Die SPD kann nach der verlorenen Kommunalwahl 1999 die Stimmung nicht mehr drehen, das Klima in der rot-grünen Landtagskoalition ist schlecht. In der Landtagswahl 2000 legt die FDP mit ihrem Landesvorsitzenden Möllemann kräftig zu. SPD und Grüne verlieren zusammen 6%, behalten aber die Mehrheit, Clement bleibt Ministerpräsident.
Der 1998 in NRW als Hoffnungsträger angetretene Clement wechselt im Oktober 2002 als Wirtschaftsminister in die Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Er hinterlässt seinem Nachfolger Steinbrück in NRW ein schweres Erbe: Clement hatte in der öffentlichen Wahrnehmung die Bodenhaftung verloren, sein Führungsstil und Umgang mit Mitarbeitern wurde zunehmend als arrogant beschrieben. Die CDU wird im Mai 2005 stärkste Landtagsfraktion und wählt mit dem Koalitionspartner FDP Dr. Jürgen Rüttgers zum Ministerpräsidenten.
In der SPD Hiltrup gibt es einen Generationenwechsel. Mit dem neuen Vorsitzenden Jörg Knebelkamp kommt Anfang 2000 ein neuer Vorstand; um Dr. Kristian Loroch bildet sich eine Juso-Arbeitsgemeinschaft. Zu den Themen Ortsentwicklung und Verkehr kommt die Schulpolitik auf die Tagesordnung, dazu die Auseinandersetzung mit neoliberalen Vorstößen der CDU-FDP-Koalition im Rat und die Entwicklung einer neuen Öffentlichkeitsarbeit.
Ab Anfang 2000 bis Anfang 2003 wird die Information der örtlichen SPD-Mitglieder durch gedruckte „Mitgliederbriefe“ wieder aufgenommen (die Mitgliederzeitschrift „Anker“ war 1992 eingestellt worden). Parallel dazu entsteht 2000 die Homepage www.spd-hiltrup.de. 2005 und 2006 werden die ersten 40 Beiträge veröffentlicht, ab Anfang 2007 kommt mit dem neugewählten stellvertretenden Vorsitzenden (ab 2009 Vorsitzenden) Henning Klare Leben in die Homepage; sie bleibt in der Gestaltung mit einem Open-Source-Contentsystem betont schlicht und setzt im Schwerpunkt auf selbst geschriebene Artikel, eine aktuelle Terminübersicht und Transparenz durch Veröffentlichung der jährlichen Rechenschaftsberichte des Vorstands. Im Laufe der Jahre entwickelt sich die Homepage zu einer festen Größe in der Hiltruper Öffentlichkeitsarbeit, 2016 wird sie täglich rund 400 Mal aufgerufen.
Die SPD Hiltrup ist 2000 beweglicher als die CDU, im Handstreich reserviert sie neben www.spd-hiltrup.de auch gleich www.cdu-hiltrup.de für sich und richtet eine Umleitung ein: wer cdu-hiltrup.de eingibt, landet auf der Homepage der SPD. So muss die CDU sich von der SPD die Domain besorgen (Quelle: WN 3.5.2000). Die Domain www.muenster-hiltrup.de lässt die SPD sich ebenfalls reservieren, im Jahr 2012 stellt sie diese Domain kostenlos der Stadtteiloffensive Hiltrup e.V. zur Verfügung.
Auch die Kommunikation mit den eigenen Mitgliedern verändert sich. Der Anteil der Mitglieder, die nicht über eine Email-Adresse verfügen, sinkt bis 2017 auf unter 20%; anstelle der gedruckten Mitgliederzeitungen bzw. Mitgliederbriefe der Vergangenheit werden Newsletter, Einladungen usw. im wesentlichen als personalisierte Emails verschickt.
In der städtischen Wohnungspolitik dreht die CDU-FDP-Koalition im Rat das Rad zurück. Im Februar 2000 verabschiedet sie eine Änderung des Bebauungsplans 399, mit dem Rot-Grün für den Bereich Hiltrup – Haus Herding / Burgwall / Meesenstiege (Böttcherstraße) einen hohen Anteil von Geschosswohnungsbau festgelegt hatte. Der Einfamilienhausanteil wird stattdessen von 21% auf maximal 43% erhöht.
