst verursachte Desaster verantwortlich machen. Den haben sie in dem bewährten Erpressungsspiel ja gerade noch gezwungen, mehr als 5 Millionen Euro Steuergeld für rote Farbe auf Münsters Straßen auszugeben. Ob der Mann mal endlich Rückgrat zeigt und den Grünen statt roter Farbe die rote Karte zeigt?
Aber vielleicht fällt jemandem noch eine andere originelle Antwort auf dies Possenspiel ein.
Gestern noch auf stolzen Rossen, manche werden sich erinnern, wie dieser Reim aus Reiters Morgenlied (Wilhelm Hauff) vollständig lautet: Gestern noch auf stolzen Rossen, heute durch die Brust geschossen.