“Ein komplexer Fehler“
Die Leitung sieht sehr schön aus, es ist kein Fehler zu erkennen: gestern war das die Auskunft der Telekom auf die Frage, wann der Kunde denn endlich wieder Telefon und Internet hat. Heute hat der „Service“ der Telekom gleich zwei neue Auskünfte parat:
1. Also, die SMS von der vorigen Woche, dass die Störung behoben sei, die können Sie vergessen, die hat nämlich niemand verschickt – der Kunde erinnert sich an Odysseus, Niemand hat den Zyklopen geblendet. Der Telekom-Niemand heißt nicht Odysseus sondern Roboter. Die SMS können Sie ruhig löschen, sagt die freundliche Stimme dazu.
2. Wann kann ich denn wieder telefonieren, das Loch in der Straße mit dem Kabel unten drin, das gähnt doch schon eine Woche: das kann ich Ihnen nicht sagen, das ist ein komplexer Fehler, da muss noch eine andere Abteilung ran. Soll ich morgen wieder anrufen? Nein, brauchen Sie nicht, das sehen Sie ja, wenn es fertig ist.
Telekom-Kunde, da ist man einfach fertig. Telefonieren und Surfen braucht man dazu gar nicht.
Man fragt sich: diese Technik, Kupferleitungen in der Erde zu verbuddeln und Signale von A nach B da durch zu leiten, die gibt es doch schon seit Kaisers Zeiten, länger als 100 Jahre; das kriegen die immer noch nicht hin?
Um 11h klingelt der nächste Telekom-Techniker. Die Muffe in der Erde sei kaputt gewesen, ein Kurzschluss, der Schaden sei behoben. Sie messen zu zweit, sie messen noch einmal: ja, die Leitung, also der Draht vom Haus bis zum nächsten Verteilerkasten sei jetzt in Ordnung. Aber es kommt kein Signal, mit dem der Router etwas anfangen könnte, es synchronisiert sich nicht. Auf Nachfrage kommt die Bestätigung dessen, was der Kunde schon länger denkt: analoges Telefon, auch ISDN würde auf dieser Leitung problemlos laufen. Nur die schöne neue Technik der IP-Telefonie streikt. Und dann sagt der gute Mann den Spruch, den der Kunde nun schon so oft gehört hat: da müssen jetzt die Kollegen von der anderen Abteilung ran. Das haben wir nicht gelernt, was jetzt gemacht werden muss.
Wann das denn passiert, will der Kunde wissen: keine Ahnung.
Eine Ahnung bekommt der Kunde noch am selben Tag. Am Mittag meldet sich zum zweiten Mal die Telekom-Abteilung, die die schriftliche Beschwerde des Kunden bearbeitet. Der hatte nämlich die Bundesnetzagentur eingeschaltet. Der Beschwerde-Spezialist erkundigt sich mitfühlend nach dem Stand der Dinge; auch bei ihm ist inzwischen angekommen, dass die Störung nach wie vor nicht behoben ist. Auch er findet es ärgerlich, dass dem Kunden per SMS zur Störungsbeseitigung gratuliert wird, obwohl die Störung andauert, aber das sei bei der Telekom einfach so. Er kündigt den nächsten Technikerbesuch an (das wäre dann der dritte), fragt höflich, wann es dem Kunden passt, und kündigt einen umgehenden Rückruf zur konkreten Terminvereinbarung an. Der kommt nach einer Weile, aber vorher kommt um 13.41h die nächste SMS von der Telekom: „Lieber Kunde, es tut uns sehr leid, dass Sie eine Störung … hatten. Wir haben uns schnellstmöglich um Ihr Anliegen gekümmert und eine gute Nachricht für Sie: Inzwischen konnten wir die Störung beheben….“.
Schnellstmöglich, das ist immer eine Frage des Maßstabs. Und eine Störung ist nach den Regeln der Telekom – so viel weiß der Kunde inzwischen – dann behoben, wenn „das Ticket geschlossen“ ist: das Problem reist dann auf einem anderen Ticket weiter. Telefon + Internet funktionieren immer noch nicht.
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