Im Herbst 2000 beantragt die SPD in der Bezirksvertretung Hiltrup, dass die Straßen Zum Roten Berge, Sanddornweg und Am Sonneborn Tempo-30-Zone werden, kann sich aber zunächst nicht gegen die CDU durchsetzen.
Das Schicksal des alten Hiltruper Bahnhofsgebäudes und die Entwicklung der Fläche ringsum bleiben nach wie vor Thema. Das Gebäude steht leer und rottet vor sich hin. Die SPD fordert im Oktober 2000 eine Planung: Handel, Gewerbe, Wohnen, Erhaltung alter Bausubstanz, Räume für eine öffentliche Kultur- und Jugendarbeit (Quelle: MZ 19.10.2000).
In der Bezirksvertretung Hiltrup verfolgt die SPD in dieser Zeit eine Konsenspolitik, die Abstimmungen sind „meistens einstimmig mit allen vier in der BV vertretenen Fraktionen/Parteien“ (Quelle: Bericht der SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Hiltrup über das Jahr 2000).
In der Hiltruper CDU setzt ein Zerfallsprozess ein. Ungefähr 2000/2001 stellt der Vorsitzende den Bürgerantrag, an das Hiltruper Zwangsarbeiterlager Waldfrieden öffentlich zu erinnern – der Antrag versandet, seine Partei unterstützt ihn nicht. (Nach hinhaltendem Widerstand der CDU sichert die Hiltruper SPD 2009 mit einer Spende Finanzierung. Der Gedenkstein wird 2010 aufgestellt.)
Die allgemeine politische Diskussion wird stark von neoliberalen Privatisierungsvorstellungen bestimmt. Neben der diffusen Stimmung, privatrechtliche Organisationsformen seien generell effizienter, erwartet man sich Einnahmen zur Haushaltssanierung aus dem Verkauf öffentlicher Unternehmen. Post und Bahn waren 1994 privatisiert worden. Vor diesem Hintergrund befasst sich die Hiltruper SPD in einer öffentlichen Mitgliederversammlung im Mai 2001 mit der Zukunft der Stadtwerke: „Wird es auch auf dem Gas- und Wassermarkt Konkurrenz geben?“
Die Ludgerusschule in Hiltrup-West droht aus allen Nähten zu platzen, für das Schuljahr 2001/2002 sind 141 Kinder angemeldet. Die SPD fordert im Juni 2001 den Neubau einer Grundschule in Hiltrup-West.
Im September 2001 veranstaltet die Hiltruper SPD ein gut besuchtes Sommerfest an der Marktallee bei Haus Bröcker. Die Roma-Tanzgruppe der AWO tritt auf, …
… und für die Kinder gibt es verschiedene Attraktionen: Jonglieren und Geschicklichkeitsspiele, Pfeilwerfen und Schminken. Mit dabei: der Eine-Welt-Stand der evangelischen Kirche, ein Verkaufsstand der Behindertenwerkstatt Westfalenfleiß und ein Flohmarkt der Arbeiterwohlfahrt.
Ludgerusschule, Paul-Gerhardt-Schule und Clemensschule leiden unter Raumnot. Drei der sieben Containerklassen der Ludgerusschule sind abgängig. In einer CDU-Veranstaltung Oktober 2001 werden massive Elternwünsche nach einer Verbesserung der Situation laut, und der Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bezirksvertretung bezeichnet die Container als kurzfristige Lösung (erst 2009 sorgt eine Unterschriftenaktion der SPD für den Baubeschluss, 2010 werden die drei abgängigen Uralt-Container abgebaut. Den Ersatz der übrigen vier Container durch einen Neubau setzt die SPD in den Verhandlungen über den Haushalt 2013 durch.) Die SPD fordert erneut den Neubau einer Grundschule in Hiltrup-West.
Das Thema „Privatisierung“ erreicht den Rat, die CDU-FDP-Mehrheit beauftragt im November 2001 die Verwaltung, „den Verkauf von bis zu 49% der städtischen Anteile an der Stadtwerke Münster GmbH im Sinne einer strategischen Partnerschaft vorzubereiten“. Dagegen initiiert u.a. die SPD mit der ehemaligen Oberbürgermeisterin Marion Tüns ein Bürgerbegehren, das die Hiltruper SPD mit Infostand und Unterschriftensammlung unterstützt. Deutlich mehr Unterschriften als nötig kommen zusammen, am 14.2.2002 wird das Bürgerbegehren formell eingereicht.
