VorLeseClub mit Texten zur Demenz
Wer bin ich, wo gehöre ich hin, wohin geht der Weg? Die kleine Zeichnung im evangelischen Gemeindezentrum illustriert einen anderen Zusammenhang, aber sie hätte auch das Motto des Abends sein können. Der Hiltruper VorLeseClub war vom Seniorenforum zum Thema Demenz eingeladen, und die gemeinsame Arbeit hatte sehr unterschiedliche Texte zum selben Thema zusammengeführt.
Sie boten einen kleinen Ausschnitt aus der Fülle von Veröffentlichungen zu Demenz, die in den letzten Jahren erschienen sind.
Die Breite der aktuell verfügbaren Literatur zeigte der Büchertisch, den die Hiltruper Buchhandlung freundlicherweise für die Veranstaltung aufbaute und fachkundig begleitete.
Acht verschiedene Texte waren zu hören. Den Anfang machte keine moderne Fach- oder Betroffenheitsliteratur, sondern ein Klassiker. Das Märchen Der alte Großvater und der Enkel der Brüder Grimm führte beeindruckend kurz und knapp ein. Von Demenzerkrankung, Generationenvertrag und Pflegedienst ist keine Rede in dem Märchen, dafür umso eindringlicher vom unausweichlichen Alter und gegenseitiger Fürsorge.
Tilman Jens und Inge Jens beschreiben den Vater bzw. Ehemann in seiner Krankheit aus sehr verschiedenen Blickwinkeln. Wo der Sohn eher distanziert-realistisch den Verfall darstellt, reflektiert Inge Jens die „großen Fragen“: gibt es im Schrecken noch Freude für den Betroffenen? Ist Suizid eine realistische Perspektive?
Andere Texte ließen Betroffene zu Wort kommen. Wie sie die Anfänge des Leidens wahrnehmen, welche Strategien sie zur Kompensation der Ausfälle wählen und – ein Perspektivwechsel – wie sie sich einrichten in der neuen Lebenssituation, das ist nicht nur neuartig und bedrückend zu lesen, sondern durchaus auch tragikomisch, kurz gesagt: einen Blick ins Buch wert.