Camping als Ausweg?
Ringsum nur Risikogebiete? Den Urlaub in den Nachbarländern mit Test und / oder Quarantäne büßen? Deutsche Urlauber entdecken das Camping. Wohnwagen und Wohnmobile werden in ungekannten Mengen gebaut und verkauft. Urlaub im Freien, keine Platzreservierung und Maskenpflicht, was könnte schöner sein.
Also angespannt und los – wenn es denn so einfach wäre. Mitte September, die Schulferien sind vorüber, vorsichtshalber eine Anfrage bei dem kleinen Naturcampingplatz am Rande des Pfälzer Waldes. Die Region früher immer nur durchfahren auf dem Weg nach und von Frankreich, eine Wissenslücke. Die Antwort sagt alles über die aktuelle Lage am Campingmarkt. Ausgebucht bis in den Oktober hinein. Nanu, in dieser Jahreszeit ausgebucht? Nun, die Pfalz kann man sich auch ein anderes Mal ansehen. Elsass, Südfrankreich, das ganze Ausland ist viel zu riskant (obwohl dort die Campingplätze leer sind), also Markgräflerland. Auch hier fragt man vorsichtshalber an, und es gibt freie Stellplätze.
Die Überraschung trifft wie der Blitz. Der Campingplatz in Badenweiler hat einen Platz reserviert. Anders als in Vorjahren aber ohne Rücksicht auf den konkreten Caravan. Aussicht zur Mauer. Die ist bewachsen, aber wollte man das? Und der Campingplatz ist voll. Voll bis zum Rand. So voll, dass die Betreiber es selbst nicht fassen können. Dicht gedrängt stehen Caravans und all die vielen nagelneuen Wohnmobile. Blankes Blech, lang und hoch aufgetürmte Schlachtschiffe. Rangieren mit Getöse, ihre LKW-Motoren sind laut. Kaum stehen sie, surrt die Satellitenschüssel auf dem Dach in Position. Dann werfen die Besitzer sich in die Sonnenliegen und rösten sich. Wie am Meeresstrand. Am Abend gibt es Lichtspiele. Wo die Platzbetreiber aus guten Gründen mit Licht gespart haben, lassen die mobilen Schlachtschiffe es krachen. LED-Ketten an der Dachkante beleuchten kalkweiß die ganze Umgebung, strahlend hell. Seht her, so teuer war dies Ding, so hell können wir es machen.
Parkplatzatmosphäre verbreitet sich, Großstadtparkplatz. Auch Caravans sind keine Schönheiten, aber sie sind kleiner; bringen den Charme der Gartenlaube mit, das zugehörige Auto kann auch auf dem separaten Parkplatz verschwinden. Das Wohnmobil bleibt Lastwagen. Man begreift voll Kummer: Diese vielen neuen Wohnmobile müssen ja irgendwo bleiben; sie vermehren sich wie die Karnickel und sind plötzlich eingesperrt, können nicht mehr in die weite Welt und ballen sich im Lande. Dort ist der Platz begrenzt.
Aus der Traum vom Campen in der Natur? Nicht ganz, der Traum ist noch nicht verloren. Nur die Bedingungen ändern sich. Wohnmobile, zeigt die Erfahrung, sind Fahr-Zeuge, unentwegt wollen sie unterwegs sein. Hier ein paar Tage, dann weiter wo anders hin, immer auf der Flucht. Wolken am Himmel? Schnell weiter, die Sonne muss scheinen. So auch im September in Badenweiler. Bei 30 Grad dösen alle in der Sonne; dann kommen Wolken auf, und das große Wohnmobil-Rennen geht weiter.
Regen? Nach dem Regen sind fast alle Wohnmobile weg, die „klassischen“ Camper mit ihren Caravans bleiben. Genießen die Weite. Die Ruhe. Das Dunkel am Abend. Und fühlen sich sicherer vor Corona-Erregern, wenn sie die Sanitäranlagen nutzen – mit Masken und viel Abstand. Demnächst kommen sie gleich erst im Oktober.