Die Hiltruper Jusos organisieren im Februar 2002 ein Rockkonzert im Jugendzentrum der evangelischen Christuskirche.
Die Standortsuche für ein Flüchtlings- und Asylbewerberheim in Hiltrup lässt im Frühjahr 2002 eine Bürgerinitiative „Standortkonzept Zur Vogelstange / nördl. Sportplatz“ entstehen, sie lädt im April die SPD zur öffentlichen Diskussion ein: der Ortsverein Hiltrup der SPD habe seinerzeit (77/78) bei der Erstellung des Bebauungsplans für den Bereich „Zur Vogelstange / Sportplatz Hiltrup“ maßgeblich mitgewirkt und sich für die Einrichtung des Naherholungsgebietes eingesetzt.
Nach dem Erfolg des Bürgerbegehrens gegen die (Teil-)Privatisierung der Stadtwerke steht die Entscheidung im Bürgerentscheid an. Die Hiltruper SPD wirbt in einer öffentlichen Veranstaltung mit Marion Tüns für den Verbleib der Stadtwerke in öffentlicher Hand. Im Bürgerentscheid am 16.6.2002 wird abgestimmt über die Frage „Soll die Stadt Münster alleinige Gesellschafterin der Stadtwerke Münster GmbH bleiben?“; 65.731 Münsteranerinnen und Münsteraner nehmen teil, 65,4 % stimmen mit „Ja“; die Stadtwerke bleiben im Alleineigentum der Stadt.
Im September 2002 organisiert die SPD Hiltrup wieder ein Sommerfest an der Marktallee.
Der Bundestagswahlkampf ist auf dem Höhepunkt, zum Hiltruper Sommerfest kommt auch Christoph Strässer in Begleitung von Bürgermeister Fritz Krüger.
Am 22.9.2002 gewinnt Christoph Strässer zum ersten Mal seit 1949 für die SPD das Bundestags-Direktmandat in Münster mit einem Vorsprung von 1649 Stimmen, sein Gegenkandidat Ruprecht Polenz (CDU) verliert mehr als 4%. Wie schon 1998 konnte die SPD die meisten Zweitstimmen erringen.
Mit Blick auf die Planungen für den Kulturbahnhof Drensteinfurt (2004 eröffnet nach Umbau des alten Bahnhofsgebäudes) tritt die Hiltruper SPD im März 2003 an die Öffentlichkeit und schlägt vor, das alte Hiltruper Bahnhofsgebäude zum „Kulturbahnhof“ zu machen. Angedacht sei die Nutzung als Tagungs- und Ausstellungsort für Vereine, Institutionen und andere Hiltruper Gruppierungen, erklären der Juso-Vorsitzende Kristian Loroch und Dieter Langer und Rosemarie Opolka für die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung (Quelle: MZ 10.3.2003).
Im Mai 2003 fordert die Hiltruper SPD eine Informationsstätte über das Hiltruper Zwangsarbeiterlager Waldfrieden.
Der benachbarte SPD-Ortsverein Berg Fidel/Vennheide wird Anfang 2004 aufgelöst, da er zu viele Mitglieder verloren hat. Mitglieder und Gebiet werden dem Ortsverein Hiltrup zugeordnet, in der Mitgliederversammlung am 17.2.2004 wird der Name geändert in „SPD Hiltrup-Berg Fidel“. Die Mitgliederzahl steigt dadurch kurzfristig an, pendelt sich dann bis 2012 bei rund 110 Mitgliedern ein (und fällt 2016 unter 100).
In der Kommunalwahl 2004 können CDU und FDP ihre Ratsmehrheit verteidigen, Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann muss aber in die Stichwahl. Im zweiten Wahlgang setzt er sich mit 54 % gegen den SPD-Kandidaten Christoph Strässer durch. Zuvor hatte die CDU ihre umstrittene Ankündigung, nach den Wahlen unter dem Ludgeriplatz eine Tiefgarage bauen zu lassen, zurückgezogen.
(Dieser Artikel wurde zuletzt am 21.3.2017 aktualisiert.)