Ein-Euro-Linsengericht

Münster: SPD-Wahlempfehlung für Grüne

Enttäuschte Liebe, Untreue, Eifersucht, vergebliche Leidenschaft – Verhältnisse sind manchmal anstrengend, insbesondere zwischen Parteien. Was haben Grün und Rot sich in der Vergangenheit nicht geprügelt, wenn es um die Konkurrenz im Rat von Münster ging! Wie herzlich haben sich die Grünen an SPD-Fraktionsvorsitzenden abgearbeitet! Man war gut zerstritten, das wenigstens wurde mit Vorsatz und Gründlichkeit ausgetragen, die anständige Prise Arroganz nicht zu vergessen.

Nun ist Münsters SPD in der Kommunalwahl 2020 abgestürzt, alle Träume eines eigenen Oberbürgermeisterkandidaten sind zerstoben. Was tun? Der bisherige CDU-Oberbürgermeister hat doch als Grüßonkel der Stadt eine brauchbare Show geliefert. Sein Einsatz als Interessenvertreter der Apotheker zeigt tiefe Verwurzelung im bürgerlich-kaufmännischen Milieu. Den eintauschen gegen einen Kandidaten, den man wohl in Schleswig-Holstein nicht mehr haben wollte? Markenzeichen Drei-Tage-Bart?

Die Spitze von Münsters SPD geht in dieser schwierigen Frage den Wählerinnen und Wählern mit einer Wahlempfehlung zur Hand. Die SPD ruft zur Wahl des grünen Kandidaten Peter Todeskino zum Oberbürgermeister auf. Den SPD-Parteimitgliedern wird zur Begründung die Pressemitteilung gemailt – nachträglich – mit den üblichen Floskeln: Chance und Gemeinsamkeiten. Und das Ein-Euro-Ticket. Das ist alles.

Ein Euro, das ist die Preislage des biblischen Linsengerichts. Bei dem ging es noch um etwas. In Münster ist jeder Oberbürgermeister, egal welche Person und aus welcher Partei, mit wechselnden verfeindeten Mehrheiten im Rat konfrontiert. Voran geht da kaum noch etwas. Nur die Schulden der Stadt wachsen kontinuierlich. Aber das betrifft ja erst die nächste Generation.

Die Szene macht jetzt mobil. „FÜR EIN KLIMA MIT WINTER PETER TODESKINO WÄHLEN“ steht auf einer Art Weihnachtskarte – Weihnachtsmänner an die Front? -, die per Email ins Haus kommt. Münsters Dom im Schnee, damit niemand diese schräge Idee klaut, ist sie gleich mit einem Copyright-Hinweis versehen: „© CHRISBRAUN.NET“. In der Rubrik „Unterstützer“ steht Blindtext, was für ein schönes Wort! Und auch hier haben die Akteure es mit dem einen Euro: Ein Betrag von 1 Euro bis 100 und mehr (sollte) möglich sein, heißt es in der Bettelmail des grünen Aktivisten für eine Unterstützer-Anzeige in der Zeitung.

Man muss sich das näher ansehen, was dieser grüne Neu-Ratsherr sonst noch an seine Email dran gehängt hat, ein Text der besonderen Art:

„Rainer Bode, Neu: Heisstr. 35, 48145 Münster
Tel. 0251-132475
Bald 10.000 Unterschriften: https://corona-hilfen-nachbessern.de/
Mario Adorf erklärt die Welt: https://www.youtube.com/watch?v=LdQyQLs2THM
„Der Kompromiss ist der Kern der Demokratie.“ Heribert Prantl
Stille Post oder die Innere
Führungs-Kettenreaktion von Wolfgang Neuss:
http://www.youtube.com/watch?v=FzjzSWfZ3xM
„Wenn du keine guten Songs hast, helfen dir auch
keine Businesspläne.“ Mando Diao
Ralf D.: „Was nicht kontrovers ist, ist nicht der Rede wert.“

Da ahnt man, was auf Münster zukommt, viel Spaß für den neuen oder alten Oberbürgermeister. Der Bettelmailschreiber verlinkt dann noch auf ein Werbevideo des grünen Kandidaten. Wer hat denen das bloß eingeredet? Oder haben die das selbst gebastelt? Da wackelt und grinst er unrasiert im Bild herum, zwischendurch mit himmlischem Augenaufschlag, eine gekonnte Parodie auf sich selbst, passend zur Bettelmail.