Familiencamping in holländischer Hand
Was macht man mit einem Enkel, der noch ein paar Tage Zeit hat bis zu seinem ersten Schultag? Das Wetter ist gut, Rutschen, Klettern und Baden stehen auf dem Programm, aber aus der Kita ist er heraus, und die Eltern müssen arbeiten? Die Antwort ist: Camping. Die Fahrt soll nicht zu lange dauern, an der Mosel nennt der Campingführer einen Platz besonders familienfreundlich.
Für die Übergabe ist fliegender Wechsel angesagt, mitten in der Großstadt gibt es keine Parkplätze für ein Wohnwagengespann. So trifft man sich an einer Straßenecke, das Gespann in zweiter Reihe kurz angehalten; Enkel und Köfferchen eingeladen, und weiter.
Es ist schon nicht mehr früh am Tage, und der nächste Campingplatz ist durch eine Messe blockiert. So bietet sich für einen Zwischenstopp eine kurze Entdeckungsreise an die Ahr an: Kleiner Campingplatz in reizvoller Umgebung, eine Entdeckung zum bei-Gelegenheit-mal-wieder-Vorbeischauen. Und zum ersten Reinschnuppern für einen Sechsjährigen, der noch nie Campen war.
Ein guter Start mit Folgen. Denn die Weiterreise am nächsten Tag geht durch die Eifel, auf schmalen Straßen rauf und runter. Kein Zuckerschlecken für ein Kind, das nicht autofest ist; alle paar Kilometer muss angehalten werden, damit nicht doch noch die Spucktüte bemüht werden muss. Und an der Mosel geht es wieder in steilen Serpentinen rauf: Hoch über dem Fluss liegt die Kinder-Ferien-Spaßmaschine aus Bungalowpark, Campingplatz und Spielmöglichkeiten.
Hier lösen sich zunächst die Buchungsprobleme. Ungeahnte Probleme. Denn das holländische Unternehmen Landal, das eine ganze Camping-Kette betreibt, nimmt Reservierungen nur über ein zentrales Callcenter entgegen. Dies Callcenter ist maximal kundenunfreundlich, so wenig flexibel, dass eine Reservierung nicht möglich gewesen war: Einige Tage fest buchen und eine Verlängerungsoption für ein paar weitere Tage, das ging nicht am Telefon. „Sie können den ganzen Zeitraum reservieren, dann müssen sie aber auch dann zahlen, wenn sie früher fahren“ war die wenig entgegenkommende Auskunft, und: „Die Verlängerungsoption können sie nur vor Ort mit dem Campingplatz regeln, nicht am Telefon.“ Für das holländische Personal am Empfang des Platzes ist das kein Problem. „Sagen sie am Sonntag Bescheid, ob sie länger bleiben wollen“, es gibt genug freie Stellplätze.
Es gibt sogar hundefreie Stellplätze, für dies Kind mit seiner Angst vor Hunden ist das ideal. Auch an den Zäunen um die Spielplätze hängen Schilder, die Hunde von diesen Flächen fern halten sollen. Das funktioniert allerdings leider nicht; es gibt genug Hundebesitzer, die sich darüber hinwegsetzen und auch mal pampig werden. So traut sich der Enkel nicht allein aus dem Wohnwagen, aber es gibt ja das Indoor-Kinderparadies, absolut hundefrei! Trampolin, Bällebad, Rutschen, Bowling und so weiter, hier rennen und toben viele Kinder. Die Erwachsenen haben mittendrin ihren Aufenthaltsbereich, können sich im Bistro versorgen – und brauchen starke Nerven. Oder schwache Ohren. Kinderlärm ist ja gut zu ertragen, wer Kinder sagt muss auch Lärm sagen, aber über Allem liegt eine weitere Lärmglocke, Musik. Billige Gebrauchsmusik, aufdringlich laut und geschmacklos füllt sie die große Halle und dröhnt die Ohren zu. Nicht nur laut und heftig, sondern überall. In jeder Toilette schallt dieser Lärm aus der Decke, in jedem Sanitärgebäude. Man flieht aus der Kinderhalle in das vorgelagerte Restaurant: Auch hier ununterbrochene Musikbeschallung. Die Musik im Restaurant ist etwas weniger aggressiv, dafür herrscht hier Verzehrzwang – man muss den weniger heftigen Geräuschpegel erkaufen.
Aber was tut man nicht alles für ein Kind! Man freut sich an der Freude, und am Abend fällt der Zwerg völlig kaputt gespielt und zufrieden ins Bett.
Da trägt man es mit Fassung, dass am Sonntag jemand von der Platzverwaltung vorbeikommt und mitteilt, man müsse nun mit dem Wohnwagen einige Meter weiter auf einen anderen Platz umziehen. Man wundert sich nur über den Unsinn; es gibt reichlich freie Stellplätze und überhaupt keinen Grund, warum man den Platz für einen anderen Camper räumen soll. Aber das lässt sich klären, der andere Camper wird schließlich umgebucht. Hier stimmt der Service nicht, man kennt das inzwischen.
Auch anderes stimmt nicht so ganz. Der Mobilfunkempfang ist grenzwertig schlecht, Landal nutzt die Situation aus und verkauft den WLAN-Zugang völlig überteuert: 12,50 Euro pro Tag, wahrscheinlich europaweit einsame Spitze. Beutelschneiderei nennt man so etwas. Der Platz liegt hoch über der Mosel, aber man sieht sie nicht – die Camper haben keine Aussicht. Der wirklich aufwendig gestaltete Außenspielbereich ist renovierungsbedürftig, die hölzerne Ausstattung ist in die Jahre gekommen und teilweise erneuerungsbedürftig, der Abhang zwischen zwei Spielflächen nackte steinige Erde. Pommes frites vom Büdchen – es gibt Besseres. Die Frau in der Pommes-Bude ist übrigens allem Anschein nach die einzige Einheimische, sonst ist der Platz fest in holländischer Hand, mit holländischem Personal und überwiegend holländischen Gästen.
Mit durchwachsener Bilanz fährt man nach Hause: Ja, Kinder amüsieren sich hier; nein, ohne Kinder würde man diesen Platz wohl nicht wieder anfahren.